Robert Habeck will aus dem Urlaub zurückkehren, als mehr als 100 Landwirte das Schiff des Vizekanzlers abfangen. Die Lage eskaliert.
Tumultartige SzenenWütende Landwirte stoppen Schiff von Robert Habeck – Fähre flüchtet aufs Meer
Eine wütende Menge hat Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) an der Nordseeküste beim Verlassen einer Fähre gestoppt und einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Mehr als 100 Demonstrierende, überwiegend Landwirte, blockierten am Donnerstagabend den Hafenanleger von Schüttsiel, Habecks Fähre musste aufgrund der Gefahrenlage auf die Nordsee flüchten.
Laut Polizeiangaben waren etwa 30 Beamte im Einsatz, in einigen Situationen musste auch Pfefferspray eingesetzt werden. Habeck, der von seinem Urlaub aus Hallig Hooge zurückkehren wollte, hatte sich bereit erklärt, mit einigen Landwirten zu sprechen zu wollen. Das Angebot sei von der wütenden Menge allerdings abgelehnt worden, bestätigte eine Sprecherin Habecks am Abend.
Robert Habeck: Wütende Menge fängt Fähre von Vizekanzler ab – Lage in Hafen eskaliert
Da die Sicherheitslage ein Gespräch mit allen Demonstrierenden nicht zugelassen habe, sei das Schiff zunächst wieder auf die Nordsee hinausgefahren und nach Hallig Hooge zurückgekehrt. 25 bis 30 Menschen versuchten laut Polizeiangaben, Habecks Fähre am erneuten Ablegen zu hindern. Nach ersten Erkenntnissen wurde niemand verletzt.
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Die Demonstrierenden verabredeten sich wohl über mehrere Telegram-Gruppen, um den Bundeswirtschaftsminister in Schlüttsiel abzufangen. Wie die Information, dass Habeck dort am Donnerstagnachmittag ankommt, nach außen gedrungen ist, ist noch unklar. Videos von den tumultartigen Szenen am Hafenanleger in Schlüttsiel hatten am Donnerstagabend in den sozialen Medien Aufsehen erregt.
Die Polizei erklärte, bis zum späten Donnerstagabend habe es keine Anzeigen gegeben, der Verdacht des Landesfriedensbruchs stehe aber unabhängig davon im Raum. Schon wenige Stunden zuvor war Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Besuch der Hochwassergebiete in Sachsen-Anhalt bepöbelt worden.
Bauern attackieren Schiff von Robert Habeck – Grünen-Politiker muss auf Nordsee fliehen
Die Politik reagiert besorgt und beschämt auf den Vorfall um Vizekanzler Robert Habeck: „Bei allem Verständnis für eine lebendige Protestkultur: Eine solche Verrohung der politischen Sitten sollte keinem egal sein“, schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit auf der Plattform X, vormals Twitter. „Die Blockade ist beschämend und verstößt gegen die Regeln des demokratischen Miteinanders“, schrieb Hebestreit weiter.
Justizminister Marco Buschmann (FDP) verurteilte den Angriff auf Habecks Fähre ebenfalls: „Dass man auch mal wütend ist: geschenkt. Aber klar ist: Gewalt gegen Menschen oder Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren! Das diskreditiert das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrieren.“
Politiker reagieren bestürzt auf „beschämende“ Attacke auf Vizekanzler Robert Habeck
Die Vorsitzende der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, nannte den Vorfall „erschreckend und eine völlige Grenzüberschreitung“. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf X: „Dort, wo Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzt werden, ist eine demokratische Grenze überschritten.“ Auch Agrarminister Cem Özdemir verurteilte den Angriff.
Umweltministerin Steffi Lemke schrieb auf X: „Das ist das Gegenteil von dem, was ich heute in der durch Hochwasser gebeutelten Region Mansfeld-Südharz erlebte - Solidarität, Zusammenhalt, Respekt, Zusammenarbeit unterschiedlichster Gruppen für den Schutz der Bevölkerung.“ Sie erwarte eine klare Distanzierung des Bauern-Verbands von den Geschehnissen.
Auch die Opposition äußerte sich bestürzt über den Zwischenfall. Der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte auf X: „Bei allem Verständnis für berechtigte Anliegen: Hier wird eine Grenze überschritten! Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht!“
Geplante Streichungen: Streit zwischen Ampelregierung und Landwirten eskaliert
Seit Wochen protestierten Landwirte gegen die geplante Streichung von Subventionen durch die Ampel-Regierung. SPD, FDP und Grüne hatten in einem neuen Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 unter anderem einige Zuschüsse gestrichen, nachdem sie ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Sparen gezwungen hatte. Im Haushalt für das Jahr 2024 klaffte ein Loch von fast 17 Milliarden Euro.
Die Ampelregierung hatte nach massiven Protesten am Donnerstag teilweise reagiert und die Streichungen zurückgenommen. So soll unter anderem auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichtet werden, die Abschaffung der Steuerbegünstigung für Agrardiesel soll schrittweise erfolgen. (shh)