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Johnny Depp gegen Amber HeardWir sind die Geschworenen, ob wir wollen oder nicht

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Johnny Depp im Gerichtssaal  

Fairfax – Schauen Sie auch heimlich Videos vom Verleumdungsprozess, den Johnny Depp gegen seine Ex-Frau Amber Heard angestrengt hat? Und, was empfinden Sie dabei?

Ich schwanke zwischen purer Klatschlust und tiefer Scham. Was hier im Fairfax County Circuit Court vor den Augen und Ohren der Welt verhandelt wird ist hochnotpeinlich. Ja, auch erschreckend: Fliegende Wodkaflaschen, Blutmalereien, Kopfstöße und die Exkremente auf dem Bett. Leibesvisitationen auf der Suche nach Drogen. Feindliche Ferndiagnosen bipolarer Störungen. Es ist bizarr und auch supertraurig.

Aber was geht uns das Ganze eigentlich an?

Falls Sie dem Sog dieser juristischen Seifenoper bisher widerstehen konnten, hier die Kurzzusammenfassung: Johnny Depp und Amber Heard haben sich 2009 am Set des Filmes „The Rum Diary“ kennengelernt. Der Film endet übrigens damit, dass ihre beiden Charaktere heiraten. Depp und Heard wurden allerdings erst 2012 offiziell ein Paar, 2015 gingen sie jene fatale Ehe ein, die Heard nur 15 Monate später die Scheidung einreichen ließ. Und eine einstweilige Verfügung gegen Depp, der sie angeblich verbal und körperlich schwer misshandelt hätte.

Im aktuellen Prozess geht es um einen Gastbeitrag, den Heard nach der Trennung für die „Washington Post“ verfasst hat. Thema: Heilung nach traumatischen Erfahrungen in einer gewalttätigen Beziehung. Johnny Depp wird im Text nicht namentlich erwähnt, trotzdem verklagte er Heard auf eine Entschädigung von 50 Millionen Dollar wegen Verleumdung.

Amber Heard schildert ihre traumatische Erfahrungen in der „Washington Post“

Experten zufolge ist es eher unwahrscheinlich, dass Depp diesen Prozess gewinnen wird. Aber darum geht es eventuell auch gar nicht. Die eigentlichen Geschworenen nämlich sind Sie und ich, im Gerichtssaal der öffentlichen Meinung.

In dem leisten Depps Anwälte bislang hervorragende Arbeit, wenn es darum geht, Amber Heard in einem möglichst schlechten Licht und Depp, den angeblichen Gewalttäter, als das eigentliche Opfer darzustellen.

Das klassische Muster der Täter-Opfer-Umkehrung

Ich habe nicht die geringste Ahnung, was sich wirklich zugetragen hat. Und Sie auch nicht. Aber das klassische Muster der Täter-Opfer-Umkehrung erkennt man schon.

Das Klügste wäre, wenn wir würden die uns zugedachte Aufgabe verweigern. Einfach kein Video und keinen Artikel – ja, auch diesen nicht – über den Prozess mehr anklicken. Das wird selbstredend nicht geschehen. Die Griechen hatten die Gefühlsrasereien und Rachegelüste ihrer Götter, uns bleiben sogenannte Prominente.

Wobei wenigstens Johnny Depp schon in den sauerstoffärmeren Regien des Olymps residierte. Das ist nun sein Dilemma: Er kann seine Ex-Frau öffentlich in den Schmutz ziehen, und erstaunlicherweise scheint er gerade unter jüngeren Fans mit seiner Strategie Erfolg zu haben.

Johnny Depp erhält in sozialen Medien viel Zuspruch

Auf TikTok, schreibt die Zeitung „USA Today“ wurde der Hashtag #johnnydeppisinnocent (Johnny Depp ist unschuldig) mehr als 1,4 Milliarden Mal angeklickt, die Gegenbehauptung zugunsten Amber Heards wird im Verhältnis dazu kaum wahrgenommen.

Und dennoch wird der Dreck auch an Depp haften bleiben. Als Schauspieler ist er erledigt. Nicht, weil ihn irgendjemand gecancelt hätte, sondern weil man seine Figuren nicht mehr vom Youtube-Star im Zeugenstand wird trennen können.

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Man kann aus diesem Promi-Schauprozess also zwei Dinge lernen: Ein Luxusleben schützt nicht vor häuslicher Gewalt. Und wir sollten nicht zu viel über unsere Stars erfahren.