„Es geht nicht um Zensur“So verfolgt die Staatsanwaltschaft Hassrede im Internet
Köln – Herr Hartmann, im Rahmen des Projekts „Verfolgen statt nur Löschen“ wollen Sie Straftaten im Netz konsequent verfolgen. Um welche Tatbestände geht es da überhaupt?
Am häufigsten handelt es sich um die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – wenn Personen zum Beispiel Hakenkreuze oder SS-Runen und dergleichen posten. Zudem stellen wir häufig Volksverhetzungen, Beschimpfungen von religiösen Bekenntnissen und öffentliche Aufforderungen zu Straftaten fest.
Mit welchem Strafmaß müssen Täter rechnen?
Das ist nicht pauschal zu beantworten. Der gesetzliche Handlungsrahmen sieht bei einer Volksverhetzung etwa eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor, die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.
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Sollte der Gesetzgeber die Verwendung von Klarnamen im Netz anordnen?
Nein. Auch als Strafverfolger mit großem Interesse, Personen eindeutig identifizieren zu können, bin ich der Meinung: Es muss ein Recht auf anonyme Äußerungen geben. Sind diese strafrechtlich relevant, müssen wir die Anonymität im Einzelfall durchbrechen. Für diese Aufgabe sind wir mit den IT-Instrumenten, die wir haben, gut aufgestellt.
Wie begegnen Sie dem Vorwurf der Zensur von Meinungen?
Wir verstehen das Projekt als Beitrag zur Sicherung der Meinungsfreiheit: Eine Aussage muss mir nicht passen – solange sie aber nicht strafrechtlich relevant ist, ist sie zulässig. Deswegen ist der Vorwurf der Zensur auch falsch. Es geht nicht um Zensur, sondern um eine trennscharfe Unterscheidung, was erlaubt ist und was nicht. Dabei gehen wir in unserer Arbeit vollkommen meinungsagnostisch vor.
Was meinen Sie damit?
Es ist kein Projekt, das sich gegen eine bestimmte politische Gruppe oder Denkweise richtet – auch wenn die Praxis zeigt, dass die stark überwiegende Zahl der Straftaten aus dem rechten Spektrum kommt. Insgesamt ist die rechtliche Würdigung sehr zurückhaltend: Solange eine Interpretation denkbar ist, die strafrechtlich nicht relevant ist, ist die Gesamtäußerung nicht zu beanstanden. Diese Herangehensweise folgt aus der überragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit.