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Kunst von Menschen mit BehinderungJutta Pöstges wird Kulturmanagerin des Jahres

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Jutta Pöstges

Köln – Ein riesiger Frauenkopf mit großen Augen ruht auf einem kleinen Körper, dessen Beine zu Strichen eingelaufen sind. Die überlangen Arme liegen wie Schleppen auf dem Boden, die Locken kriechen als Schlangenkopf die rechte Wange herab. Und dann erst die Farben: Das fein konturierte rosa Gesicht schwimmt in einem Meer aus blutigem Rot.

Früher hieß solche Kunst einmal „naiv“, dann nannte man sie „roh“, heute hat sich für Malerinnen wie Nicole Baginski der Begriff „Außenseiter“ eingebürgert. Doch auch mit ihm ist Jutta Pöstges, künstlerische Leiterin des Kölner Kunsthauses Kat 18, nicht glücklich. „Wir wollen bewusst nicht dieses Feld bedienen, weil darin eine Distanzierung liegt“, sagt Pöstges. „Wir begreifen uns stattdessen einfach als Teil einer vielfältigen Kunstszene.“

Das Feld Außenseiterkunst wollen wir nicht bedienen

Seit 2012 leitet Pöstges das Kat 18 in der Kölner Südstadt, ein Haus der Gemeinnützigen Werkstätten mit Ateliers und Projekträumen für Menschen mit Behinderungen. Was das heißt, ist sehr verschieden, so verschieden, wie die 24 Künstler sind, die sich derzeit im Haus die Arbeitsplätze teilen. Sie seien „eingeschränkt in lebensunpraktischen Dingen“, sagt Pöstges, aber in ihrer Kunst vollkommen autonom. „Viele Menschen mit Behinderungen sind kreativ, aber ihnen fehlt das Selbstverständnis, eine künstlerische Begabung zu haben, ein Künstler zu sein.“

Im Kat 18 wird diese Kreativität gefördert, in der hauseigenen Galerie ausgestellt und an andere Institutionen vermittelt. Arbeiten von Andreas Maus waren gerade im Münchner Haus der Kunst zu sehen, die Kuratoren des erzbischöflichen Museums Kolumba sichten derzeit Werke von Kat 18-Künstlern, um sie für die eigene Sammlung zu erwerben. „Das ist immer noch etwas besonderes“, so Pöstges. Leider, denn darin würde sich am besten zeigen, „dass die Arbeiten unserer Künstler Teil des öffentlichen Kulturguts sind“.

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Für ihre Arbeit am Kat 18 wird Pöstges jetzt als Kulturmanagerin des Jahres geehrt, dabei sieht sich die studierte Produktdesignerin noch lange nicht am Ende ihrer Aufgabe. Das Kunsthaus ist nicht inklusiv, sondern ausschließlich für Menschen mit Behinderungen gedacht, und die Künstler müssen zudem, so Pöstges, „im engen Kasten der Grundsicherung leben“. Sie bekommen am Kat 18 zwar einen festen Lohn, und sämtliche Kosten für Materialien, Ateliermiete und Vermittlung werden übernommen. Aber echte Teilhabe am öffentlichen Leben sieht dann vielleicht doch anders aus.

Ändern soll sich das möglichst mit „Kubist“, einem Projekt, das Pöstges mit anderen Partnern seit mehreren Jahren vorantreibt. Im Zentrum steht ein inklusives Kunstquartier, in dem Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam leben und arbeiten. „Das wäre wichtig für die Selbstständigkeit unserer Künstler“, sagt Pöstges, aber auch alle anderen würden vom Miteinander profitieren, ist sie überzeugt. Als Standort für das X-Süd genannte Projekt ist das Gelände der Hallen Kalk anvisiert. Es sei wichtig, die Kultur mit einzubeziehen und lokale Mitstreiter zu finden, so Pöstges. „Wir wollen uns dort nicht einfach reinsetzen.“