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„Hart aber fair“Wahlergebnis schöngeredet – Kühnert lässt Kritik an sich abprallen

Lesezeit 5 Minuten
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Kevin Kühnert bei „Hart aber fair“ 

Es ist eine Art Naturgesetz: Wenn im bevölkerungsreichsten Land des Bundes gewählt wurde, wird danach orakelt, was das Zeug hält. Was könnte das Ergebnis für die aktuelle Regierung bedeuten, bringt sie bestehende Bündnisse ins Wanken – oder gar zu Fall? Seinen Beitrag in dieser Sache ließ sich Frank Plasberg nicht nehmen, und so diskutierte er am Montagabend in seiner Sendung „Hart aber fair“ im Ersten munter mit.

Unter der Überschrift „Triumph für Schwarz-Grün. War die Ampel nur ein Unfall?“ trafen sich drei Politiker und zwei Journalisten mit Plasberg zum Blick in die politische Glaskugel. Die Gäste waren:

  1. Kevin Kühnert, SPD, Generalsekretär
  2. Omid Nouripour, B‘90/Grüne, Bundesvorsitzender
  3. Carsten Linnemann, CDU, stellvertretender Parteivorsitzender
  4. Melanie Amann, Journalistin, Mitglied der Spiegel-Chefredaktion und Leiterin des Spiegel-Hauptstadtbüros
  5. Michael Bröcker, Journalist, Chefredakteur der Media Pioneer GmbH, ehemaliger Chefredakteur der Rheinischen Post

Die zentrale Frage lautete: „Sind Olaf Scholz und seine Ampelregierung schon angezählt?“ Der Moderator versuchte sich zu Beginn gar daran, den „Beginn eines neuen politischen Jahrzehnts, eines schwarz-grünen Jahrzehnts“ auszurufen, allerdings mit deutlich erkennbarem Augenzwinkern, er schien selbst nicht ganz ernst zu nehmen, was da auf seinen Moderations-Karten geschrieben stand.

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„Hart aber fair“: Nouripour hilft Linnemann auf die Sprünge

Im Verlauf traten dann auch weder Linnemann von der CDU noch Nouripur von den Grünen mit siegessicherer Angriffslust auf. Sie schienen eher besänftigt von den Erfolgen ihrer Parteien in NRW und demonstrierten schon mal, wie ein Miteinander aussehen könnte: Als Linnemann von der grünen „Spitzenkandidatin“ in NRW sprach und Plasberg gleich zweimal vehement nachfragte, ob er denn ihren Namen nennen könne, sprang Nouripour ein: „Mona Neubaur, das weiß er auch!“

Ansonsten fiel auf: Es fehlte die FDP. Die großen Verlierer der Wahl waren wohl noch damit beschäftigt, ihre Wunden zu lecken. Die zweiten Verlierer, wie so oft vertreten durch ihren Bei-jeder-Gelegenheit-alles-Erklärer Kevin Kühnert, hatten eine Weile gebraucht, um zu merken, dass sie auf der Verliererseite stehen – akzeptierten ihr historisch schlechtestes Ergebnis in NRW nun aber zähneknirschend. Kühnert kann sich ja so schön als beleidigter kleiner Junge inszenieren.

NRW-Wahlergebnis schöngeredet: Linnemann greift Kühnert an

Am Wahlabend hatte er trotz der deutlichen Verluste der SPD noch erstaunlich lange an einer möglichen Ampel-Koalition festgehalten. So sah er sich bei Plasberg der geballten Kritik ausgesetzt, vor allem von mangelhaftem Stil war die Rede. Der SPD-Generalsekretär ließ das etwas krabitzig, aber immer auch rhetorisch geschickt an sich abprallen.

