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„Sisi" mal andersRTL zeigt kaiserliches Leben mit nackter Haut und neuen Perspektiven

Lesezeit 5 Minuten
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Dominique Devenport und Jannik Schümann 

Nein, so haben wir Sisi noch nie gesehen. Gleich in der ersten Szene der sechsteiligen RTL+-Serie, die die Geschichte der schönen Adligen neu erzählt, liegt die junge Frau in ihrem Bett und masturbiert. Kurz darauf springt sie barfuß über eine Sommerwiese ihrer bayerischen Heimat, das endlos lange Haar ist nur locker zusammengebunden. Diese Naturverbundenheit der späteren Kaiserin kommt dem Publikum vermutlich schon bekannter vor.

Alle denken an Romy Schneider

RTL hat sich für seine Fiction-Offensive in seinem Streaming-Angebot RTL+ an ein heikles Unterfangen gewagt. Die historische Figur Sisi hat sich ins kollektive Gedächtnis der Deutschen mit einem „s“ mehr und mit einem Gesicht eingebrannt: Romy Schneider spielte die Frau, die als eine der schönsten ihrer Zeit galt, in drei Filmen von Ernst Marischka. Sie war Sissi.

Mitte der 1950er Jahre feierte der erste Teil seine Premiere, da war Romy Schneider selbst gerade 17 Jahre alt. Die Deutschen erfreuten sich am Wirtschaftswunder und waren eifrig darauf bedacht, zu verdrängen und vergessen, was hinter ihnen lag. Seifige Heimatfilme befriedigten dieses Bedürfnis und lockten Millionen ins Kino.

Verkitschte Liebesgeschichte

„Sissi“ machte Romy Schneider mit seiner verkitschten Liebesgeschichte, die fern jeder Realität war, zum Star. Schneiders Schönheit und ihre jugendliche, unbekümmerte Ausstrahlung schlugen die Massen in ihren Bann. Aber der Erfolg war auch ein Fluch für die junge Frau. In ernsthaften Rollen wollte sie in Deutschland niemand sehen, irgendwann floh sie nach Frankreich – was man ihr in der Heimat auch wieder übelnahm.

Doch der Mythos hat bis heute Strahlkraft. Ende November wurde in München ein schwarzer Seidenhandschuh für 66.000 Euro versteigert. Die österreichische Kaiserin soll ihn bei ihrer Ermordung in Genf im Jahr 1898 getragen haben.

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RTL weiß um diese Vorgeschichte, die Sissi-Trilogie von Marischka läuft noch heute regelmäßig an Weihnachten. Aber der Stoff ist einfach zu gut, um ihn liegen zu lassen. Auch Netflix hat das erkannt und wird im kommenden Jahr eine eigene Bearbeitung des Stoffes mit Devrim Lingnau und Philipp Froissant unter dem Titel „The Empress“ veröffentlichen.

RTL war schneller als Netflix

Aber RTL war schneller. Regisseur Sven Bohse und Kameramann Michael Schreitel haben die Herausforderung angenommen, die Geschichte den heutigen Sehgewohnheiten anzupassen. Über vier Monate wurde die 6-teilige Serie in Lettland, Litauen, Österreich, Ungarn und schließlich in Deutschland gedreht. Hier diente die Würzburger Residenz ebenso als Kulisse wie das Berchtesgadener Land.

Die Produktion ist hochwertig, die Ausstattung opulent. Und wie gut historische Stoffe noch heute funktionieren, wissen wir nicht erst seit dem Netflix-Hit „Bridgerton“.

Unbekannte Hauptdarstellerin

Die 25 Jahre alte amerikanisch-schweizerische Schauspielerin Dominique Devenport ist in Deutschland noch weitgehend unbekannt und nimmt die Herausforderung mit sichtbarer Spielfreude und ohne falsche Ehrfurcht an. „Ich fühle mich nicht so, als würde ich in die Fußstapfen von Romy Schneider treten. Unsere Serie ist eine Neuerzählung der Geschichte der historischen Kaiserin Elisabeth, mit den bestehenden Filmen hat sie nichts zu tun. Ich finde, die beiden Projekte können sehr gut nebeneinander existieren, deswegen habe ich mich nie als ihre "Nachfolgerin” gesehen“, so Devenport.

Infos zur Ausstrahlung

Alle sechs Folgen von „Sisi“ sind ab Sonntag, 12. Dezember, beim Streamingportal RTL+ zu sehen.

RTL strahlt die sechs Episoden in Doppelfolgen am 28., 29. und 30. 12. jeweils um 20.15 Uhr in der Primetime aus.

Dass sie dem Publikum noch nicht vertraut ist, ist ihr Glück. Sie nutzt die Chance und spielt die Monarchin unbekümmert, mit Neugier und Wagemut, aber auch mit der Naivität einer Frau, die nie erfahren hat, wie das Leben gewöhnlicher Menschen aussieht. Dieses „einfache Volk“ wird in der Serie von ihrer Freundin Fanny (Paula Kober) verkörpert, die ehemalige Prostituierte wird über ungewöhnliche Wege ihre Freundin und Vertraute.

Jannik Schümann gibt einen deutlich reservierten Franz Joseph als es einst Karlheinz Böhm tat. Diesen Kaiser hat die Krone kompromisslos und oft auch ungerecht gemacht. Désirée Nosbusch spielt Erzherzogin Sophie zwar mit harten Zügen, lässt aber auch deren weiche Seiten durchscheinen.

Wer will schon die echte Sisi sehen?

Den Autoren Robert Krause, Elena Hell und Andreas Gutzeit ist erkennbar daran gelegen, ihrer Sisi neue Facetten abzugewinnen. Natürlich ist auch diese Kaiserin eine Fiktionalisierung der echten Elisabeth, denn wer will schon eine 15-Jährige sehen, die mit ihrem Cousin verheiratet wird?

Aber das Erwachsenwerden unter größtmöglicher Beobachtung und der unmenschliche Druck, den das höfische Protokoll auf die junge Frau ausübt, wird hier vielschichtig gezeigt.

Die Kaiserin hat keine Macht über ihren eigenen Körper. Unaufgeklärt geht sie in ihre Hochzeitsnacht, die dann auch scheitert. Zahlreiche Diener und Zofen versammeln sich am nächsten Morgen um die nackte Frau im Schlafzimmer. Privatsphäre gibt es nicht.

Als sie schließlich schwanger ist, wissen alle anderen vor ihr Bescheid. „Die Zukunft der Krone liegt in dir“, mahnt die Schwiegermutter. Ihre Rolle ist festgeschrieben. Sie muss die Thronfolge sichern, ihr eigenes Glück ist da zweitrangig.

Ob die neue Sisi aus dem Schatten der alten treten kann, wird sich zeigen. RTL glaubt offenbar fest daran. Eine zweite Staffel der Serie wurde bereits in Auftrag gegeben.