Köln – Selbst eine Naturkatastrophe ist im Jahr 2020 nicht in der Lage, RTL sein selbsternanntes Top-Format zu nehmen. Dschungelcamp bleibt Dschungelcamp. Nur noch prominenter, wie der Sender bereits im Intro ankündigt.
Einzige Ausnahme: Gaskocher statt Lagefeuer – ein bisschen gespielte Empathie muss angesichts Millionen von brennenden Hektar an Waldfläche ja wohl im deutschen Privat-Fernsehen erlaubt sein. Also die letzten Tropfen aus der Flasche Martini gekratzt, die noch von „Der Bachelorette“ übrig sind und nichts wie rein in zwei Wochen Fremdscham und unterschwelligen Brechreiz. Strong. Healthy. And Full of Energy!
Die Kandidaten-Vorstellung: Günther Krause glänzt im Dschungelcamp mit Englisch-Kenntnissen
Thema Buschbrände. Die wischt das wie üblich paradiesvogelartig-gekleidete Moderatoren-Duo Sonja Zietlow und Daniel Hartwich mit der Begründung weg, die Australier würden ja bereits seit einigen Tagen ihr eigenes Camp veranstalten.
Also mal die Betroffenen-Maske weglegen, lieber nochmal nachkippen und dabei zuschauen, wie Ex-Politiker Günther Krause mit dem Charme einer 90er-Jahre-Tapete in Diplomaten-Limousine vorfährt. Krause spricht anschließend von seinem Freund Helmut Kohl, grüßt die Kanzlerin und spricht von „Fek News“, angesprochen auf seine zahlreichen Affären als Minister.
„I can’t speak no good of English, I am from East Germany. I speak better Russian“, sind dann erste Kommunikationsversuche mit den beinharten einheimischen Rangern. Gut, freuen wir uns schon mal auf Dialoge mit Dr. Bob á la „My air was away“, die mindestens genauso lange in Erinnerung bleiben wie Krauses Beteiligung an der Wiedervereinigung.
Anschließend gibt es Herzschmerz um Danni Büchner um ihren verstorbenen Mann Jens und Phobien-Lehre mit Erotikfilm-Darstellerin Sonja Kirchberger, deren Satz „Nichts ist nackter als der Dschungel“ von RTL wohl großflächig hinter der Kamera aufgehängt wurde, damit sie ihn auch ja nicht vergisst.
Raul Richter hat seine Rolle gefunden, Elena Miras hat Mundgeruch
Ach ja, und die ersten besten Freunde gibt es auch schon. Damien Prince und Toni Trips, die hinter ihren Namen noch ein lautes „Mhh“ setzt. Beide waren bei DSDS, beide sind ein Stück zu gut drauf für zwei Wochen australischen Dschungel und beide mögen ihre Oma.
Prince kennt seine Fans, denn „die Menschen, die 2016 DSDS geguckt haben, kennen mich noch“. Gut, so viele waren das wohl nicht mehr, aber für die obligatorische Zweitverwertung im RTL-Programm reicht es dann doch. Und immerhin waren ehemalige Dieter-Bohlen-Casting-Granden wie Joey Heindle und Menderes Bagci sogar Dschungelkönige.
Raul Richter hat seine Rolle im Camp auch schon gefunden. Er ist „der Nette im Camp“, sieht aber auch ein oder zwei Mitkandidatinnen, „mit denen es interessant werden könnte“. Im Prinzip also alles wie bei GSZS, nur ohne Jo Gerner.
Elena Miras dagegen ist der Meinung, sich nicht vorstellen zu müssen. Immerhin war sie in der ersten Staffel „Love Island“ dabei. Und im „Sommerhaus der Stars“. Und weil „alle denken ich bin Ghetto“.
Aber nun gut, deswegen lässt sie der Ranger trotzdem nicht auf die Toilette, auch wenn sie Mundgeruch hat. Stört Raul natürlich nicht, der Sonja direkt links liegen lässt und erste Flirtversuche mit Elena startet. Ob sie seinen leichten Sonnenbrand und den Mitdreißiger-Til-Schweiger-Look auch anziehend findet?
Wissen Sie, was das Gute ist? Wir haben erst die Hälfte der Kandidaten durch. Und mit Claudia Norberg hat sich eine Dame für das Camp qualifiziert, deren Noch-Ehemann Michael Wendler damit geglänzt hat, als bisher einziger Kandidat nach seinem freiwilligen Ausstieg wenige Tage später wieder rein zu wollen. Claudia dagegen will im Camp heraus aus dem Schatten ihres Mannes, dessen „Karriere sie komplett aufgebaut hat.“
Markus Reinecke nutzt derweil einen seiner zwei Gegenstands-Plätze dafür, seine markante Ansteckblume mitzunehmen. Gut, im Dschungel wird er sich nicht groß umstellen müssen, denn zuhause wohnt er immerhin im Wohnwagen. Einen Wunsch hat er dann auch noch: am 22. Januar noch im Camp zu sein. Da hat er nämlich Geburtstag. Party im Dschungel mit dem netten Raul und Ghetto-Elena? Damien und Toni (Mhh) singen ein Ständchen? Nehmen wir!
Was Sven Ottke zu dieser Party beitragen kann, beantwortet er am Freitag noch nicht. Dafür hat er einen Talisman dabei, der Dschungel ist für ihn „ein Wettkampf“. Sein Einspieler wird aber um Längen von Anastasiya Avilova getoppt, die mit „Für immer jung“ direkt mal Karel Gott zitiert und unter ihrer „Job-Beschreibung“ „Verführerin“ einträgt. Und Streit hat sie mit Danni Büchner auch noch, weil sie ihr Mit-Kandidat Ennesto aus dem Sommerhaus (Sie erinnern sich doch, oder?) ausgespannt haben soll. Die Nummer wird noch spannend, dazu später mehr. Ein kleiner Hinweis: Ex-Dschungelbewohnerin Helena Fürst spielt auch eine Rolle.
