„Ein Jahr Arbeit – fast umsonst"Wie Kölner Comedian Quichotte auf die Pandemie blickt
Köln – Für Quichotte lief es 2019 richtig gut. Er hatte sich mit seiner Mischung aus Stand-up-Comedy, Geschichten und Rap einen Namen auf den deutschen Kleinkunstbühnen gemacht. „Ich hatte endlich diese Ochsentour hinter mir“ erinnert er sich. Aus einer Handvoll Fans waren über die Jahre um die 120 Leute geworden, die durchschnittlich zu seinen Shows kamen – und es wurden immer mehr.
Corona-Pandemie durchkreuzt Tourpläne: Quichotte schreibt Programm fast umsonst
Im März 2020 hatte dann sein neues Programm Premiere, eine Tour mit 60 bis 80 Auftritten war geplant. „Und dann ging gar nichts mehr“. Corona-Pandemie, Lockdown, keine Auftritte, Sendepause. Erst im Herbst gab es dann wieder ein paar versprengte Veranstaltungen: „Mit sehr stark eingeschränkten Kapazitäten, also zwanzig, dreißig Zuschauer maximal, in teilweise riesigen Läden.“
Irgendwann zog er die Reißleine: „Ich habe das Programm dann relativ schnell über Bord geschmissen. Ständig wurden die Termine verlegt und ich hätte dann noch Verschiebetermine bis zu zwei, drei Jahre später gehabt.“
Ein Jahr Arbeit hatte er in das Programm gesteckt – mehr oder weniger umsonst. „Aber ich dachte mir: Lieber ein Ende mit Schrecken. Dann schreibe ich eben was Neues und setze darauf, dass das wenigstens gut gespielt werden kann.“
Quichotte lebt für die Bühne, fürs Publikum. Natürlich hat er in den letzten Monaten auch viel digital gemacht, hat ein lustiges Buch geschrieben („Beim Lieblingsbäcker – auf Leben und Brot“) und eine CD aufgenommen. Außerdem macht er einen Podcast mit seinem Kollegen Jonas Greiner („Die Weltmeisterschaft des Schwachsinns“).
Zur Person
Quichotte heißt eigentlich Jonas Klee und wurde als Poetry-Slammer bekannnt. Er veröffentlichte mehrere Bücher, zuletzt "Beim Lieblingsbächer" (Lektora-Verlag) und macht mit verschiedenen Rap-Formationen ("Querfälltein", "Der Schreiner und der Dachdecker") auch Musik. 2021 bekam er den Förderpreis des Deutschen Kabarettpreises.
„Nicht weniger als ein Spektakel“ heißt das Programm, mit dem er gerade auf Tour ist. Am 8 Mai kommt er damit ins Kölner Senftöpfchen, am 26. Juni ist Quichotte in der Kölner Comedia zu sehen.
Aber auf Dauer reicht ihm das nicht: „Ich will mit meinem Programm live abendfüllend die Leute unterhalten.“ Das geht jetzt glücklicherweise wieder, zumindest irgendwie.
Weniger Zuschauer, aber endlich wieder auf der Bühne
Im Oktober hatte „Nicht weniger als ein Spektakel“ Premiere und immerhin 19 von 32 geplanten Terminen konnte er im vergangenen Jahr live spielen. „Teilweise auch unter verschärften Bedingungen mit sehr wenigen Zuschauern – aber manchmal hat es sich sogar angefühlt, wie in alten Zeiten.“
Zwar kommt im Moment im Schnitt nur die Hälfte des gewohnten Publikums – die ist dafür dann aber besonders euphorisch: „Die Leute hatten Hunger nach Kultur und die Stimmung war teilweise überbordend. Das war wirklich sehr, sehr schön und hat mir richtig Spaß gemacht.“
Die Sorgen, sich bei Auftritten anzustecken, werden durch die Veranstaltungshäuser gut aufgefangen, findet er: „Die Veranstalter*innen tun wirklich ihr Möglichstes, viele haben komplett restaurierte Lüftungsanlagen und sehr gute Hygienekonzepte – das ist dann doch auch irgendwie ein kalkulierbares Risiko und gibt auch mir selbst Sicherheit.“
Finanziell ist die Pandemie für Quichotte ein Rückschlag. Aber er ist keiner, der viel jammert: „Die Veranstaltungen sind auf jeden Fall das, was mich am Leben hält, wirtschaftlich gesehen. Das ist das A und O.“
Corona-Pandemie: Fans boten Quichotte finanzielle Unterstützung an
Mit Online-Auftritten habe er ein bisschen was verdient und es gab die Hilfen für Kulturschaffende. „Mir haben sogar Fans geschrieben und gefragt, ob sie mich finanziell irgendwie unterstützen können – das war total nett, aber da wäre ich mir komisch vorgekommen.“ Zum Glück hat er in den guten Jahren vor der Corona-Pandemie etwas zurückgelegt. „Das hat mir jetzt gut über die Zeit geholfen“.
Mehr Sorgen als sein eigenes Geld macht ihm die Spaltung der Gesellschaft: „Ich finde schon bedrohlich, was auf einmal für krude Ideen sagbar geworden sind und teilweise auch die Rücksichtslosigkeit und das völlige Ignorieren wissenschaftlicher Empirie. Und dass die Zündschnüre dabei so kurz geworden sind, das ist schon sehr bedenklich.“
Comedian Quichotte will keinen „Gesinnungsapplaus“
Diese Gedanken finden sich teilweise auch in seinem neuen Bühnenprogramm wieder. Aber Quichotte ist mit seinen Meinungen „kein Freund des Vorschlaghammers“ – weder privat noch auf der Bühne.
Und außerdem sieht er auch keinen Sinn darin, sein Publikum zu missionieren: „Ich halte nichts davon, völlig auf die Pauke zu hauen, um Gesinnungsapplaus zu kriegen von Menschen, die meine Meinung ohnehin meist teilen.“
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Es gab übrigens auch – mindestens – zwei Menschen, die sich sehr darüber gefreut haben, dass er sehr viel Zeit zu Hause verbringen musste in den vergangenen zwei Jahren: Seine Kinder. „Das war auch eine sehr erfüllende Zeit mit denen und so gesehen hatte die Pandemie für uns als Familie auch positive Seiten – auch wenn mir die Bühne extrem gefehlt hat.“