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Kontroverse bei MaischbergerAiwanger verurteilt Bauern-Aktion gegen Habeck nicht und zweifelt Polizeibericht an

Lesezeit 4 Minuten
ARD/"maischberger" vom 09.01.2024
abgebildete Personen v.l.n.r. Hubert Aiwanger (Freie Wähler, bayerischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident), Omid Nouripour (B‘90/Grüne, Parteivorsitzender)

ARD/'maischberger' vom 09.01.2024 abgebildete Personen v.l.n.r. Hubert Aiwanger (Freie Wähler, bayerischer Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident), Omid Nouripour (BâĘ90/Grüne, Parteivorsitzender)

Der bayerische Wirtschaftsminister soll sich in der ARD zum wütenden Mob äußern, der Robert Habeck am Verlassen seiner Fähre hinderte.

Bei Sandra Maischberger ging es am Dienstagabend (9. Januar) um das derzeit die deutsche Innenpolitik beherrschende Thema: die Bauernproteste, die ein ganzes Land lahmlegen. Sind die Demonstrationen verhältnismäßig, will die Moderatorin wissen. Pinar Atalay, die mit in der Studio-Runde sitzt, hat in Teilen Verständnis für die Landwirte, gibt aber zu Bedenken, dass es eigentlich kaum noch um die Ursprungsforderung der Bauern geht.

Der Protest gegen die Kürzung bei Agrarsubventionen sei nur noch zweitrangig, es werde lautstark eine Generalkritik an der Ampel geäußert. „Da bricht sich etwas Bahn“, meint auch ARD-Korrespondentin Kerstin Palzer.

Schnell kommt die Sprache auf die Bauerndemo von Schlüttsiel in Schleswig-Holstein, wo am Donnerstag eine aufgebrachte Menge Robert Habeck (Grüne) am Verlassen einer Fähre hinderte, als der Wirtschaftsminister aus dem Urlaub zurückkam. Da Schiff musste zunächst wieder ablegen, erst mit Verspätung konnte Habeck an Land gehen. Andere Passagiere waren ebenfalls von dem Vorstoß der wütenden Demonstranten betroffen, Familien äußerten sich besorgt und verängstigt.

Nach Vorfall an Fähre: Robert Habeck warnt vor Umsturzfantasien

Der Grünen-Politiker äußerte sich dann am Montag in einem längeren Video zu den Vorfällen und warnte davor, dass berechtigte Proteste von Rechten für Umsturzszenarien gekapert werden könnten.

Sandra Maischberger bittet nach der Eröffnungsrunde am Dienstagabend den bayerischen Wirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und den Grünen-Chef Omid Nouripour zum Streitgespräch.

Aiwanger ist gelernter Landwirt, und das stellt er auch im ganzen Gespräch heraus. Er habe früh mitbekommen, dass die Agrarpolitik für das Höfesterben verantwortlich sei. Nouripours Erfahrungen in der Landwirtschaft beschränken sich auf Wochenend-Aufenthalte auf einem Bauernhof.

Hubert Aiwanger: Rot-Grün ist neidisch auf große Traktoren

Maischberger liefert Argumente für den Regierungsbeschluss, die Subventionen zu kürzen: Die Landwirtschaft hätte in der jüngsten Vergangenheit Rekordgewinne eingefahren. Nouripour verweist auf die Sparzwänge im Bundeshaushalt. Aiwanger holt daraufhin aus: Bei Rot-Grün habe man den Eindruck, dass sie besonders bauernfeindlich seien, weil sie in der Regel nicht selber aus der Landwirtschaft kämen.

Dann versteigt er sich zu einer steilen These: Es schwinge immer das Thema des Neides mit. „Der hat den großen Traktor, der hat den großen Mercedes, dem kann's ja nicht so schlecht gehen“, sei die allgemeine Annahme oft. Dabei arbeite oft die ganze Familie mit, und überhaupt fehle Rot-Grün schlicht das nötige „Fingerspitzengefühl“ für das bäuerliche Leben. Für diese Politiker seien Landwirte immer die „reichen Traktorfahrer“. Nouripour entgegnet, Aiwanger argumentiere immer nur mit „Eindrücken“ und nicht mit Fakten.

Hubert Aiwanger verurteilt Proteste gegen Robert Habeck nicht

Auf Maischbergers Frage, ob die Form der Proteste gegen Robert Habeck noch legitim sei, antwortet Aiwanger ausweichend. Die einen sagten so, die anderen so, meint der bayerische Minister. Er sei nicht dabeigewesen und könne das nicht beurteilen. Vielleicht wären die Demonstranten auf die Fähre gekommen und hätten gesagt: „Robert, wir wollen nur mit dir reden!“. Es habe schließlich keine Gewalttaten gegeben. „Ich kann mich sicherheitshalber distanzieren, um auf der sicheren Seite zu sein“, schwadroniert Aiwanger.

Maischberger und Nouripour verweisen auf den Polizeibericht, in dem von 25 bis 30 Personen von rund 250 bis 300 Menschen die Rede ist, die versucht hätten, auf die Fähre zu gelangen. Diese seien nur durch den Einsatz von Pfefferspray vom Betreten der Fähre abgehalten worden.

Hubert Aiwanger zweifelt Bericht der Polizei aus Schlüttsiel an

Maischberger hakt nach, ob Aiwanger das nicht so schlimm finde. Der will sich weiter nicht festlegen und wartet auf die endgültige Bewertung der Polizei. Er verheddert sich in der Beschreibung von Videos aus Schlüttsiel, die er in den sozialen Medien gesehen hat.

Nouripour ist sauer und verweist auf die Berichte von verängstigten Menschen und sagt, der Vizekanzler als Verfassungsorgan sei angegriffen worden. Es sei doch nicht so schwer, so ein Vorgehen zu verurteilen, regt er sich auf. „So schwer kann es doch nicht sein, das können Sie doch einfach sagen!“, echauffiert er sich unter Applaus des Publikums. Er selber würde sich auch immer für Redefreiheit des politischen Gegners einsetzen, auch bei Auftritten von Aiwanger.

Aiwanger kann keine Umsturzfantasien bei den Demonstrationen der Landwirte erkennen. Galgen auf Traktoren seien „geschmacklos“, aber man solle auch nicht dauernd unter Bauern Extremisten ausmachen.