Die Kölner Galeristin Marietta Clages über die DC Open, die Arbeit der Galerien und das „Desaster“ gestrichener Wirtschaftsförderung in NRW.
Marietta Clages zur DC Open„Die NRW-Landesregierung versteht nicht, was wir leisten“
Frau Clages, Sie gehören zum Beirat der DC Open, der gemeinsamen Eröffnung Kölner und Düsseldorfer Galerien zur Herbstsaison. Was macht der Beirat? Entscheiden Sie darüber, wer teilnehmen darf und wer nicht?
Genau. Allerdings gibt es im Grunde kein Ausschlussverfahren, es sei denn, eine Galerie wird nicht professionell geführt. Es gilt bestimmte formale Mindestkriterien zu erfüllen, etwa bei den Öffnungszeiten. Jedes Ausstellungsprojekt zu den DC Open wird gemeinsam bewertet. Darüber hinaus maßen wir uns als Beirat keine Urteile über das Programm der teilnehmenden Galerien an. Gerade die Vielfalt macht die DC Open aus.
Braucht es denn solche Ereignisse wie eine gemeinsame Eröffnung oder eine Kunstmesse, um die Sammler von der Couch zu locken?
Davon bin ich felsenfest überzeugt. So ein Auftakt entwickelt eine besondere Dynamik. Die Sammler und Kuratoren kommen alle aus ihrer Sommerfrische zurück und sind neugierig, was es gibt. Die Leute wollen Kultur, und sie wollen vielleicht auch ein von außen vorgegebenes Event.
Macht sich die DC Open direkt im Umsatz bemerkbar?
Das kann man so pauschal nicht sagen, das ist bei jeder Galerie anders. Wir sind als Galeristen nicht davon abhängig, das ganze Jahre ist wichtig. Aber die DC Open hat eine besondere Prominenz und beschert uns eine größere Öffentlichkeit als eine einzelne Ausstellung. Gemeinsam sind wir stärker, das gilt auch fürs Marketing.
Als die DC Open vor 16 Jahren gegründet wurde, sah der Kunstmarkt im Rheinland noch anders aus. Die Art Cologne kämpfte darum, verlorenes Renommee wiederzugewinnen, und die Art Düsseldorf gab es noch nicht. Wo steht der rheinische Kunstmarkt heute?
Ich bin ein großer Fan des Rheinlands. Natürlich gab es auch bei uns die Überlegung, nach Berlin zu gehen. Ich habe die große Abwanderung damals miterlebt und versucht dagegenzuhalten. Wir haben die Kooperation Koelngalerien gegründet und die DC Open, das hat gewirkt. Heute ist wieder mehr Leben drin. Es gibt jetzt zwei Kunstmessen im Rheinland, das heißt ja schon was. Und die Berliner Galerien stimmen ihre Termine mit uns ab, damit wir einander nicht in die Quere kommen.
Das Gallery Weekend in Berlin ist ein internationales Großereignis. Kann die DC Open da mithalten?
Wir liegen an den Rändern von Holland, Belgien und Luxemburg und erfreuen uns in diesen Ländern großer Aufmerksamkeit. Außerdem haben wir eine Kooperation mit dem Münchner Galerienwochenende Various Others, unter anderem bieten wir eine Art Austauschprogramm für Kuratoren an.
Schaut man in den Beneluxländern ins Rheinland?
Auf jeden Fall. Für uns und für die meisten Kollegen ist Brüssel ein wichtiger Anker. Es könnte aber noch intensiver sein. Die Rheinländer sind sehr neugierig und reisefreudig. Die Belgier nicht ganz so sehr. Auch die New Yorker Sammler kamen früher nach Köln. Heute leider nicht mehr so oft. Aber wir hoffen, das wieder verändern zu können.
Aktuell sieht es nicht danach aus. Die Megagalerien, die wichtige internationale Sammler anziehen, kommen nicht mehr zur Art Cologne.
Ich kann nicht für den Beirat der Art Cologne sprechen. Aber ich glaube, wenn wir eine solide DC Open machen und es eine solide Kölner Kunstmesse gibt, ist das auch für internationale Sammler interessant. Die kleineren Galerien sind der Nährboden der Kunstwelt. Wir bauen Künstler auf, bringen sie auf den Weg und führen sie eines Tages vielleicht dem großen Markt zu. Das ist grundlegende Kulturarbeit. Leider wird das bei der NRW-Landesregierung nicht so gesehen.
Das müssen Sie bitte erklären.
Wenn das Wirtschaftsministerium in NRW seine Förderung für die DC Open, wie jetzt geplant, massiv zusammenstreicht, dann ist vieles nicht mehr möglich. Das ist ein Desaster. So wird eine ganze Szene künstlich trockengelegt. Im Ministerium wird aktuell gar nicht verstanden, was wir Galerien leisten. Die denken, wir sind alle wahnsinnig reich und haben nur mit Millionären zu tun. Dabei geht es hier um einen mittelständischen Wirtschaftsfaktor – und um Kulturförderung auf allerhöchstem Niveau.
Warum dringen Sie mit Ihren Argumenten nicht durch?
Unsere Relevanz wird in den zuständigen Stellen nicht gesehen. Wir wünschen uns daher Gespräche auf höchster Ebene, um unsere Arbeit erklären zu können. Die beiden Städte Köln und Düsseldorf unterstützen uns weiterhin. Aber es ist wichtig, dass sich auch das Land weiterhin engagiert.
Sie sprechen nur vom Wirtschaftsministerium. Gibt es Hilfe aus dem Kulturministerium?
Das ist überschaubar. Aber es geht vor allem um das Wirtschaftsressort, das die DC Open 16 Jahre lang gefördert hat. Seit kurzem wird leider ein Projekt nach dem anderen gekürzt oder gestrichen.
Auf Bundesebene haben die Galerien einen Erfolg gefeiert: Die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Kunstwerke soll wieder eingeführt werden.
Das ist eine große Erleichterung für uns. Sie müssen sich die Kunstwelt wie eine Pyramide vorstellen: Es gibt 1000 Künstler, 100 Galerien und zehn Sammler. Da wird die Luft dünn.
Zurück zur DC Open. Was zeigen Sie in Ihrer Galerie?
Wir zeigen Werke des in Paris lebenden spanischen Künstler Juan Pérez Agirregoikoa, in denen es um den neuen weltweiten Faschismus geht. Auf Gemälden sind vermeintliche Selbstmörder auf Pferden und mit einer Schlinge um den Hals zu sehen, ein Trickfilm zeigt das Schwanensee-Ballett mit zu Haken gekreuzten Beinen.
Auf welche Ausstellungen der Kollegen sind Sie besonders gespannt?
Isa Genzken bei Buchholz und Julia Scher bei Drei. Ich gehe immer gerne herum, auch zu Kenny Schachter bei Nagel/Draxler. Diese Ausstellungen werde ich mir auf jeden Fall ansehen.
Sie haben nur Kölner Galerien genannt. Schauen Sie auch nach Düsseldorf?
Ja, unbedingt. Das Programm bei Konrad Fischer begeistert mich zum Beispiel immer.
„DC Open“, Gemeinsame Eröffnung Kölner und Düsseldorfer Galerien, 30. August bis 1. September.