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Cavalleria Rusticana und PagliacciInszenierung mit großen Schwächen an der Oper Bonn

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George Oniani (Turridu) und Dshamilja Kaiser (Santuzza) in der „Cavalleria Rusticana“

  1. Die beiden klassischen Opern des Verismo – Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ und Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“ – werden gerne kombiniert aufgeführt. So auch in dieser Saison an der Oper Bonn.
  2. Während die Regie deutliche Schwächen aufweist, glänzen Orchester und Musiker. Unsere Kritik.

Köln – So kann sich eine Lehrer/Schüler-Beziehung auch ausdrücken: im anmutsvollen Zitat. Die beiden klassischen Opern des Verismo – Pietro Mascagnis „Cavalleria Rusticana“ und Ruggero Leoncavallos „Pagliacci“ – werden zwar seit jeher gerne kombiniert aufgeführt. Mit gutem Grund, Leoncavallo komponierte seine Kurzoper in bewusst-direkter Konkurrenz zum Vorgänger.

Die Verzahnung, die Guy Montavon in seiner (in Kooperation mit dem Theater Erfurt und der Seattle Opera erstellten) Neuinszenierung am Bonner Opernhaus praktiziert, geht aber über die additive Zusammenstellung hinaus und greift einen dramaturgischen Einfall auf, den bereits der frühere Bonner Opernintendant Giancarlo del Monaco hatte (dessen Assistent Montavon war): Der „Prologo“ der „Pagliacci“ wird vorgezogen und eröffnet jetzt den kompletten Doppelabend.

Leider wird diese Idee auch durch Wiederholung nicht besser: Zu den „Pagliacci“ taugt die „Prologo“-Reflexion über das Verhältnis von Spiel und Realität als Einleitung, nicht aber zur „Cavalleria Rusticana“. Auch das obwaltende Maskenmotiv auf der Bühne (Hank Irwin Kittel) passt zu Leoncavallos Commedia dell’Arte-Sphäre, hängt aber mit Blick auf Mascagnis „Bauernehre“ in der Luft. Zudem hat der Zuschauer nach der Ouvertüre des Prologs auch noch die Quasi-Ouvertüre der „Cavalleria“ durchzustehen – es dauert zu lange, bis es richtig losgeht. Auf die imaginative Kraft der Leere ist da kaum zu vertrauen.

Apropos Masken: Zu Beginn sehen wir – vor einem gegliederten und seinerseits mit kleinen Masken bestückten Halbrund, das die Krypta oder Apsis eines Kirchenschiffs darstellen mag – zwei riesige weiße (Toten-?)Masken, die als Gesichtsmasken von Mascagni und Leoncavallo (mit Schnäuzer) zu deuten sind. Was soll das, bitte schön? Hier begibt sich die Regie ins Land Kannitverstan. Die Masken werden übrigens während der Aufführung nach hinten geklappt – als traue die Regie ihrem eigenen Einfall nicht – und wirken dann wie Sarkophage. Für die Bewegung von Solisten und Chor zwischen Oben und Unten, Nah und Fern sind das freilich beste Voraussetzungen.

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Überhaupt sind die genannten Mankos umso bedauerlicher, als Montavon und Kittel sonst einen dichten, in Linie und Aussage lapidar-fesselnden, in Szene, Bild und Personenführung einleuchtenden Theaterabend bescheren. Auf forcierte Aktualisierung – gerade bei der „Cavalleria“ liegt die die Mafia-Assoziation nahe – wird verzichtet, die Opern leben in Bonn aus der ihnen eigenen Intensität einer archaischen und notwendig tragisch endenden Konfliktsituation, die schnörkellos auf die Bühne gebracht wird. Das jeweilige Sujet – von einer rigiden Sozialmoral überformte Triebimpulse, die katastrophenträchtig durch eine nur oberflächlich katholische Lebensform brechen – mag uns ferngerückt sein, aber dafür ist die Inszenierung nicht verantwortlich zu machen. Viel Gutes tut die Farbregie: Während der Chor in Schwarz gehüllt ist, weist das grelle Rot ihres Kleides Santuzza als Außenseiterin und Racheengel aus.

Für die „Pagliacci“ bleibt das Halbrund erhalten (die Kassetten mit den kleinen Masken sind verschwunden), und unter einer ein Schrägdach formierenden, von Ferne nach Schlauchboot aussehenden venezianischen Maske begibt sich das schäbige Idyll einer reisenden Theatertruppe mit aufgehängter Wäsche etc.. Tanzender Eisbär, Flammenschlucker und andere Attraktionen zeigen, dass Montavon auch sinnlichen Oberflächenreizen nicht abgeneigt ist.

Glänzende Sopranistin

Eine weitere Verzahnung der Stücke ergibt sich durch das Darstellerpersonal: Der Bariton Ian Krutikov versieht sowohl den Prologo und den Tonio in den „Pagliacci“ als auch den Alfio in der „Cavalleria Rusticana“, der Tenor George Oniani Leoncavallos Turridu wie Mascagnis Canio. Wenn Oniani mitunter auch zu scharf rangeht und forciert, imponieren beide Sänger doch mit raumfüllender Kraft und nobler Differenzierung. Schwer zu übertreffen an emotionaler Glut und stimmfarblicher Prägnanz sind der Mezzo Dshamilja Kaiser (Santuzza) und die sich ebenfalls in der Tiefe nachdrücklich behauptende Sopranistin Anna Princeva (Nedda). Gut besetzt sind auch die Nebenrollen, währen der Chor einige Zeit braucht, um in Präsenz und Intonation zu guter Form aufzulaufen.

Die Seele des Ganzen ist das Beethoven Orchester, das Will Humburg am Pult zu nicht weniger als zum Mitspieler macht. Da gelingt großartig die klangdramaturgische Fundierung und Begründung der Bühnenvorgänge, und berückend strömt das Melos dieses späten italienischen 19. Jahrhunderts. Einhelliger Premierenbeifall.

Nächste Aufführungen im Bonner Opernhaus (Am Boeselagerhof 1, Bonn; 0228/778022): 15., 30. November, 5., 25. Dezember .