WDR-Doku über Kölschen KlüngelWie Josef Esch die Reichsten der Reichsten umgarnte
Köln – Es ist ein Satz, der gleich zu Beginn der Doku „Die Story im Ersten: Der Milliarden-Maurer vom Rhein” fällt, der aufhorchen lässt. „Bei wertfreier Betrachtung ist Josef Esch genial”, sagt der Unternehmer Helmut Breuer, der Esch seit vielen Jahren kennt. Eine satirische Überspitzung der Geschichte des Maurer-Poliers hatten die Zuschauer in der Satire „Der König von Köln” am Mittwochabend zur Primetime im Ersten kennengelernt, nun widmete sich der halbstündige WDR-Film der schillernden Figur Josef Esch, der es aus kleinbürgerlichen Verhältnissen in die höchsten Kreise geschafft hatte.
Josef Esch und Oppenheim
Der Journalist Georg Wellmann hat bereits 2005 mit seinem Kollegen Ingolf Gritschneder einen ersten Film über die Geschäfte Eschs gemacht. Im Anschluss haben sie die dubiosen Geschäfte in vielen preisgekrönten Dokus beleuchtet. Ihr neuer Film versucht zu erklären, wie jemand ohne höhere Schulbildung oder ein Studium die Reichsten der Reichen dazu bringen konnte, ihm zu vertrauen. Und auch Wellmann räumt im Gespräch mit dieser Zeitung ein: „Josef Esch ist sehr clever und hervorragend mit Zahlen. Er ist ein Selfmade-Mann, vor dem man fast schon Respekt hat. Viele hatten ihm gegenüber erstmal Vorbehalte, aber dahinter stand ja immer das Bankhaus Oppenheim. Und er traf auf eine Klientel, die bei zwei Punkten hellhörig wurde: bei Steuervorteilen und bei vermeintlich sicheren Geldanlagen. Das wusste er zu nutzen.”
Madeleine Schickedanz und Thomas Middelhoff
War es in der Satire der Bau einer neuen Stadtverwaltung, die ohne Ausschreibung an Josef Aschs (Rainer Bock) Firma vergeben wurde, war es in der Realität der Neubau von Messehallen, die 2003 ohne Ausschreibung an den Oppenheim-Esch-Fond gingen. Die Stadt verpflichtete sich zudem, die Hallen für die nächsten 30 Jahren anzumieten - für 750 Millionen Euro. Auch Eschs Geschäfte als Vermögensverwalter der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz und seine Deals mit Thomas Middelhoff beleuchtet der Film.
„Das Spezielle am Klüngel ist die Selbstverliebtheit der Kölner”
Und über allem steht die Frage: Ist Köln, die Stadt, die für Korruption ein eigenes, irgendwie niedlich klingendes Wort, Klüngel, hat, besonders anfällig für solche windigen Geschäfte? „Korruption gibt es überall”, betont Filmemacher Wellmann. „Das Spezielle am Klüngel ist die Selbstverliebtheit der Kölner. Man findet toll, was man tut. Eine Hand hilft der anderen. Das ist positiv besetzt. Diese Seilschaften, die sich gegenseitig helfen, haben eine lange Tradition in Köln.”
Dabei spiele, wie auch im Film, der Karneval tatsächlich eine große Rolle. „Der Karneval hat eine große Bedeutung für den Kölschen Klüngel. Auf dieser Ebene passiert viel”, sagt Wellmann. Man trinke ja nicht nur ein paar Kölsch zusammen. „Man kommt an Kontakte, besonders auch an inoffizielle, macht Geschäfte. Karneval ist ein wichtiger Motor in Köln. An der Spitze der Karnevalsvereine sitzen nicht ohne Grund seit Generationen die wichtigen Leute.”
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Die Doku erinnert auch an die zahlreichen Prozesse gegen Esch und die Oppenheim-Banker. Esch wurde wegen unerlaubter Bankgeschäfte zu einer Geldstrafe von knapp einer halben Million Euro verurteilt, das Verfahren wegen Beihilfe zur Untreue wurde gegen Zahlung von sechs Millionen Euro eingestellt. „Über das Ergebnis von Herrn Esch kann man streiten. Er hat sicherlich Glück gehabt” sagt Oberstaatsanwalt Torsten Elschenbroich im Film.
„Man darf nicht vergessen, wie viele Menschen ihren Job verloren haben“
Und auch der investigative Journalist Georg Wellmann betont: „Esch selbst ist der Einzige, der relativ unbeschadet aus der Sache raus gekommen ist. Er hat neue Baufirmen gegründet, setzt Bauvorhaben um. Zwar zwei Nummern kleiner, als das, was er vorher gemacht hat. Aber er macht weiter.” Die Dimensionen, die der Oppenheim-Esch-Skandal hat, habe auch ihn erstaunt, so Wellmann. „Man darf nicht vergessen, wie viele Schicksale an dieser Geschichte hängen, wie viele Menschen ihren Job verloren haben.”
Beim Zuschauer bleibt nach diesem Klüngel-Abend im Ersten definitiv ein mulmiges Gefühl zurück. Vielleicht war und ist es ja wirklich noch viel schlimmer als in der Satire „Der König von Köln” gezeigt.