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Russland-Streit bei „Maischberger“„Das ist eindeutig falsch!“ – CDU-Politiker fassungslos über BSW-Vertreterin

Lesezeit 5 Minuten
ARD/"maischberger" vom 24.09.2024          abgebildete Personen v.l.n.r. Sevim Dağdelen (BSW, Außenpolitikerin), Thorsten Frei (CDU, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion), Sandra Maischberger

Sandra Maischberger (l.) mit Sevim Dağdelen (r., BSW, Außenpolitikerin) und Thorsten Frei.

Sevim Dağdelen wetterte gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland, Thorsten Frei warf ihr Falschaussagen vor.

In den ostdeutschen Bundesländern hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei den jüngsten Landtagswahlen aus dem Stand sehr gute Ergebnisse erzielt. Bei der Regierungsbildung in Thüringen, Sachsen und Brandenburg wird das BSW eine wichtige Rolle spielen. Um die Möglichkeiten einer „Brombeer-Koalition“ zwischen CDU, SPD und BSW ging es auch am Dienstagabend (24. September) bei Sandra Maischberger in der ARD.

Dabei liegen die inhaltlichen Positionen von CDU und BSW weit auseinander. Während es in der Migrationsfrage mit dem Ruf nach stärkerer Begrenzung und schnelleren Abschiebungen durchaus Anknüpfungspunkte gibt, treten die Differenzen in der Außenpolitik auch bei „Maischberger“ klar hervor. Ein Kernpunkt ist beim BSW die Forderung nach einem Ende der Waffenhilfe für die Ukraine sowie der Bezug von Öl und Gas aus Russland.

BSW-Politikerin Dağdelen: Scholz mit „Kotau“ vor den USA

Die Gespräche sind daher auch innerhalb der CDU umstritten. Roderich Kiesewetter, ein ausgewiesener Ukraine-Unterstützer, sprach sich bereits explizit gegen ein Bündnis seiner Partei mit dem BSW aus. Kiesewetter nannte das BSW ein „Retortenbaby von Putin“. Die Partei sei eine „Weiterentwicklung der AfD“.

Im Streitgespräch zwischen Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und der außenpolitischen Sprecherin des BSW Sevim Dağdelen geht es bei „Maischberger“ entsprechend zur Sache. Frei sagt, er habe „keine persönlichen Berührungsängste“ zu Dağdelen. Allerdings lägen „Ozeane“ zwischen ihnen, wenn es um Sicherheits- und Außenpolitik gehe.

Dies beweist Dağdelen direkt im nächsten Satz, indem sie behauptet, Bundeskanzler Olaf Scholz habe mit seiner Zustimmung zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland einen „Kotau“ vor den USA gemacht. Das sei ein Sicherheitsrisiko. Frei nennt diese Einstellung „absurd“.

Dağdelen: Friedensverhandlungen mit Russland sollen in Länder-Koalitionsverhandlungen festgeschrieben werden

Dağdelen meinte: „Die Strategie, der Ukraine immer mehr und schwerere Waffen zu geben, ist nachweislich gescheitert. Sie steht jetzt deutlich schlechter da, als es die Friedensverhandlungen im Frühjahr 2022 gegeben hat.“ Jetzt sei die Stunde der Diplomatie, man wolle Verhandlungen anstoßen, wiederholt die Ex-Linke-Politikerin das Mantra von Parteichefin Wagenknecht. Für die US-Raketenstationierung in Deutschland müsse man über eine Volksabstimmung nachdenken. Das alles solle in möglichen Koalitionsverträgen auch in den Ländern festgeschrieben werden.

Als Frei die Notwendigkeit der US-Langstreckenwaffen mit Blick auf die Bedrohung durch Russland begründet, schiebt Dağdelen den schwarzen Peter den USA zu. Russland sei zu Recht besorgt, ohne Vorwarnzeit von den US-„Angriffswaffen“ bedroht zu werden. Die Stationierung der russischen Iskander-Raketen einige Jahre zuvor in Kaliningrad, deren Reichweite bis nach Berlin geht, sei innerhalb des INF-Vertrags dagegen „vollkommen in Ordnung“ gewesen. Schließlich sei dann Trump 2019 aus dem INF-Vertrag ausgestiegen.

