Jeff Goldblum in Köln„Ich und uneitel, das hätte doch niemand geglaubt“
- Jeff Goldblum war zur „Jurassic World“-Premiere in Köln.
- Im Interview spricht er über seine Karriere, Hollywood und wie man mit unsichtbaren Sauriern spielt.
Herr Goldblum, Sie sind der Mann, der die Fliege war. Wäre das ein Kompliment für Sie?Jeff Goldbum: Klar, ich bin sehr stolz auf „Die Fliege“. Aber wichtiger für meine Karriere war einige Jahre davor „Der große Frust“.
Da muss ich Sie enttäuschen. Der Film war in Deutschland ohne Publikum.
Ehrlich jetzt? „Der große Frust“ ist in den USA ein Klassiker und in Deutschland spielte er keine Rolle? Das gibt es doch nicht.
Ensemblefilme waren wohl nicht en vogue. Aber Sie konnten ja dann Ihre eigene Marke prägen. Mal waren Sie der komische Typ, mal waren Sie furchterregend böse, aber festlegen ließen Sie sich nie. Es gab also keinen Rollenplan für Ihre Karriere?
Ich gehe mal ganz an den Anfang zurück. Ich wollte Schauspieler werden. Das war eine feste Entscheidung. Es gab keinen Plan B. Das war ganz schön blauäugig, denn machen wir uns nichts vor. Die meisten Leute, die Schauspieler werden wollen, werden es nicht. Ich aber wollte Schauspieler werden und meinen Lebensunterhalt damit bestreiten.
Ich finde es immer noch großartig, Schauspieler zu sein
Ah, es gab also gleich eine vernünftige Seite?
Ja sicher. Ein festes Gehalt muss man sich auch als Schauspieler erarbeiten. So viel war mir damals schon klar.
Und Eitelkeit war kein bisschen im Spiel?
Aber klar doch. Wenn ich mal in die Verlegenheit komme, dass ich ein Formular mit persönlichen Daten auszufüllen habe, dann juckt es mich jedes Mal schon vor Freude, wenn es an das Feld geht, wo der Beruf erfragt wird. Und ich darf dann guten Gewissens schreiben: Schauspieler. Doch, das macht mich stolz. Ich finde das immer noch großartig.
Sind Sie dem mal psychologisch nachgegangen?
Das brauchte ich nicht. Da reicht ein Blick auf meine Herkunft. Mein Vater war praktischer Arzt, wir lebten in Pittsburgh, Pennsylvania und wir kannten absolut niemanden aus der Filmindustrie oder dem Showgeschäft. Vermutlich einfach, weil es so weit weg war und unerreichbar schien, können sich da schnell romantische Gefühle entwickeln, und bei mir war es eben schiere Begeisterung und irgendwann auch eine Obsession.
Ich hatte das Glück, Sanford Meisner zu treffen
Das hat ja dann auch geklappt.
Ja, aber ich hatte Glück, denn ich traf mit Sanford Meisner auf einen Schauspiellehrer, der mich immer wieder neu darin begeistern konnte, mich auf die unterschiedlichsten Rollentypen einzulassen. Der Weg dahin führte seiner Ansicht nach, mich selbst als Schauspieler kennenzulernen und auszuprobieren. Ist man für ein romantisches Abenteuer geeignet, eine Rolle als Liebhaber, und wie fühlt man sich, wenn man einen Schurken oder einen Verlierer spielen soll. Auf die Weise entwickeln sich Fähigkeiten und dann, so nach etwa 20 Jahren, ist man so weit, dass man sich Schauspieler nennen darf. So hat Meisner mir das eingebläut und ich habe es geschluckt, denn ich wollte ja ein guter, ein professioneller Schauspieler werden.
Zer Person
Jeff Goldblum, 1952 in Pittsburgh geboren, ist einer der wenigen verbliebenen US-Schauspieler mit unverkennbarer Leinwandpräsenz. Seit Mitte der 80er Jahre ist er ein gefragter Haupt- und Nebendarsteller, der auch in Serien („Criminal Intent“, „Search Party“) gern gesehen ist. Trotz teilweise immens anspruchsvoller Rollen wie 2008 in „Ein Leben für ein Leben“ blieb Goldblum ohne renommierte Filmpreise und wurde auch nie für den Oscar nominiert.
Wo liegt da der Unterschied?
Gar nicht. Das eine beschreibt eine Abstufung in der Qualität, die aber erst dann relevant wird, wenn man durch und durch Schauspieler geworden ist. Oder konkret: Wenn man als Schauspieler sein Handwerk so beherrscht, dass man im Kern jede Stimmungslage und jedes Charakterbild nach professionellen Gesichtspunkten abrufen kann. Das ist vergleichbar mit einem Profimusiker, der sein Instrument beherrscht und Noten lesen kann und die Musik, die in ihm klingt, dann nach außen gestaltet.