Marco Cerullo gibt es auch noch. Der Vollständigkeit halber.
Ab in den Dschungel: Sprach-Unfälle mit Damien Price, Drahtseilakt mit Sven Ottke
Elena darf dann direkt in die erste Dschungelprüfung, bevor sie überhaupt einen Teil des Camps gesehen hat. Simple Aufgabe: In eine durchgesägte Badewanne setzen und eine Frage richtig beantworten, bevor der Keramik-Unfall auf Rädern eine Klippe hinunter rast. Tut er natürlich, auch wenn Elena leider keine drei Planeten des Sonnensystems nennen kann. Prince Damien macht das besser, auch wenn Austria jetzt nur bedingt ein Land mit A auf Deutsch ist. Und sonst?
Sonja schreit eindeutig zu viel, als sie vom Ranger an der Wanne befestigt wird, der nette Raul hat Höhenangst, Toni (Mhh) kennt keine James-Bond-Darsteller und Danni keine Bundeskanzler. Macht insgesamt einen Stern. Bessere Ergebnisse sind in den nächsten zwei Wochen nicht zu erwarten.
Andernorts kämpfen sich Marco, Markus, Anastasiya, Sven und Claudia mit einer Karte durch den Dschungel, Box-Legende Ottke führt das Quintett mit der Führhand mitten in dessen erste Dschungel-Prüfungen. Die Gruppe muss eine Brücke überwinden, jeder muss dabei einen Stern einsammeln.
Sven dirigiert die Gruppe mit Motivationssprüchen und deutlichen Anweisungen über die Schlucht. Anastasiya bringt Claudia mit ihrem Sternengewinn zum Weinen, spricht mit ihrer Frage „Was mache ich eigentlich hier?“ aber vielen Zuschauern aus der Seele. Zu den Sternengewinnern gesellen sich noch Marco und Markus, Sven stürzt kurz vor Schluss. Und Claudia? Für die ist bereits nach dem zweiten Schritt Endstation.
Sie erinnern sich an Günther? Der sitzt als erster Camp-Chef alleine im Camp, sieht sich dieser Aufgabe gewachsen, weil er „das ja schon mal gemacht hat“. Ganz der Politiker, erkundet er erstmal sein neues Herrschaftsgebiet, beäugt vor allem den Wasserfall kritisch, am Ende wird dieser aber mit „Gut“ im ersten Arbeitsbericht vermerkt. Zeit zum Regieren bleiben ihm reichlich, denn per Klausel hat sich Günther in den Vertrag schreiben lassen, dass er an keiner Prüfung teilnimmt. Rücken, Kreislauf - da war selbst Bata Ilic mobiler. Und der lag zwei Wochen in der Hängematte.
Günther Krause mit Russisch-Panne gegenüber Elena Miras
Ganz der internationale Politiker begrüßt Günther Elena dann auch auf Russisch (kann er ja, wissen wir vom Anfang). Blöd nur, dass die kein Wort Russisch spricht und mit einem etwas schnippischen „Ich bin Ich“ in Richtung Dschungel-Telefon abdampft.
Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn jetzt treffen Danni und Anastasiya aufeinander, die ja wegen Ennesto, dem Ex-Anhängsel von Helena Fürst, Streit haben. Weil Danni etwas mit Ennesto gehabt und der deswegen mit Anastasiya Schluss gemacht haben soll. Komplizierte Nummer, wegen der sich beide nicht begrüßen. Oder wie Anastasiya es ausdrückt: „Sie ist wie ein Pickel, der aufplatzen muss. Damit der Druck weggeht.“
Günther will schlichten, liest als offizieller Dschungel-Chef die Regeln vor. Die erste Affäre baut er, ganz seiner Natur, auch direkt ein. Im Camp darf nur Deutsch gesprochen werden. Gilt aber für ihn und Anastasiya nicht, die dürfen Russisch miteinander reden. Ganz wichtig: „Wir sollten die Regeln nicht so kindisch sehen, wir sind ja nicht im Ferienlager.“
Prüfungs-Büffet: Langweiliges Ekel-Spektakel
Zum Abschluss eines fast dreistündigen Epos, also Titanic in ganz billig, schickt RTL alle Kandidaten zur Prüfung. Auch Günther, der „aber erstmal nur mitkommen will“. Die Dschungelprüfungen beginnen klassisch, zwölf Gerichte, zwölf Mal Ekel und nur eine wirkliche Frage: Isst Günther jetzt mit oder nicht?
Tut er nicht, bestimmt aber Danni als Ersatz. Es folgt eine Viertelstunde voller Ekel-Drinks und australischen Tieren, die in allerlei Formen zubereitet sind. Details wären an dieser Stelle unangemessen, es ist das übliche Spektakel mit ein bisschen zu viel Euphorie bei Damien und ein bisschen zu viel Geschrei bei Toni (Mhh).
Am Ende gibt‘s drei Sterne. Auch eine angemessene Bewertung für diesen TV-Abend, der am Ende auch nicht mehr ist als Günther Krause zu Beginn der Sendung: Eine ausgeblichene Tapete aus den 90ern, die schon wieder so fehl am Platz ist, dass man hingucken muss.
Für den Politiker ist es das Dschungelabenteuer aus gesundheitlichen Gründen auch schon wieder vorbei. Er wird nach nicht mal 24 Stunden nicht mehr ins Camp zurückkehren. Mit kurzen Politiker-Karrieren kennt er sich ja aus...