Architektur in KölnZwei neue Bildbände über Schönes und Hässliches
Köln – Köln ist eine hässliche Stadt, sagen die einen, unglaublich dreckig, sagen die anderen, und chaotisch und dösig-provinziell … Da fragt man sich, wie es gelingt, aus so einem öden Sammelsurium ein attraktives Stadtporträt vorzulegen. Denn das ist die zweibändige Ausgabe „Köln. Historia Monumentalis“ des Kölner Koenemann Verlags. Walter Buschmann und Achim Bednorz legen einen Kilo-schweren Architektur-Band vor, der viele Negativ-Urteile über Köln überzeugend bestätigt und dabei doch grandios widerlegt. Auf über 1000 Seiten mutet Köln darin derart hübsch-hässlich an, dass man sich gierig von Foto zu Foto blättert. Vorgestellt werden Siedlungen, Fabriken, Büro- und Bankengebäude, Kirchen, Kulturbauten auf großformatigen Fotos, auch auf historischen Fotografien, unterlegt mit Karten und Repros von Gemälden oder Lithografien.
Dokumentation von Kölns Industrieerbe
Ja, Köln ist an vielen Ecken und Enden hässlich, dreckig, verwahrlost, langweilig aber nie. Das belegt insbesondere der zweite, etwas schmalere Band „Schäl Sick“. Walter Buschmann ist als Kunsthistoriker über 30 Jahre für das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland tätig und ein Kenner insbesondere der Industriedenkmale. Gemeinsam mit dem Kölner Architektur-Fotografen Achim Bednorz stellt er im zweiten Band auf vielen, auch doppelseitigen Fotografien das weithin übersehene Kölner Industrieerbe vor, das viele Kölner selbst nie in Augenschein nehmen konnten, denn wer hatte schon Gelegenheit, den „eckigen Rundbau“, das ehemalige Zentrallager van der Zypen & Charlier, die Kabelfabrik 3 des Carlswerks, die Produktionshallen des Porzer Unternehmens Igus oder die Sackrutsche der Auer Mühlenwerke besichtigen zu können. Einige dieser beeindruckenden Architekturen werden bald so nicht mehr zu sehen sein. So wird die gewaltige Stahlträger-Halle 70 in Kalk zum „Haus der Einwanderungsgesellschaft“ umgebaut. Und auch für viele andere Werkshallen gibt es Umbau- und Umnutzungspläne.
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Köln ist ein Gefühl, heißt es. Allein die Fotos vom inzwischen plangeschobenen Gelände der verwahrlosten Deutzer Gasmotorenfabrik rühren den Betrachter. So hübsch hässlich war das mal – wir werden es vermissen. Auch die überwucherte, zugemüllte, besprayte Gießereihalle. Oder die Werkstraße der ehemaligen Schweinheimer Mühle (Baumwollbleicherei).
Natürlich zeigt der Bildband auch (Luft-)-Aufnahmen von Dom, Rathaus und Romanischen Kirchen - ein Muss. Aber da ist auch eine Fülle eher selten abgebildeter Profanbauten etwa im Bankenviertel, die Kaufhof-Zentrale, das Amerika-Haus, das Gerling-Quartier, die Siedlungsbauten der 70er Jahre in Chorweiler, die Altbau-Ensemble im Rathenauviertel, Messe, Häfen, Märkte, Schulen, Universität, Brauhäuser, Zoo, Parks, Brücken – die beiden Bände bieten Stoff für aufmerksame Veedelspaziergänge im Lesesessel. Die kompakten zweisprachigen Texte auch von Alexander Kierdorf, Thomas Otten und Franz-Josef Talbot richten den Blick auf Übersehenes, bieten Bau- und Architekturinformationen. Schade, dass die neuen U-Bahnstationen keinen Platz fanden.
Zuletzt wundert sich der Leser: So viel gelungene Stadt, im Einzelnen betrachtet. Warum nur fällt das vor Ort so selten auf?
Köln. Historia Monumentalis. Von Walter Buschmann, Achim Bednorz. Hardcover 28 x 34 cm. Band 1: Linksrheinisch. 45 €, Band 2: Schäl Sick, 29,95 €. Köln 2021.