Zensurvorwürfe gegen Domian und WDRStreit mit Beitragsverweigerer eskaliert
Köln – Zensur beim WDR? Mit diesem Vorwurf sah sich in der vergangenen Woche Jürgen Domian konfrontiert. In seinem Talk „Domian Live“ wollte ein Anrufer mit ihm über den Rundfunkbeitrag sprechen – und über Georg Thiel, einen 53-Jährigen aus Borken, der sich weigert, die Abgabe zu zahlen und deshalb seit Ende Februar im Gefängnis sitzt.
Doch Domian brach das Gespräch nach wenigen Augenblicken ab. Schon witterten Zuschauer Einflussnahme durch den WDR, um zu verhindern, dass dieses heikle Thema im TV besprochen wird. Den 63 Jahre alten Journalisten haben diese Vorwürfe sehr getroffen. „Dass ich den Anrufer rausgeschmissen habe, hatte nur und ausschließlich damit zu tun, dass er sich in die Sendung gefakt hatte“, sagte er dieser Zeitung. So hatte er es auch in der Sendung begründet.
Wahres Anliegen verheimlicht
Der Anrufer hatte im Vorgespräch mit der Redaktion behauptet, er wolle über Kardinal Marx sprechen. Erst in der Live-Sendung nannte er dann sein wahres Anliegen. „Hätte er sein Thema ehrlich angeboten, hätte ich natürlich mit ihm darüber gesprochen“, betonte Jürgen Domian.
Auch der WDR wies den Vorwurf der Einflussnahme auf Anfrage zurück. „Es gab und gibt keine Vorgaben seitens des WDR, und natürlich ist es möglich, in der Sendung über den Rundfunkbeitrag beziehungsweise Zahlung oder Nicht-Zahlung des Beitrags zu diskutieren“, sagte ein Sprecherin.
Doch was hat es mit diesem Georg Thiel, über den der Anrufer in der WDR-Sendung sprechen wollte, auf sich? Wie kommt es, dass jemand seit mehr als drei Monaten im Gefängnis sitzt, weil er sich weigert, seine Rundfunkbeiträge zu zahlen?
Hintergrund ist die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag im Jahr 2013. Seit dessen Einführung werden die 17,50 Euro monatlich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr pro Gerät, sondern pro Haushalt gezahlt. Befreien lassen können sich nur noch bestimmte Gruppen, eine Abmeldung mit Verweis auf fehlende Radio- und Fernsehgeräte reicht indes nicht mehr. Genau darauf beruft sich jedoch Thiel – und zahlt seit 2013 einfach nicht.
Stadtkasse kann Haftbefehl beantragen
Laut „Bild“-Zeitung, die seit Wochen immer wieder über den Fall des „GEZ-Rebellen“ berichtet, belaufen sich seine Schulden mittlerweile auf 1827 Euro.
Wenn jemand trotz Aufforderung seinen Rundfunkbeitrag nicht zahlt, werden die fälligen Rundfunkbeiträge mit einem sogenannten Festsetzungsbescheid festgelegt. Zahlen die Schuldner auch danach und trotz weiterer Aufforderungen und Mahnungen nicht, holt sich der WDR nach eigenen Angaben Hilfe bei den Vollstreckungsbehörden.
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Das sind in NRW die Stadtkassen. Liegen dort keine Informationen über das Vermögen der Schuldner vor, werden diese gebeten, Angaben zu ihrem Vermögen zu machen. Tun sie dies nicht, können die Stadtkassen beim Amtsgericht einen Haftbefehl beantragen.
Das ist im Fall von Georg Thiel geschehen. Thiel berichtet in der „Bild“, die ihn sogar im Gefängnis besuchte, und anderen Medien über einen Hungerstreik und den unbedingten Willen, nicht nachgeben zu wollen. „Meine Haft ist ein Protest gegen die schändliche GEZ-Gebühr!“, zitiert ihn die „Bild“.
Der WDR betont, man habe Thiel mehrfach in Schreiben darauf hingewiesen, wie er seine Haft sofort selbst beenden könne. „Es reicht nämlich völlig aus, wenn er der Vollstreckungsbehörde eine Vermögensauskunft erteilt. Außerdem hat der WDR ihm in einem gesonderten Schreiben nochmals alle gesetzlichen Möglichkeiten zur Befreiung vom Beitrag aufgezeigt“, sagt die Sprecherin. Das heißt, Thiel müsste gar nicht zahlen, um freizukommen, er müsste lediglich sein Vermögen offenlegen.
Im Netz gefeiert
Doch das will der Mann, der offensichtlich auf einer Mission ist, nicht. Und im Netz wird er dafür bei Twitter von Beitragsgegnern unter dem Hashtag #FreeGeorgThiel gefeiert. Da schreibt dann etwa der Kölner Ali Utlu: „Während Priester die Kinder vergewaltigen unbehelligt vom Gefängnis weiter frei leben, sitzt #FreeGeorgThiel schon seit 3 Monaten im Knast“.
Der AfD-Kreisverband Borken veranstaltete eine Protestaktion gegen die Inhaftierung. Benedikt Brechtken, Mitglied der Jungen Liberalen, twitterte am 9. Juni: „Georg Thiel ist politischer Gefangener der BRD und ihres Staatsfunks.“
Der WDR teilte mit, es sei bedauerlich, wenn es zu einer Erzwingungshaft im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag kommen müsse. Einfach auf das Geld zu verzichten, sei gesetzlich jedoch gar nicht möglich. „Außerdem: Sich der gesetzlichen Beitragspflicht zu entziehen und Zahlungen zu verweigern ist insbesondere all jenen gegenüber nicht gerecht, die den Rundfunkbeitrag bezahlen“, betonte die Sprecherin.
Der Streit wird in eine neue Runde gehen
Und so wird diese Geschichte auch nach Thiels Haftentlassung nach maximal sechs Monaten weitergehen, denn die ausstehenden Beiträge muss er weiterhin zahlen, hinzu kommen die Kosten für die Haft. Die muss der Gläubiger, also der WDR, zwar zunächst übernehmen, wenn der Schuldner sich weigert, sie zu zahlen. Das Geld kann der WDR von Thiel aber zurückverlangen. Das wird er sicherlich tun. Und dann geht der Streit in eine neue Runde.