Anlässlich des 100. Geburtstags der „Häschenschule“ hat Anke Engelke eine neue Version veröffentlicht – nun äußert sie sich zu ihrem Werk.
100 Jahre „Häschenschule“„Ich habe sehr gehadert“ – Anke Engelke spricht über umstrittene Neuauflage
„Kinder“, spricht die Mutter Hase, „putzt euch noch einmal die Nase mit dem Kohlblatt-Taschentuch! Nehmt nun Tafel, Stift und Buch!“ Die Verse sind Generationen von Menschen seit ihrer Kindheit vertraut, sind sie doch Auftakt für einen abenteuerlichen Schultag in der „Häschenschule“. Nun wird der Kinderbuchklassiker von Albert Sixtus (1892-1960) 100 Jahre alt.
Mehr als 2,5 Millionen Mal wurde er nach Angaben des Thienemann-Esslinger Verlags in verschiedenen Ausgaben verkauft, es gibt Übersetzungen etwa ins Englische und Latein sowie etliche Varianten in Mundart. Zum Jubiläum versuchte sich auch die Kölner Schauspielerin Anke Engelke an einer neuen Version, die im Frühjahr zu empörten Reaktionen führte.
Anke Engelkes „Häschenschule“: Der Fuchs ist jetzt Veganer
In Engelkes neuem Text ist der Fuchs Veganer und freundet sich mit den Häschen an, während der Mensch und vor allem die Landwirtschaft als Feind der Tiere ausgemacht wird. Die alte Häschenschule sei etwas überholt, ein bisschen altbacken und unmodern, erklärte Engelke im Frühjahr.
Doch das Ergebnis polarisiert weiterhin, wie die Kommentare bei Online-Buchhändlern zeigen. Von Verzerrung der Realität ist da die Rede, einem Propagandabuch und dem „schlechtesten Kinderbuch aller Zeiten“. Andere sprechen aber auch von einem wunderbaren Kinderbuch, das toll gestaltet sei und eine Botschaft zum Nachdenken vermittle.
Anke Engelke: „Lasst uns mal gucken, ob wir das nicht ein bisschen moderner hinkriegen“
In einem Interview mit dem Schweizer „Tagesanzeiger“ äußerte sich die Kölner Schauspielerin nun ausführlich zu ihrer neuen Version der „Häschenschule“ – und zur Kritik daran. „Lasst uns mal gucken, ob wir das nicht ein bisschen moderner hinkriegen“, sei der treibende Gedanke hinter der neuen Version gewesen, erklärte Engelke.
Damit, dass der Fuchs in der Neuauflage nicht mehr der Feind ist, habe sie „sehr gehadert“, führte Engelke aus. „Dem Team vom Verlag war wichtig, dass es auch in der neuen Version einen Konflikt oder eine Gefahr gibt“, erklärte die Entertainerin. „Also haben wir entschieden, die frische Freundschaft von Hase und Fuchs ins Gefahrenzentrum zu packen. Der Schrecken ist jetzt eine große Mähmaschine.“
Anke Engelke reagiert auf Kritik von Bauern
Dass damit Bauern zum neuen Feindbild in der Häschenschule werden, hatte zuvor für scharfe Reaktionen von Landwirten gesorgt. So erschienen im „Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt“ gleich mehrere Artikel zum Thema „Häschenschule“. Es wird auf einen logischen Bruch verwiesen – denn auch die Möhren stammten ja vom „bösen“ Bauern. Ein ganzer Berufsstand sah sich geschmäht und reagierte mit Kritik. Auch auf der Facebook-Seite der Schauspielerin hagelte es negative Kommentare.
„Ich möchte den Kindern auch nicht das Bild nehmen, dass es schön wäre, später Bauer zu werden“, entgegnete Engelke nun auf die mitunter scharfe Kritik an ihrem Buch. „Aber den Menschen zum Buhmann zu machen, das musste ich für die Geschichte in Kauf nehmen.“
Anke Engelke: „Den Menschen zum Buhmann zu machen, das musste ich in Kauf nehmen“
Grundsätzlich sei sie für das nachträgliche Ändern von Kinderbüchern, auch wenn das regelmäßig zu heißen Debatten führe, erklärte Engelke. „Ich bin dafür, dass diese Bücher weiterhin da sind, aber ich bin auch für Änderungen einzelner Stellen“, so die Kölnerin. Änderungen und Streichungen müssten jedoch im Buch erklärt werden, führte Engelke aus.
Eine derartige editorische Einführung richte sich jedoch mehr an die Eltern als an die Kinder. „Wir müssen das wissen, denn wir sind nicht nur die, die vorlesen. Wir sind auch die, die sich mit anderen Eltern austauschen und verständigen“, erklärte die Schauspielerin weiter.
Anke Engelke wäre gerne Lehrerin geworden
Sie wolle dabei weder Hysterie noch Sätze wie „Jetzt dürfen wir das auch nicht mehr sagen“, führte Engelke aus – und fügte an: „Dieser Satz wird mir selbst nie über die Lippen kommen. Uns wird nichts verboten, aber wir können doch von uns selber erwarten, uns auseinanderzusetzen.“
Anke Engelke ist selbst Mutter zweier Kinder. Hätte sie keine Karriere als Komikerin und Schauspielerin gemacht, wäre sie gern Lehrerin geworden, betonte Engelke gegenüber dem „Tagesanzeiger“ erneut. „Ich finde das Konzept Schule super“, sagte Engelke. „Ich habe auf Lehramt studiert, wenn auch nur bis zur Zwischenprüfung. Ich wollte immer Lehrerin werden.“ (das/dpa)