Politsatire „Don’t Look Up“Ist die Menschheit zu blöd zum Überleben?
Köln – Kate entdeckte ihn als Erste, deshalb durfte die Doktorandin für Astronomie ihn auch mit ihrem Nachnamen Dibiasky taufen. Ihr Doktorvater Randall Mindy berechnete dann seine Flugbahn, und das Resultat war nicht schön. Denn in sechseinhalb Monaten würde der Komet von der Größe des Mount Everest in den Pazifik einschlagen und alles Leben auf der Erde auslöschen. Kate und Randall wandten sich an Politik und Presse und ernteten freundliches Desinteresse. Denn die einen waren im Wahlkampf und die anderen betrachteten es als kontraproduktiv, wenn final schlechte Nachrichten in ihrer Talkshow die Stimmung versauen.
Unsere Zeit braucht Satiriker wie Adam McKay
Mal ehrlich: Wenn der Weltuntergang seit der letzten Millenniumswende schon mindestens zehnmal verkündet wurde, wieso soll er ausgerechnet jetzt tatsächlich stattfinden? Und überhaupt – haben wir nicht alle viel Wichtigeres zu tun? Es ist ein interessantes Dilemma, in das Adam McKay seine Wissenschaftler stürzt, wenn diese auf den Irrsinn des ganz normalen American Way of Life treffen.
Die Kollision von Fachwissen und der alltäglichen Gier nach Geld, Macht und Karriere hatte McKay schon 2015 in seiner später mit dem Drehbuch-Oscar prämierten Satire „The Big Short“ zelebriert, als drei Börsenspekulanten gegen den boomenden Immobilienmarkt wetteten und damit die Finanzkrise von 2008 auslösten. Man braucht Satiriker, damit sie uns die Welt erklären, und auch diesmal legt McKay den Finger in manch offene Kultur- und Gesellschaftswunde. Aber diesmal geht er nie so weit, dass es auch wirklich wehtun würde.
Vielmehr dreht er die Schraube in Richtung Farce, wo alle Figuren sich nur noch wie Karikaturen verhalten. Immerhin hat McKay für sein Kuriositätenkabinett ein Ensemble mit fünf Oscar-Preisträgern verpflichten können. Sie haben nur leider kaum etwas zu tun. Klar, Meryl Streep ist hinreißend als korrupte, ignorante Madam President, aber es ist ein Auftritt, der sie nicht fordert; sie schüttelt ihn einfach aus dem Ärmel.
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Das Gleiche gilt für Cate Blanchett als sex- und luxussüchtige TV-Moderatorin oder Mark Rylance, der seinen superreichen Konzernboss so spielt, als ob er zuvor einen Auftritt von Johann König gesehen hätte. Und auch Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence sind als hehre Wissenschaftler am Rande des Nervenzusammenbruchs zwar eine attraktive moralische Instanz, das aber ohne jeglichen doppelten Boden.
Es gibt einige sehr zutreffend bösartige und bisweilen enorm witzige Momente in diesem teuren und recht langen Film. Aber wo Aaron Sorkin den Schalk hinter bitterem Ernst durchblitzen lässt, ist Adam McKay immer nur auf den schnellen und oftmals billigen Gag fixiert. Gut, der Mann begann seine Karriere bei „Saturday Night Life“ und arbeitete lange Jahre mit Will Ferrell zusammen. Davon erholt man sich nicht so schnell. Aber besser wäre es gewesen.
„Don’t Look Up“ ist bei Netflix zu sehen.