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„Der König von Köln“Die Lust am Köln-Bashing

Lesezeit 4 Minuten
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Wer zuerst lacht, hat in Köln die Nase vorn. So wie Baudezernent Lothar Stüssgen (Joachim Król, l.), hier mit Josef Asch (Rainer Bock).

  1. Kölscher Klüngel im Abendprogramm: Die Filmsatire „Der König von Köln“ sei inspiriert von tatsächlichen Ereignissen, sagen die Macher.
  2. Ist der Film nun Köln-Bashing? Der Psychologe und Karnevalsforscher Wolfgang Oelsner hat ihn sich angeschaut.
  3. Über die närrische Vereinfachung der Welt – und die bloßstellende Macht Kölscher Liedkultur

Köln – War das von jecker Hand gelenkt? Die Stunksitzung feierte am Dienstag Premiere. Die ARD brachte tags darauf mit dem „König von Köln“ eine Satire, die im Stil einer Spielfilm gewordenen Stunker-Nummer unterhielt. Inklusive jener Momente, bei denen im E-Werk wie vor dem Bildschirm gleichermaßen das Lachen im Halse stecken bleibt. Satire und karnevaleske Überzeichnung sind nun mal nah an der Wirklichkeit, wenn sie gut sind. Von jener Wirklichkeit, die der Oppenheim-Esch-Prozess zu Tage brachte, lässt der als Fiktion deklarierte Filmstoff jede Menge erkennen.

Köln-Spötter und Karnevalshasser werden wieder mal reichlich mit Häme über die Hauptstadt des Klüngels munitioniert. Es lohnt nicht der Versuch, Übeldenkende auf andere Aspekte der selben städtischen Wirklichkeit zu verweisen: Etwa auf die hier täglich Leben rettenden Operationen, auf die Entwicklung komplizierter Computerprogramme, die Ausbildung von Astronauten auf Weltniveau oder auf Spitzenleistungen in Literatur, Theater und Musik. Von den tausenden kleinen Rädchen, deren korrekte Bedienung eine Millionenmetropole erst funktionieren lassen, will beim Köln-Bashing ohnehin niemand was wissen.

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Müßig auch der Versuch, auf die Jugendarbeit oder die jährlich weit über eineinhalb Millionen Euro Spenden für soziale Zwecke aus Reihen des Karnevals zu verweisen. „Wer sich verteidigt, klagt sich an“, lautet eine Lebensweisheit seit der französischen Revolution.

Intelligentes Kasperletheater für Erwachsene

Karneval ist am stärksten, wenn er mit karnevalesken Stilmitteln antwortet. Nicht nur die Stunker verstehen es, Missstände zu enttarnen und Mythen zu entzaubern. Zunehmend wird auch in einigen Komiteegesellschaften satirisch vom Leder gezogen. Da, wo man unter sich ist, im intimen Kneipenrahmen, werden solch handgestrickte Eigenformate bevorzugt wiederbelebt.

Zur Person

Wolfgang Oelsner, geboren 1949 in Opladen, in Köln aufgewachsen und lebend. Oelsner ist Pädagoge, Psychotherapeut und Autor. Sein Interesse gilt auch den psychologischen und kulturanthropologischen Aspekten des Karnevals. Er hat mehrere Bücher über das Fest und seine Hintergründe veröffentlicht.

Satire hat Züge eines intelligenten Kasperletheaters für Erwachsene. Es braucht holzschnittartige Typen. Gut und böse, oben und unten müssen kontrastierend gezeichnet sein. Vor allem dürfen die Protagonisten – anders als im Drama – sich nicht entwickeln. Die „Bösen“ im Film waren und blieben die alten Männer, mal im Zwirn, mal in – mainzerisch anmutenden – Gardeuniformen. Junge Frauen und ein aufrecht bereuender deutsch-italienischer Gastarbeiter-Nachfahre waren auf Seite der „Guten“. Das geht bei Satire und Karneval in Ordnung. Derjenige müsste schon ein arger Simpel sein, der glaubt, die Wirklichkeit darin 1:1 gespiegelt zu sehen.

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Wer auf dem Teppich bleiben will, wird es nicht weit bringen. Selbst wenn der Teppich sehr teuer war. So sieht es Josef Asch (Rainer Bock, r., stehend).

Die närrische Vereinfachung der Welt liefert den Intellektuellen der Feuilletons seit je her beste Spottvorlagen. Der Karneval wehrt sich gegen das Absurde am wirksamsten, wenn er bestätigt: „Jenau su es et.“ Denn auch das gehört zur jecken Dialektik: Narrheit wird demonstriert, um sie zu überwinden. Die satirische Überzeichnung zeigt die Unerträglichkeit des Zusammenlebens, wenn die Trennschärfe zwischen Realität und Spiel verloren geht. Dann wird´s kriminell, wie die reale Geschichte hinter der fiktiven Geschichte lehrt.

Kölsche Evergreens als Subtext

Klar, als Kölner schmeichelt es einem nicht, sich im bundesweiten TV zur Primetime im Milieu von „Hudel & Brassel“ verortet zu sehen. Doch genau der Tenor des gleichnamigen Lieds der Bläck Fööss eignet sich zur Offensive. Unsere Brauchkultur hält für viele Pötte des Lebens passende Liederdeckel bereit. Es war ein pfiffiger Einfall im „König von Köln“, einigen Filmsequenzen kölsche Evergreens als Subtext zu unterlegen. Karneval kann Selbstironie. Jupp Schmitz mit „Wer soll das bezahlen?“, LSE mit „Leck ens am Asch“, Brings mit „Su lang mir noch am lääve sin“ oder das Höhner-Intro „Mit ’ner Pappnas jebore“ machten das hörbar.

Wenn per Lied kollektiv ans Licht gezerrt wird, was andernorts unter den Teppich gekehrt wird, könnte das Nichtrheinländer verlegen machen. Manche brauchen deshalb noch den Fingerzeig auf die jecken Kölner. Dann kommt ihnen der Hinweis zu Filmbeginn nicht zu nahe, wonach die Handlung „an jedem Ort der Welt, zu jeder Zeit“ stattfinden könne.

Profitgierig und neurotisch

Imageverlierer gibt es im Film tatsächlich. Wirklich erbärmlich kommen neben dem skrupellosen Emporkömmling und korrupten Verwaltungsbeamten jene Vertreter der (Geld-)Adel- und Managerkaste rüber. Profitgierig und neurotisch werden sie gezeichnet. Wie gerne gönnte man dem verpeilten Jungbanker aus gutem Hause mal die Erfahrung von Nestwärme, Spaß und Disziplin im Mannschaftsbus einer von Saal zu Saal reisenden Tanzgruppe. Nun wird er es wohl mit Therapie versuchen müssen.