Lokalzeit-Moderatorin Julia Kleine„Als Sportjournalistin braucht man ein dickes Fell“
- Julia Kleine moderiert seit 2014 die WDR Lokalzeit in Köln.
- Neben der Moderation ist die gebürtige Kölnerin auch als Sportjournalistin aktiv.
- Ein Gespräch darüber, wieso gerade der Sportjournalismus sich mit der Gleichberechtigung schwer tut, was sie an der Moderation reizt und wieso sie als Kind Bundeskanzlerin werden wollte.
Frau Kleine, Sie sind Moderatorin und Sportjournalistin. Gerade der Sportjournalismus hat ja den Ruf, anfällig für Sexismus zu sein. Wie steht es um Gleichberechtigung im Journalismus?Julia Kleine: Bei der Lokalzeit, die ich momentan moderiere, habe ich sogar etwas mehr weibliche Kolleginnen als männliche Kollegen. Hier ist die Gleichberechtigung komplett erreicht. Beim Sportjournalismus ist das tatsächlich eine andere Geschichte. Als Sportjournalistin brauchst du ein sehr, sehr dickes Fell. Manche Wege gehen eben schneller, manche haben Steine. Weiblichen Sportjournalistinnen gebe ich meist einen den Tipp mit: Durchhalten, nichts gefallen lassen und vor allem bei sich bleiben und nicht einreden lassen, dass man nichts kann.
Als Sabine Töpperwien in den 80er Jahren ein Interview mit Otto Rehhagel führen wollte, lehnte er mit den Worten ab, sie habe noch nie den Schweiß einer Männerkabine gerochen. Christoph Daum sagte ihr, sie solle ihren Bruder schicken – mit dem würde er sich über Fußball unterhalten. Wie viele solcher Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ohne Namen zu nennen: Einige. Aber wenn man mit Leistung überzeugt, das Hobby zum Beruf macht und viel Arbeit und Schweiß da hineinsteckt, kommen sie einfach nicht an dir vorbei. Trotzdem glaube ich, dass man als Sportjournalistin sehr schnell eingeschüchtert sein kann. Man muss der Typ Mensch dafür sein, zu sagen: Es ist mir egal, was die sagen. Links rein und rechts raus.
Wieso tut sich gerade der Sportjournalismus so schwer mit der Gleichberechtigung?
Ich habe mich letztens mit einem Kollegen darüber unterhalten, wie viele Kommentatorinnen und wie viele Kommentatoren auf der Bühne sitzen sollten. Er sagte: „Überleg mal – wie viele Männer gucken Fußball und wie viele Frauen?“ Da hat er ja Recht. Es gucken mehr Männer Fußball. Aber wann beginnt das? Als kleine Kinder spielen Jungs und Mädchen noch in gemischten Teams. Doch welche Perspektiven haben weibliche Fußballspielerinnen und welche Perspektiven haben männliche Fußballspieler? Ariane Hingst zum Beispiel wurde Weltmeisterin und hat nebenher trotzdem als Physiotherapeutin gearbeitet. Das findet man bei den männlichen Spielern ja nicht. Ich glaube einfach, dass der Fußball schon viel früher für Frauen und Mädchen interessanter werden muss.
Medienschaffende stellen sich vor
Köln gehört zu den Medienstädten Deutschlands: WDR, RTL, Deutschlandfunk und weitere Medienhäuser produzieren ihre Sendungen und Inhalte aus der Domstadt heraus. Doch wer sind die Menschen, die für die Sender und Medienhäuser arbeiten? Wir stellen Moderatorinnen und Moderatoren vor und sprechen mit Medienschaffenden darüber, wie sie in ihren Beruf gekommen sind, wie sich die Medienbranche verändert hat und was die Herausforderungen der Zukunft sind.
Jetzt von Anfang an: Welchen Berufswunsch hatten Sie eigentlich, als Sie noch ein Kind waren?