Frei kontert kopfschüttelnd: „Das ist eindeutig falsch!“ Russland habe seit 20 Jahren immer wieder gegen den INF-Abrüstungsvertrag verstoßen. Die Aufkündigung des Vertrags durch die USA sei nur folgerichtig gewesen. Es kommt zu einem heftigen Wortwechsel, in den Maischberger schließlich eingreifen muss.

Sahra Wagenknecht macht USA und Nato für Instabilität verantwortlich

Auch unter Experten ist unumstritten, dass Russland immer wieder den Vertrag verletzt hat. Schon unter der Obama-Regierung habe es erste Hinweise gegeben, dass Russland an einem bodengestützten Marschflugkörper mit verbotener Reichweite arbeite. Dağdelen wiederholt bei „Maischberger“ jedoch das russische Narrativ, Putin habe sich durch die Nato bedroht gesehen.

Damit liegt sie auf Parteilinie. Auch Sahra Wagenknecht macht regelmäßig USA und Nato für Krieg und Instabilität verantwortlich, wettert gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und geriert sich als Friedenspolitikerin – ohne jedoch jemals konkret zu werden, wie ein Frieden mit Russland ohne ukrainische Gebietsverluste aussehen könnte. Für diese Einstellung wird sie regelmäßig auch von Politikwissenschaftler kritisiert, die ihr ähnlich wie der CDU-Politiker Kiesewetter Kreml-Nähe vorwerfen.

Auf Kritik stößt teilweise ebenfalls, dass sowohl Wagenknecht als auch andere Mitglieder des BSW häufig in Talkshows eingeladen werden. So schrieb der Kölner Politologe Thomas Jäger am Dienstag vor Beginn der „Maischberger“-Sendung bei X scherzhaft, er habe sich auf einen „kremlfreien Abend“ gefreut. Er übte auch Kritik am öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Angesichts der Tatsache, dass das BSW möglicherweise demnächst an Regierungen in mehreren ostdeutschen Bundesländern beteiligt ist, dürften TV-Auftritte von BSW-Vertretern allerdings nicht ernsthaft in Frage stehen.

Sänger Krumbiegel bei Maischberger: Wir hauen uns gegenseitig die Rübe ein“

Sebastian Krumbiegel, Sänger der Band „Die Prinzen“, zeigt sich bei Maischberger besorgt über die Wahlergebnisse in den ostdeutschen Bundesländern. Es gebe trotz des SPD-Sieges in Brandenburg und des ebenso knappen CDU-Gewinnes in Sachsen keinerlei Grund zu sagen: „Hey, ist ja nochmal gut gegangen“. Man müsse viel stärker über die Ziele der AfD aufklären. Die Streitigkeiten unter den demokratischen Parteien müssten aufhören, fordert der Musiker.

Generell gäbe es dramatische Probleme wie den Klimawandel, die gelöst werden müssten, so Krumbiegel später. „Eigentlich brennt der Planet und was machen wir? Wir hauen uns gegenseitig die Rübe ein“, sagt er unter Applaus des Publikums.

Der 58-Jährige war bereits nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zu Gast in einer Talkshow gewesen. Bei Markus Lanz im ZDF hatte er ebenfalls mit eindringlichen Worten vor der AfD gewarnt. Der Ostdeutsche hatte beschrieben, wie weit sich faschistisches Gedankengut in Teilen Thüringens und Sachsens durchgesetzt habe und wie offen Neonazis inzwischen auftreten. „Was da auf den Straßen los ist und was da wirklich an Faschismus passiert, der mittlerweile in die Mitte der Gesellschaft gerückt ist – ihr habt keine Ahnung, was da wirklich auf uns zurollt!“, sagte Krumbiegel.