Manche Handwerker raten zu Wärmepumpen erst nach aufwendiger Sanierung des Dachs – und am besten nur mit Fußbodenheizung. Was ist dran?
Experte antwortetWärmepumpe nur mit neuer Dämmung und Fußbodenheizung – Stimmt der Mythos?
Viele Energieberater hinterlassen bei ihrem ersten Besuch von Menschen, die sich für eine Wärmepumpe im Eigenheim interessieren, eine große Enttäuschung. Verbreitete Erzählungen jedenfalls lauten oft, dass Hausbesitzern zunächst einmal eine Vollsanierung ihres Hauses drohe, und sie damit 100.000 Euro und mehr investieren müssten, bevor sie eine Wärmepumpe einsetzen könnten. Gleiche Gerüchte kursieren um die Themen Fußbodenheizung oder zu alte Heizkörper. Kölner Handwerker und Verbände räumen mit Märchen auf.
Funktionieren Wärmepumpen nur nach aufwendiger Sanierung?
„Nein“, sagt Ferdinand Schurz, Sachverständiger für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk (Handwerkskammer Köln). „Grundsätzlich lässt sich jedes Haus mit einer Wärmepumpe beheizen. Egal wie groß oder wie schlecht gedämmt“, sagt Schurz im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Technik funktioniere grundsätzlich in jedem Gebäude. Allerdings sei es eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Eine Wärmepumpe mache aus einem Kilowatt Strom etwa drei Kilowatt Wärme, so die Idee der Anlage. Nun hänge es davon ab, wie hoch die Vorlauftemperatur der bestehenden Anlage ist.
Alles zum Thema Rheinenergie
- Interview Rhein-Energie „Der enorme Aufwand bringt uns keine zusätzlichen Kunden“
- „Leider eine Frage der Zeit“ Schwerer Unfall mit fünfjährigem Kind entfacht Verkehrs-Debatte in Köln
- Ab Jahreswechsel Rhein-Energie senkt Strompreise deutlich – so viel sparen Verbraucher
- Duales Studium und Ausbildung Rhein-Energie lädt Interessierte zum Karrieretag in Köln ein
- Königliche Pläne Projekt „Zukunftsquartier-Wahn“ lädt Bürger zur aktiven Mitgestaltung ein
- Escher Straße gesperrt Rheinenergie legt in Pulheim Gas- und Trinkwasserleitungen um
- Bikepark Parcours mit drei Rundstrecken nahe dem „Rodelhügel“ in Pulheim ist eröffnet
„Wärmepumpen haben eine sinnvolle Systemtemperatur von 55 Grad, je älter eine herkömmliche Verbrennerheizung ist, desto ist höher die Systemtemperatur“, sagt der vereidigte Sachverständige. Und je höher diese Temperatur sei, desto unwirtschaftlicher ist die Wärmepumpe. Bis in die 90er Jahre arbeiteten Heizungen mit 75 Grad, ganz früher sogar mit 90 Grad.
Zu beachten ist laut Sebastian Bock, Leiter Energiedienstleistungen Privat- und Gewerbekunden bei der Rhein-Energie, auch noch die für Wärmepumpen notwendige Aufstellfläche. „Das Gerät benötigt in der Regel einen Platz von 1,2 mal 1,2 Meter, wie ein kleinerer Kühlschrank“, sagt Bock. Zum Problem kann die Lärmbelastung in engen Nachbarschaften, etwa bei Reihenhäusern werden.
Wie viel teurer ist die Wärmepumpe?
Je größer oder schlechter gedämmt nun also ein Haus ist, desto weniger rechnet sich eine Wärmepumpe. Laut Experte Schurz kostet eine herkömmliche Gas-Heizung für ein Einfamilienhaus von 150 Quadratmetern 12.500 bis 15.000 Euro. Für eine Wärmepumpe werden dagegen bei gleicher Leistung 30.000 bis 40.000 Euro fällig. Der Pferdefuß: Will man mangelnde Dämmung im Haus ausgleichen, braucht man mehr Leistung in der Wärmepumpe. Es ist also ein Rechenexempel, ob man lieber dämmt oder Fenster austauscht – oder eine stärkere Wärmepumpe kauft.
Braucht man für Wärmepumpen zwingend eine Fußbodenheizung?
Dieses Gerücht hält sich hartnäckig. Doch auch in dem Punkt kann Fachmann Schurz Entwarnung geben. „Eine Fußbodenheizung braucht man nicht“, sagt Schurz. Die Idee, dass diese für eine Wärmepumpe notwendig wäre, kommt wohl daher, dass Fußbodenheizungen traditionell bereits eine Systemtemperatur von nur 55 Grad haben. „Das hatte aber eher den Grund, dass bei höheren Temperaturen manche Bodenbeläge Schaden genommen hätten“, sagt Schurz.
Dass Wärmepumpen nur mit einer Fußbodenheizung funktionieren, ist nach Angaben der Branche ein Mythos. Dieser halte sich leider hartnäckig, sagt auch Katja Weinhold vom Bundesverband Wärmepumpe (BWP). „Die Wärmepumpe liebt große Heizungsflächen, braucht sie jedoch nicht unbedingt.“ Häufig seien die Heizkörper auch in alten Gebäuden ausreichend groß, um mit einer Niedrigtemperatur-Wärmepumpe bei einer guten Effizienz eine Wohlfühltemperatur zu erreichen. „Entscheidend ist, dass die Wärmepumpenanlage sorgfältig geplant und installiert wird.“ Wärmepumpen liefen am effizientesten mit niedrigen Vorlauftemperaturen zwischen 35 und 55 Grad, sagte Weinhold weiter. Je größer die Fläche der Wärmeübergabe, umso niedriger könne in der Regel die Vorlauftemperatur sein.
Muss man alle Heizkörper für die Wärmepumpe austauschen?
Auch das ist nicht zwingend erforderlich. „Wärmepumpen brauchen Heizkörper mit großem Wasservolumen, damit sie effizient heizen. Das bieten aber auch grade ältere Guss-Heizkörper“, so der Sachverständige. Und auch wer kleinere Heizkörper im Haus verbaut hat, muss nicht auf eine Wärmepumpe verzichten. „Oft reicht der Austausch einzelner Heizkörper, damit der Wechsel funktioniert“, sagt Schurz.
Sollte man vor dem Verbot schnell noch eine Gasheizung kaufen?
Sachverständiger Schurz rät davon dringend ab. Wer so etwas mache, setze bereits heute auf eine auslaufende Technik. Vermutlich werden wie bei Oldtimern auch irgendwann in der Zukunft Ersatzteile rar, weil die Hersteller von Heizungen lieber auf Zukunftstechnologien setzen. Eine erhöhte Nachfrage sieht Schurz nicht. Wohl aber registriert die Rhein-Energie eine gestiegene Nachfrage nach Wärmepumpen. „Seit Januar ist das Interesse bei uns massiv angestiegen“, sagt Energieberater Sebastian Bock.