Letztlich ist es ein Prozess, gespeist aus harter Arbeit an sich selbst?
Ja, man entwickelt sich, wird mit der Zeit sicherer und besser, und wenn man dann auch willens ist, Rollen als Herausforderung zu begreifen, die einen dann wieder ein Stück weiter nach vorn bringen können. Dann entwickelt man sich auch nach 20 Jahren und mehr immer noch weiter. Das ist die Art Schauspieler, die ich werden wollte. Ich kann mich auf neue Sachen einlassen, aber auch Rollen spielen, in denen weniger Handwerk als persönliche Ausstrahlung gefragt ist.
Letzteres gilt wohl für die Markenfilme, die Sie sich von Zeit zu Zeit gönnen, die „Independence Day“-Fortsetzung oder jetzt „Jurassic World“?
Nun ja, das lässt sich nicht leugnen. Ich spielte den Chaostheoretiker Ian Malcolm in den 90er Jahren. Ihn nach beinah 30 Jahren wieder aufzugreifen, diese Art von Kunstpause war dann tatsächlich neu für mich. Wie hat sich diese Figur in all den Jahren weiterentwickelt? Sich das vorzustellen, war schon eine reizvolle, kleine Übung. Bei der man aber nicht schludern darf, denn die Leute hegen ja Erwartungen an die Figur. Ein Ian Malcolm, der plötzlich frei von Eitelkeit ist und demütig gegenüber anderen Akademikern auftritt – das hätte ja keiner geglaubt.
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Für tiefere Entwicklungen müssten Sie sich wohl mehr auf Serien einlassen?
Das habe ich ja im Ansatz schon. Und es stimmt, in diesen Mehrteilern und fortlaufend erzählten Serien ist wirklich eine Menge möglich heutzutage.
Was gefiel Ihnen zuletzt besonders gut?
Das war eine futuristische Thrillerserie, „Severance“. Es gibt bisher nur eine Staffel mit neun Folgen, aber das hat mich schon sehr gefesselt. Ich fand ja „Breaking Bad“ schon richtig gut, aber „Severance“, da saß ich wirklich auf der Kante vom Sessel.
Im Kino waren Saurier ein Job für Leute in Gummianzügen
Arbeiten sie noch als Schauspiellehrer?
Eher nicht, zumindest war ich jetzt länger nicht mehr in einem Hörsaal oder Klassenzimmer. Es kommt zu Gesprächen mit Schauspielschülern, wenn die Gelegenheit sich bietet, aber ein Engagement als Dozent wie früher, das ist erst mal nicht mehr geplant.
Es wäre aber interessant, was Sie über den Umgang mit technischen Entwicklungen zu vermitteln hätten. Im ersten „Jurassic Park“ 1993 war Digitaltricktechnik auch für Schauspieler noch neu. Heute kommt kein Film mehr ohne Computertricks aus.
Ah ja, es stimmt schon. 1993 waren Saurier im Kino entweder ein Job für Leute in Gummianzügen; wir erinnern uns an die japanischen Godzilla-Filme. Oder es gab die Stop-Motion-Tricks mit Modellen wie etwa im alten „King Kong“. So oder so, man sah die Tricktechnik. Bei „Jurassic Park“ hatte ich das erste Mal das Gefühl, ich sehe echte Saurier. Aber es lag eben auch am Drehbuch und der Regie, dass die Tricks dann solche Wirkung entfalteten. Das war ja ein Durchbruch wie zuvor vielleicht der Ton im Verhältnis zum Stummfilm.
Ja, für das, was man auf der Leinwand sieht, ist das so. Aber für Sie als Schauspieler ist es doch eher wie eine leere Shakespeare-Bühne, die Rückkehr zum Ur-Spiel.
Wo man gar nichts sieht, aber sich alles vorstellen muss? Ja, absolut. Ich muss mir als Schauspieler einen Saurier vorstellen, der vor mir steht und hoffentlich gerade keinen Appetit auf mich hat. Wie reagiere ich auf etwas, das gar nicht da ist. Damit sind wir wieder am Anfang, wie wichtig das Erlernen des schauspielerischen Handwerks ist.
Werden Sie noch mal auf internationale Theatertour gehen?
Nein, sowas steht vorläufig nicht auf dem Plan.
Und als Musiker?
Mit dem Mildred Snitzer Orchestra? Auch eher nicht. Wir spielen ja bevorzugt Club-Konzerte und gehen auch nicht auf monatelange Tourneen. Wir wollen uns den Spaß am spontanen Live-Erlebnis erhalten. Außerdem habe ich ja auch Familie.