Am Mittwochabend ließ Markus Lanz im ZDF über den Iran diskutieren. Gazelle Sharmahd berichtete von der Situation ihres Vaters.
Todesurteil für Deutsch-Iraner SharmahdIsolation, Schmerzen – Tochter berichtet bei Lanz von entsetzlicher Folter des Vaters
Im ZDF-Talk von Markus Lanz ging es am Mittwoch um die Situation im Iran. Seit Monaten dauert die Revolte gegen das Mullah-Regime dort an, der Protest der Bevölkerung wird mit harter Hand unterdrückt. Immer mehr Todesurteile ergehen – so auch gegen den Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd. Dieser wurde im Sommer 2020 in Dubai entführt. Ein Revolutionsgericht machte den 67-Jährigen in einem umstrittenen Prozess unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich und verurteilte ihn zum Tode. Die Bundesregierung wies als Reaktion auf das Todesurteil zwei iranische Diplomaten aus.
Seine Tochter Gazelle Sharmahd kritisiert seit Wochen die Bundesregierung hart für die in ihren Augen lasche Haltung und verlangt mehr politische Konsequenzen. Am Mittwoch ist sie bei Lanz zugeschaltet und wiederholt ihre Vorwürfe. Neben Sharmahd diskutieren die Autorin Gilda Sahebi. Die Deutsch-Iranerin hat ein Buch über die von Frauen ausgehende Proteste im Land geschrieben. Neben Sharmahd und Sahebi sind Friedrich Merz (CDU) und Sebastian Fiedler (SPD) zu Gast.
Gazelle Sharmahd: Mein Vater Djamshid wird im Iran gefoltert
Gazelle Sharmahd berichtet in bewegenden Worten über die unerträgliche Situation ihres Vaters im Gefängnis in Teheran. Djamshid Sharmahd sitzt seit fast 1000 Tagen in Isolationshaft, ein Kontakt zu seinen Angehörigen ist fast nicht mehr möglich. Im ersten Jahr seiner Haft gab es noch gelegentlich Anrufe, im vergangenen Jahr habe er aber nur zweimal mit seiner Frau sprechen dürfen, 2023 nur einmal.
Der 67-Jährige sei an Parkinson erkrankt, er habe 20 Kilogramm abgenommen, seine Zähne seien ihm ausgefallen, ergänzt Lanz. Gazelle Sharmahd bestätigt das, sagt aber auch, diese Informationen stammten noch aus dem ersten Jahr seiner Haft. Inzwischen wisse man noch weniger.
„Man muss ein bisschen zwischen den Zeilen lesen. Er sagt uns dann 'Ich habe heute Brei gegessen, weil ich keine Zähne mehr habe'. Und sobald wir nachfragen 'Warum hast du keine Zähne mehr?', kann er darauf nicht antworten“, berichtet Gazelle Sharmahd. Dann müsse man auf das nächste Gespräch warten, in dem ihr Vater dann gesagt habe, seine Zähne seien „gebrochen“. Damit wolle er andeuten, dass er gefoltert werde.
Er sei in kompletter Isolation, könne nicht unterscheiden, ob Tag sei oder Nacht, er bekomme seine Medikamente gegen Parkinson nicht oder zu spät. Dies führe dazu, dass er Schmerzen habe und nicht atmen könne. Es drohe ein Herzstillstand. „Ihm geht es schrecklich“, sagt die verzweifelte Tochter, „und jetzt wollen sie ihn auch noch hinrichten, öffentlich!“
Gazelle Sharmahd: „Es geht darum, dass ein Mensch entführt wurde und gehängt werden soll“
Gazelle Sharmahd bezeichnet ihren Vater als Geisel des iranischen Regimes und klagt die Bundesregierung an, die sich mit den Geiselnehmern an einen Tisch gesetzt habe. Sie bezieht sich auf die jüngste Sitzung des UN-Menschenrechtsrates in Genf. „Es ist einfach so verrückt, wie wir mit Terroristen umgehen und die einfach nicht als Terroristen sehen oder sehen wollen“, so Sharmahd.
Zum Glück sei man nun aufmerksamer, aber die Berichterstattung über ihren Vater irritiere sie teilweise immer noch. Es werde immer noch ein „besserer Prozess“ gefordert, den er bekommen solle. Aber es gehe darum, „dass ein Mensch entführt wurde und gehängt werden soll“, sagt sie.
Gilda Sahebi: Europa ist naiv dem iranischen Terrorregime gegenüber
Auch Gilda Sahebi kritisiert eine „unverständliche Nähe“ zum iranischen System, die über Jahre zu beobachten gewesen sei. Dabei tanze es allen auf der Nase herum. Bis 2015 seien vor allem US-Staatsbürger inhaftiert worden, seit 2015 aber würden hauptsächlich Europäer als Geiseln genommen.
Das iranische Terrorregime agiere mit langem Arm auch im Ausland. So habe vor einigen Woche der Exil-Sender „Iran International“ wegen Terrorgefahr von London nach Washington umziehen müssen. „Es gab keinerlei Aufregung oder Aufmerksamkeit“, konstatiert Sahebi bitter. Hätte es sich um Al Kaida oder den IS gehandelt, wäre dies sicherlich anders gewesen. „Es wird ignoriert, das hat auch mit einer ganz großen Naivität zu tun, so Sahebi. (cme)