Köln – Fast ein Vierteljahrhundert gehörte sie fest zum Alltag der Bundesrepublik: Dagmar Berghoff und ihre rauchige und doch klare Stimme. Wenn die erste „Tagesschau“-Sprecherin der Geschichte pünktlich um 20 Uhr auf Sendung ging, dann hörte Deutschland zu. Vom 16. Juni 1976 bis zum Silvesterabend 1999 moderierte und prägte sie die Nachrichten des Landes. Wie viele der ehemaligen Sprecher verschwand auch Berghoff nach ihrem Abschied aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit. Am 25. Januar ist ihr 75. Geburtstag. Zu diesem Anlass haben wir nachgehorcht, was Berghoff und andere bekannte „Tagesschau“-Sprecher außer Dienst heute machen.
Die erste Moderatorin der „Tagesschau“
Dagmar Berghoff war die erste Frau, die die „Tagesschau“ moderierte. Als sie 1999 aufhörte, tat sie das auch deshalb, weil sie mehr Zeit mit ihrem an Krebs erkrankten Mann verbringen wollte. Er starb 2001.
Heute engagiert sich Dagmar Berghoff vor allem sozial, zum Beispiel als Vorsitzende des Freundeskreises Israelitisches Krankenhaus in Hamburg, an dem ihr Mann Chefarzt war. Sie hätte gerne Werbung gemacht nach ihrem Ausstieg, erzählte sie vor kurzem in einem Interview mit der „Zeit“. Doch es kam nur eine „kleine Kosmetiksache“. Dabei hätte sie eine Uhrenfirma passend für sich gefunden. Sie hatte sich auch schon einen Spot ausgedacht: „Ich gucke auf die Uhr und sage: Es ist zwei Minuten vor acht.“
Aus Anlass des 40. Jahrestages ihres ersten Auftretens gab es für sie eine besondere Ehrung durch den Sender: Am 16. Juni 2016 verlas sie noch einmal die Nachrichten in den „Tagesthemen“. In diesem Herbst zog Dagmar Berghoff nach 19 Jahren in eine neue Wohnung – die hat einen Fahrstuhl und eine Tiefgarage, das macht ihr das Leben nach einem Bandscheibenvorfall bequemer. Sie hat es sich verdient.
Jo Brauner
Jo Brauner wurde am am 29. November 2017 80 Jahre alt. 1974 las er erstmals eine Ausgabe der „Tagesschau“, die letzte 2004. Seitdem sieht man ihn nicht mehr im TV, dafür aber im Hamburger Volksparkstadion. Brauner lässt sich kein Heimspiel entgehen, schließlich war er 17 Jahre Stadionsprecher des HSV und ist Vereinsmitglied.
Die „Tagesschau“ schaut er immer noch jeden Tag. „Ein Nachrichtenjunkie bin ich geblieben“, sagt er. Bis heute sei er angespannt, wenn die 20-Uhr-Ausgabe beginnt. „Wie wird es den Kollegen ergehen? Wer spricht heute? Hoffentlich passieren keine Pannen. Das werde ich bis zum Ende meines Lebens nicht mehr los.“
Mit den alten Kollegen Dagmar Berghoff und Wilhelm Wieben, die auch in Hamburg leben, trifft er sich noch regelmäßig privat. Traditionell wird dann Rummikub gespielt. Zu den heutigen Sprechern hat Brauner keine Verbindung mehr, aber zum „ARD-aktuell“-Chef Kai Gniffke. Beide schrieben sich noch oft, „zum Beispiel wenn mir etwas in der Sendung auffällt“, sagt Brauner.Und ein bisschen stolz ist er darauf, dass er auf der Straße nach wie vor erkannt wird.
Wilhelm Wieben
Er war von 1973 bis 1998 Sprecher der „Tagesschau“. Danach ging er erst einmal auf Reisen – vor allem in den neuen Bundesländern, aber auch in die weite Ferne bis Kap Hoorn. Heute schreibt der in Hamburg-Winterhude allein lebende Wieben vor allem Bücher auf Plattdeutsch und rezitiert aus ihnen. Plattdeutsch sei seine Muttersprache an, Hochdeutsch habe er erst in der Schule gelernt.
In die Schlagzeilen war Wieben 1995 – also während seiner aktiven Zeit – geraten, als Inge Meysel ihn in einem Interview im „Stern“ als einen ihrer schwulen Freunde nannte. Wieben war allerdings vor der Veröffentlichung durch die Redaktion informiert worden und einverstanden – es war also kein unfreiwilliges Outing. Aus seiner Homosexualität hatte Wieben nicht wirklich einen Hehl gemacht. „Aber ich war leider auch kein Rebell.“ Das hieß für Jahrzehnte, nicht offen darüber zu sprechen. Er sei damit aufgewachsen, dass seine Veranlagung „verfemt“ war. Das habe ihn lange geprägt.
Wilhelm Wieben ist vor zwei Jahren 80 geworden. Zum Geburtstag hatte er nur drei Gäste geladen, darunter seine langjährige Freundin Dagmar Berghoff. Wieben, der stets gepflegt und diszipliniert auftritt, erlaubt sich nur eine Nachlässigkeit. Er raucht seit seinem 18. Lebensjahr, 20 Zigaretten am Tag. „Ich hatte ein Lungenbild machen lassen, mein Arzt sagt, alles ist gut“, sagte er vor kurzem.
Susan Stahnke
Susan Stahnke wurde 1992 die jüngste Sprecherin der ARD-Nachrichten. Doch das war ihr nicht glamourös genug. Für die „Gala“ ließ sie sich in erotischen Posen ablichten, was dem Sender nicht gut gefiel – schließlich müssen die Sprecher Seriosität und Ernsthaftigkeit ausstrahlen.
1999 verließ Stahnke die ARD. Sie wollte Karriere als Schauspielerin machen, am liebsten in Hollywood.Doch daraus wurde nichts – sie ergatterte lediglich eine winzige Rolle in einer Folge der US-Serie „Law & Order“. Stattdessen ließ sie sich 2002 bei einer Darmspiegelung filmen, zog sich für den „Playboy“ aus und ging 2004 ins RTL-Dschungelcamp.
Seit 2007 moderiert die heute 50-Jährige bei den Regionalsendern Hamburg 1 und TV Berlin ihre eigene Talkshow „Tischgespräch“. Da war vor kurzem Volksmusiksängerin Stefanie Hertel zu Gast, die über ihr neues Familienmitglied plauderte – eine ausgesetzte Hündin aus Griechenland.
Eva Herman
Eva Herman las 1989 zum ersten Mal die „Tagesschau“-Nachrichten. 2006 teilte sie dem NDR mit, sie wolle ihre Arbeit als Nachrichtensprecherin wegen ihrer Tätigkeit als Buchautorin und der erwarteten Kontroverse um ihre neue Veröffentlichung für zwei Jahre ruhen lassen.
Vor ziemlich genau zehn Jahren beendete der NDR die Zusammenarbeit dann aber endgültig – nach einem Riesen-Eklat. Im Oktober 2007 war Herman zu Gast in der ZDF-Talkshow von Johannes B. Kerner und äußerte sich über die NS-Familienpolitik. Ihr Fazit: Es war nicht alles schlecht. Herman flog aus der Sendung.
Heute betreibt die 59-Jährige eine eigene Website, auf der allerlei Verschwörungstheoretisches (etwa: „Deutsche Spitzenpolitiker sind psychisch gestört“) verbreitet wird. Auch bittet sie um Spenden, damit sie ihre Arbeit fortführen kann.