Ich wollte die erste weibliche Bundeskanzlerin werden. Aber Angie war schneller – deshalb musste ich mich umorientieren. Mein Vater hat auch als Sportjournalist gearbeitet. Deshalb habe ich schon als Kind mit Bleistift und Blöckchen Spielberichte geschrieben über Bergisch Gladbach, die bei uns um die Ecke gespielt haben. Im Sommer 2004 habe ich dann nach meinem Abitur die Eignungsprüfung für die Sporthochschule bestanden. Dort habe ich mich auf Medien und Kommunikationswissenschaften spezialisiert. Während meines Studiums habe ich bei einem kleinen Fernsehsender ein Praktikum gemacht. Der dortige Chef bot mir anschließend ein Volontariat an, das ich studienbegleitend gemacht habe. Dort habe ich auch angefangen zu moderieren. Das Moderieren hat sich immer irgendwie gut angefühlt, nie fremd. Mit 23 war ich dann sowohl mit dem Volontariat als auch mit dem Studium durch.
Und was haben Sie danach gemacht?
Ich hatte ein Angebot von Sat.1 NRW in Dortmund vorliegen. 2012 bin ich von dort zu Sky Sport News HD in München gewechselt, bis ich 2014 ein WDR-Casting für die Lokalzeit Ruhr gewonnen habe. Parallel wurde eine dritte Moderatorin für die Lokalzeit Köln gesucht, weshalb ich erst einmal beide Studios parallel moderiert habe. 2018 bot mir Eurosport dann an, die Olympia-Primetime Sendung zusammen mit Marco Schreil zu moderieren – 16 Tage am Stück. Leider nicht vor Ort, aber das war auch so eine echt coole Erfahrung!
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Wieso haben Sie Ihren Job bei Sky Sport News HD trotz Ihrer sportlichen Leidenschaft für die Lokalzeit aufgegeben?
München war schön, aber Heimat ist schöner. Es war auch eine Entscheidung für Zuhause.
Was gefällt Ihnen so an der Moderation?
In erster Linie verstehe ich mich als Journalistin. In der Moderation finde ich vor allem die Gespräche interessant. Jedes Interview kann das beste deines Lebens sein – egal, ob jetzt der extrem berühmte Popstar oder jemand aus dem Service vom Arbeitsamt vor dir sitzt. Ich finde, gerade in der heutigen Zeit, wo jeder mit dem Ellenbogen unterwegs ist, wird es nochmal wichtiger, mit Gesprächspartnern gefühlsbetont zu interagieren. Wenn du Leute hast, die ganz Großartiges leisten, die aber das erste Mal vor der Kamera stehen, dann musst du denen das Gefühl geben, dass das Studio ihr Wohnzimmer ist. Dass wir zusammen auf einem Sofa sitzen, Kaffee trinken und sie mir jetzt einfach ihre Geschichte erzählen. Ich bin quasi die Freundin, die sie gerade eingeladen haben und es ist völlig egal, dass da jetzt irgendwelche Kameras stehen. Das Miteinander, das Menschliche, das ist es, was mich an der Moderation einfach kitzelt.
Sie waren ja als Jugendliche und junge Erwachsene Leistungssportlerin. Wieso haben Sie nicht eine Karriere als Skisportlerin eingeschlagen?
Mit 19 Jahren hatte ich beim Skifahren einen schweren Unfall, nach dem ich eineinhalb Jahre gebraucht habe, um wieder vernünftig laufen zu können. Ich hatte einen Kreuzbandriss, Miniskusabriss und einen Trümmerbruch im Unterschenkel. Das Bein war erst einmal Matsche. Mit dem Studium hatte ich schon begonnen, aber die ersten vier Semester konnte ich nur Theorie belegen. Als ich endlich wieder Sportkurse belegen konnte, war ich total stolz. Ich glaube, dadurch, dass mein Vater Sportjournalist ist, hatte ich keine andere Wahl als etwas mit Sport zu machen. Das wird meinem Sohn vermutlich auch blühen.
Wie heißt Ihr Sohn eigentlich?
Felix. „Der Glückliche“. Ich habe bisher nur Felixe kennengelernt, die total nett waren. Felix Neureuther zum Beispiel, der große Skiheld. Da dachte ich: Das könnte auch ein Name für meinen Sohn sein.
Das heißt, der Sportjournalismus hat auch den Namen Ihres Sohnes geprägt?
Ich sag ja: Er hat keine Wahl (lacht).
Angenommen Sie könnten sich eine Sendung aussuchen, von allen privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern. Welche würden Sie am liebsten moderieren?
Das Sportstudio! Das wäre der Sechser im Lotto. Sportschau natürlich auch.