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BöhmermannZDF hält Schmähgedicht für „rechtlich zulässig“ - Löschung bleibt bestehen

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Böhmermann (3)

Jan Böhmermann

  1. Die Löschung der umstrittenen Satire stößt innerhalb des Senders auf Widerstand.
  2. In einem Schreiben fordern die Mitarbeiter, dass das Gedicht wieder in die Mediathek gestellt wird.
  3. Der Redakteursausschuss wertet das Schmähgedicht und die Folgen als Erfolg.

Mainz – Das umstrittene Schmähgedicht von Jan Böhmermann über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan bleibt gelöscht. Das ZDF lehnte es ab, den Beitrag wieder online zu stellen. „Es ist das gute Recht des Redakteursausschusses diese Meinung zu vertreten“, teilte der Sender mit. Das ZDF bleibe aber bei seiner Entscheidung, „weil die Passage nicht den Qualitätsansprüchen und Regularien des ZDF entspricht“.

Die Löschung der umstrittenen Satire aus der ZDF-Mediathek hatte innerhalb des Senders für Kritik gesorgt. „Wir würden es begrüßen, wenn die 'Schmähkritik' vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird. Als Dokument der Zeitgeschichte“, heißt es in einem Schreiben des Redakteursausschusses des Senders, aus dem „Spiegel Online“ am Donnerstag zitierte.

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Personen der Zeitgeschichte müssten sich bitterböse Satire gefallen lassen. Das Schmähgedicht und die Folgen wertet der Redakteursausschuss demnach als Erfolg. „Eine ZDF-Sendung bewegt Regierungschefs und ersetzt ein juristisches Proseminar. Programmauftrag erfüllt“, heißt es in dem Brief.

Der Preis dafür sei allerdings eine ZDF-Führung, „der teilweise vorauseilender Gehorsam nachgesagt wird“ und Redakteure, die abgenommene Filme aus der Mediathek nehmen müssten. „War es das wirklich wert?“

Rechtlich zulässig

Das ZDF hat sich im juristischen Streit um das umstrittene Schmähgedicht derweil hinter seinen Moderator gestellt. Der Sender erklärte in einer Stellungnahme gegenüber der Mainzer Staatsanwaltschaft, dass er das umstrittene Schmähgedicht Böhmermanns über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan für rechtlich zulässig halte. Der Sender stützte sich dabei auf eine Expertise der Kanzlei Redeker Sellner Dahs, wie der Sender am Donnerstag mitteilte. „Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die in Rede stehende Sequenz einschließlich des so genannten 'Schmähgedichts' rechtlich zulässig war und daher die Grenzen zur Strafbarkeit nicht überschritten worden sind.“

Die grundgesetzlich garantierte Satirefreiheit umfasse demnach gerade im Zusammenhang mit Angelegenheiten von öffentlichem Interesse auch den Einsatz „grober Stilmittel, unabhängig davon, ob sie persönlichen oder allgemeinen geschmacklichen Vorstellungen entsprechen“, hieß es in der ZDF-Erklärung. Es liege „im Wesen der Satire, durch gezielte Überzeichnungen, die auch darauf angelegt sind, Emotionen und Reaktionen beim Publikum auszulösen, auf ein Thema aufmerksam zu machen und Kritik zu üben“.

Keine Unterlassungserklärung

Böhmermann hatte Erdogan in einem Gedicht, das er als „Schmähkritik“ angekündigt und in den Kontext einer Diskussion über die Grenzen von Satire und Meinungsfreiheit gestellt hatte, mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen. Das ZDF strich den Ende März in der Show „Neo Magazin Royale“ gesendeten Beitrag aus dem Archiv.

Die Bundesregierung prüft derzeit ein Begehren der Türkei, den Moderator wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts zur Verantwortung zu ziehen. Die Beratungen darüber dauerten noch an, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag. Erdogan stellte zusätzlich auch persönlich Strafanzeige wegen Beleidigung. Auf der zivilrechtlichen Seite weigert sich Böhmermann, eine Unterlassungserklärung abzugeben und die Äußerungen nicht zu wiederholen. (afp)