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Maja Göpel bei der lit.CologneWarum gesellschaftlicher Mut zur Verändeurng rasant unterschätzt wird

Lesezeit 4 Minuten
Maja Göpel

Maja Göpel und Friedemann Karig disktutieren im WDR Funkhaus über die aktuelle politische Lage.

Die Politologin Maja Göpel spricht bei der Lit.Cologne mit Friedemann Karig über die aktuelle politische Lage, Werte und den Mut zur Veränderung.

Als sie die Szene zwischen Selenski, Trump und Vance aus dem Oval Office gesehen habe – da habe sie geweint, angesichts dieser „Ausgeburt von Boshaftigkeit.“ Das sagt Maja Göpel spät an diesem Abend. Eigentlich forscht die Politologin zu gesellschaftlichem Wandel - und was ihn ausbremst. Gerne wird sie als Optimistin, als Hoffnungsträgerin bezeichnet – immer einen Schritt voraus, eine Verfechterin von positiver gesellschaftlicher Veränderung.

So ist auch die lit.Cologne-Veranstaltung am Dienstagabend ihrem neusten Buch mit dem vielversprechenden Titel „Werte – Ein Kompass für die Zukunft“ gewidmet, in dem sie Werte als ein Kontinuum in stürmischen Zeiten herausarbeitet, die uns die Richtung für grundlegende Veränderungen weisen können. Denn, um unseren Wohlstand zu bewahren, braucht es mehr als rein wirtschaftlich gute Zahlen, sagt die Ökonomin. Eine echte Verbesserung der Lebensbedingungen gelinge nur, indem das Soziale und Ökologische gleichermaßen mitgedacht werden.

Optimismus aktuell auch für Maja Göpel große Herausforderung

Abgegeben hat Maja Göpel das Buch kurz vor der Trump-Wahl. Seitdem, ist die Weltlage, vorsichtig formuliert, nicht gerade rosiger geworden. Vieles hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits abgezeichnet, etwa, dass es „eine dumme Idee war, Trump zu wählen.“ Anderes wiederum konnte man sich selbst mit der blühendsten Fantasie schwer ausmalen.

Optimistisch über unser Zusammenleben und Lösungen nachzudenken, das ist in diesen Zeiten äußerst herausfordernd, wie der Moderator des Abends, Friedemann Karig, betont. Ja, selbst einer Maja Göpel, fällt da ein optimistischer Blick in die Zukunft schwer – wie man immer wieder spürt. Völlig verständlich, angesichts der historisch besorgniserregenden Lage. Und so ist dieser Abend vor allem ein Versuch, die Geschehnisse, die sich seit November zu überschlagen scheinen, einzuordnen. Das Publikum im ausverkauften Sendesaal des WDR-Funkhauses nimmt das dankend an.

Das Finanzpaket zeigt, was möglich ist, wenn wir zusammenarbeiten

Natürlich geht es dabei viel um Außenpolitik und Trump, aber auch den Wahlkampf, dessen Ergebnis und selbstredend auch die jüngsten Ereignisse, sprich das Finanzpaket. Das hätte man, so Göpel, nachdem sie viel Frust über den Stil der Union und insbesondere Merz herausgelassen hat, auch einfacher haben können, ohne dabei Misstrauen und Populismus zu schüren. Jetzt, wo sich aber die Gelegenheit dazu biete, müsse man eben auch die Größe haben, nicht im Weg zu stehen und im Sinne der Gesellschaft handeln, wie es die Grünen getan hätten. Das sei eine spannende Wende, die zeige, was wir bewirken können, wenn wir zusammen, statt gegeneinander arbeiten. 

Nicht nur in den USA, auch in der Schärfe des deutschen Wahlkampfes, zeichnet sich eine Verrohung der Umgangsformen ab – im Großen wie im Kleinen, vom Oval Office bis in die U-Bahn. Seitdem Göpel ihr Buch über Werte geschrieben hat, sei deshalb „eigentlich der größte Schock, dass Werte nichts mehr wert sind.“ Populisten und Extremisten deuten Begriffe wie Freiheit oder Wahrheit immer radikaler für ihre Zwecke um. Dem müsse man gegenhalten, fordert sie. Indem wir das als Strategie sichtbar machen und diese Werte zugleich in ihrem eigentlichen Sinne aufrechterhalten.

Gesellschaftlicher Mut zur Veränderung wird rasant unterschätzt

Eine typische Reaktion auf die aktuelle Dauerkrise sei dabei, wenigstens noch das Beste für sich selbst herausschlagen zu wollen. Hinzu komme das Phänomen der Gruppenblindheit, also, dass wir nachgewiesenermaßen signifikant falsch einschätzen, wie die Anderen zu einem Thema denken. Das wiederum führe dazu, dass der gesellschaftliche Mut zur Veränderung rasant unterschätzt werde, weil sich für viele der eigene Aufwand erst lohne, wenn auch die Mehrheit mitziehe. Doch genau das sei höchst problematisch, weil sich gesellschaftliche Probleme eben nicht im Alleingang lösen lassen. Nur viele kleine Schritte können laut Göpel Großes bewegen.

Am Ende ist dieser Abend deshalb auch ein Plädoyer an jeden Einzelnen, aktiv zu werden und sich zu verbünden. An die Politik richtet die Autorin den Appell, die Menschen und ihre Belange ernstzunehmen, sie einzubeziehen. Den Kopf in den Sand zu stecken, das ist für Maja Göpel, trotz allem, niemals eine Option, denn: „Aus jedem Problem gibt es einen ersten Schritt.“


„Werte - Ein Kompass für die Zukunft“, ist im Brandstätter Verlag erschienen. 144 Seiten kosten 22 Euro.