Linnemann, den ganzen Abend eher zurückhaltend und sanftmütig, landete hier einen entscheidenden Punkt: „Das, was gestern Abend passiert ist, schadet nicht nur Ihnen, sondern es schadet auch uns und der Politik insgesamt, weil es die Politikverdrossenheit erhöht.“

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Bei der Frage nach dem Zustand der Ampelregierung wollte aber keiner der anwesenden Politiker deren nahendes Scheitern voraussagen, am allerwenigsten natürlich Kühnert: „Der großen Koalition sind häufig nur noch wenige Wochen gegeben worden, am Ende hat sie dann wundersamer Weise und auch mit ein bisschen Hilfe durch Corona doch die ganze Wahlperiode durchgehalten.“

Die Meinung des Journalisten Bröcker zur Bedeutung der NRW-Wahl: „Wir sind doch nicht alle blöd, es ist natürlich eine kleine Testfahrt für den Bund, es ist von der Soziostruktur her ein kleines Deutschland.“ Allerdings kam selbst er zu dem Schluss: „Deswegen implodiert die Ampel nicht gleich.“

Nouripour sieht nach Landtagswahl in NRW „keine Schicksalswendung für die Politik“

Nouripour untermauerte diese Annahme mit folgender Argumentation: „Vor zwei Monaten haben wir aufs Saarland geschaut, da hat die SPD hoch gewonnen, da hieß es, das sei das Ende von Friedrich Merz, jetzt wird erzählt, die Ampel sei beschädigt, im Herbst haben wir eine Wahl in Niedersachsen, da wird die Welt komplett anders aussehen.“ Die Momentaufnahmen von Landtagswahlen seien gut, um nachzujustieren, „aber keine Schicksalswendung für die Politik“.

Also Schluss und Aus und alle ab nach Hause, wie es Journalistin Amann, die ansonsten wie ihr Kollege Bröcker gekonnt dazwischen ging, wenn die Herren Politiker zu beschönigend daherreden wollten, an dieser Stelle vorschlug?

Lob für Baerbock und Habeck

Nein, so schnell entließ Plasberg seine Gäste nicht. Er muss aber wohl geahnt haben, dass die plakative Kernfrage der Sendung schnell ausdiskutiert sein könnte. Also wurde noch ein bisschen hierhin und dorthin geblickt.

Die grünen Minister Annalena Baerbock und Robert Habeck bekamen vornehmlich Lob für ihre erfolgreiche Arbeit und Bürgernähe, Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wurde mehr kritisiert denn gefeiert und es rückte Olaf Scholz in den Mittelpunkt samt der Frage, welchen Anteil er trägt am schlechten Ergebnis der SPD in NRW.

Amann sieht ihn „von den eigenen Leuten brüskiert“, will um ihn herum ein „Knirschen im Gebälk“ registriert haben und warnte davor, dass sein „besonnenes kein zögerliches Handeln“ sein dürfe.

Von Kühnert dazu: Eine verständnislose Stirnfalte und dieser Hinweis: „Die Menschen wussten, wen sie bekommen, wenn sie Olaf Scholz wählen. Jetzt kann man nicht ernsthaft erstaunt darüber sein, dass man Olaf Scholz bekommen hat.“ Nouripour beteuerte, dass alles in bester Ordnung sei in der Koalition: Der Ukraine-Krieg mache sehr schwierige Entscheidungen nötig, die Tag für Tag gründlich diskutiert werden müssten: „Es ist ein Flug auf Sicht.“

Linnemann wird am Ende ausgebremst

Hier meldete sich dann auch Linnemann wieder zu Wort, es wurde ihm eindeutig zu viel über den Scholz’schen Einfluss auf den Erfolg seiner Partei in NRW geredet: „Vielleicht lag es gar nicht am Kanzler, vielleicht hat die CDU einfach gute Politik gemacht.“

Und zum guten Schluss? Prophezeite Bröcker für den Rest der Legislaturperiode „ein bisschen Chaos, aber die werden schon durchhalten“. Kühnert war sichtlich froh, es hinter sich gebracht zu haben und orakelte „Friede, Freude, Eierkuchen“ herbei. Amann warf die Frage auf, wer künftig den Kurs in der CDU bestimmt, „nachdem Herr Wüst als geschmacksneutrale Version von Herrn Merz gewonnen hat“.

Nouripour sagte nur: „Wir müssen liefern.“ Und Linnemann holte aus, nun doch noch die Vorzüge der CDU ausführlich zu preisen – wurde vom Rest der Runde aber schnell ausgebremst. (sro)