In Köln gibt es Streit über eine „Friedensstatue“, die an Kriegsverbrechen erinnert.
NS-DokumentationszentrumKritik an Reker wegen Mahnmal
Bald 80 Jahre nach Kriegsende ist das Schicksal der sogenannten Trostfrauen in Japan weiterhin ein Politikum. Nach aktuellen Schätzungen wurden bis zu 200.000 Frauen, vor allem aus Korea, Taiwan, China, Indonesien und Japan selbst, während des Zweiten Weltkriegs von der kaiserlichen Armee in Militärbordellen zur Prostitution gezwungen. Tausende von ihnen starben an Krankheit, Hunger, Folter oder anderen Formen der Gewalt.
In Berlin soll Replik der „Friedensstatue“ verändert oder entfernt werden
Japanische Regierungen haben stets versucht, diese Kriegsverbrechen zu bestreiten oder zu beschönigen und sind im Ausland wiederholt und vehement gegen die kritische Erinnerung an die „Trostfrauen“ vorgegangen - auch in Deutschland. Als der Korea-Verband vor vier Jahren die „Friedensstatue“ des koreanischen Künstlerpaares Kim Eun-sung und Kim Seo-kyung in Berlin aufstellen wollte, versuchte das japanische Außenministerium dies zu verhindern; angeblich gab es sogar eine erfolglose Intervention im Kanzleramt.
Im letzten Jahr verfügte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner dann nach einem Tokio-Besuch, dass die Statue, die ein sitzendes Mädchen zeigt und durch eine Schrifttafel ergänzt wird, wegen ihrer angeblich einseitigen Darstellung des „Trostfrauen“-Komplexes verändert oder abgebaut werden solle.
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Jetzt hat dieses innerjapanische Politikum mit großer Außenwirkung auch Köln erreicht. Am 8. März, dem Weltfrauentag, sollte eine Replik der „Friedensstatue“ vor dem NS-Dokumentationszentrum errichtet werden, als Teil einer Wanderausstellung über die „Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“.
In dieser werden auch zahlreiche Kriegsverbrechen an Frauen thematisiert, die „Trostfrauen“ spielen eine zentrale Rolle in der mit internationalen Partnern konzipierten Schau. Nach aktuellem Stand wird die „Friedensstaue“ allerdings nicht am vorgesehenen Platz stehen können und an einen weniger prominenten Ort ausweichen müssen. Über die Gründe dafür streiten die Kuratoren mit der Stadt.
Die Unterzeichner fragen OB Reker, ob die „Erinnerung an sexualisierte Gewalt in Kriegen“ in Köln unerwünscht sei
In einem Offenen Brief werfen Christa Aretz, Karl Rössel sowie zahlreiche Unterstützer der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker vor, die Aufstellung der „Friedensstatue“ aus politischen Gründen zu hintertreiben und dem japanischen Geschichtsrevisionismus nachzugeben: „Mit Ihrem Verbot spielen Sie nationalistischen und rückwärtsgewandten Stellen in Japan in die Hände, die jede kritische Auseinandersetzung mit japanischen Kriegsverbrechen zu verhindern suchen.“ Die Unterzeichner fragen, ob die „Erinnerung an sexualisierte Gewalt in Kriegen“ in Köln unerwünscht sei und sprechen explizit von einem Verbot, das Mahnmal vor dem NS-Dok aufzustellen.
Dieser Darstellung widerspricht Alexander Vogel, Sprecher der Oberbürgermeisterin. Verboten habe die Stadt nichts, so Vogel auf Anfrage dieser Zeitung. „Wir haben lediglich einen alternativen Standort auf einem öffentlich-zugänglichen Privatgelände in unmittelbarer Nachbarschaft zum NS-DOK vorgeschlagen, da die Aufstellung von Denkmälern/Mahnmalen im öffentlichen Raum kein laufendes Geschäft der Verwaltung ist, sondern eines politischen Gremienbeschlusses bedarf.“
Es habe, so Vogel weiter, wohl ein Missverständnis seitens des NS-Dok bei der Planung gegeben. „Man war davon ausgegangen, dass für dieses Mahnmal ein Antrag beim Ordnungsamt ausreichen würde.“ Leider sei „das Problem beziehungsweise der Fehler erst im Dezember 2024 aufgekommen“. Für den alternativen Standort „wenige Meter vom NS-Dok entfernt“ habe man bereits die Zusage erhalten. Um welchen Ort es sich handelt, wollte Vogel nicht sagen.
Für Karl Rössel, Ko-Kurator der Ausstellung, ist das verwaltungstechnische Argument der Stadt lediglich vorgeschoben. Man habe bereits vor zwei Jahren angekündigt, die „Friedensstatue“ vor dem NS-Dok aufstellen zu wollen.
Rössel vermutet, dass die Oberbürgermeisterin bei ihrer Kyoto-Reise im vergangenen Jahr von japanischer Seite dazu gedrängt wurde, gegen das Mahnmal vorzugehen. Reker agiere nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“.
Auch diesen Mutmaßungen widerspricht Vogel im Namen der Oberbürgermeisterin. Seines Wissens sei die Ausstellung im NS-Dok während der Kyoto-Reise im März 2024 kein Thema gewesen. Laut Rössel soll es sich bei dem von der Stadt ausersehenen alternativen Standort um den Platz vor der Wallfahrtskirche St. Maria handeln.