Talk bei Markus LanzFaeser über Amokfahrer: „Oft straffällig aufgefallen“
Hamburg – Die Todesfahrt in Berlin hat am Mittwoch ganz Deutschland schockiert. Für Talk-Moderator Markus Lanz Grund genug, die eigentlich geplante Gesprächsrunde umzukrempeln und mit spontan eingeladenen Gästen über die Amokfahrt sowie über das Thema Datenüberwachung zu sprechen.
In der Sendung diskutieren neben Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auch Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs, der Journalist Michael Bröcker sowie Julia von Weiler von der Kinderhilfsorganisation „Innocence in Danger“.
Faeser über Fahrer in Berlin: „Oft straffällig aufgefallen“
Nachdem Faeser, die direkt aus Berlin zur Aufzeichnung in Hamburg angereist war, den Angehörigen der getöteten Lehrerin ihr Mitgefühl ausgedrückt und den schwerverletzten Schülern gute Besserung gewünscht hatte, wollte Moderator Lanz von wissen, ob es sich bei der Todesfahrt um einen „Unfall oder eine vorsätzliche Tat“ gehandelt habe.
Eine eindeutige Antwort vermochte Faeser angesichts der am Abend noch dünnen Informationslage nicht zu geben. Laut Berliner Polizei deute „etwas darauf hin, dass es vorsätzlich gewesen sein könnte – aber eben nur könnte, wir wissen es noch nicht genau.“
Sie bestätigte die Information, dass kein Bekennerschreiben im Auto gefunden wurde. Es wurden Flugblätter, die sich gegen die Türkei richten, gefunden. Diese hätten aber offenbar keinen direkten Bezug zur Tat. Der Fahrer sei „oft straffällig aufgefallen“, viel mehr wisse Faeser über „den Täter“ nicht.
Journalist Michael Bröcker nannte anschließend noch mehr Details. Seinen Informationen zufolge habe der Fahrer „20 Delikte in seiner Akte“, dabei handele es sich vor allem um Körperverletzungen „im schweren und mittelschweren Maße“, so Bröcker, der von einem „sehr gewaltbereitem Mann“ sprach. Er warf anschließend die Frage auf, ob angesichts des langen Vorstrafenregisters nicht früher etwas hätte passieren müssen. Diskutiert wurde dies in der Folge allerdings nicht, laut Faeser lag bei dem Mann keine Gefährdungseinstufung vor.
Von der Todesfahrt in Berlin zum Krieg in der Ukraine
Damit war der kurze Themenkomplex zu Berlin bereits abgeschlossen, die Runde diskutierte im Anschluss über den Krieg in der Ukraine. Ein Schwerpunkt war dabei der Cyberwar, also Kriegsführung im Internet. Chaos Computer Club-Sprecher Linus Neumann vertrat hierbei als Experte die Auffassung, dass die Gefahr russischer Sabotage durch Hacker auch in Deutschland präsent sei.
Faeser versicherte, dass die Bundesregierung in diesem Bereich bereits aufrüste und sich gegen mögliche Cyberangriffe wappne.
Faeser will Thema „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ angehen
Anschließend wurde zum Hauptthema der Sendung übergeleitet, das Lanz einführend als „neuer Abgrund, der sich auftut“, bezeichnete.
Nach den jüngst publik gewordenen massenhaften Fällen von sexualisiertem Kindesmissbrauch in Wermelskirchen diskutierten die Gäste über sexualisierte Gewalt gegen Kinder. Das sei nicht mit Kinderpornografie zu verwechseln, stellte Faeser fest. Das Thema sei ihr „Herzensangelegenheit“, sie gab an, es „ganzheitlich angehen“ zu wollen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Wie jedoch machen die Gesetzeshüter Missbrauchstäter am effektivsten dingfest? Dazu vertraten zwei Gäste bei Lanz sehr unterschiedliche Ansichten. „Digitalisierung hat das Phänomen sexualisierter Gewalt extrem verändert“, sagte Psychologin Julia von Weiler, die die Kinderhilfsorganisation „Innocence in Danger“ leitet.
Missbrauchsdarstellungen würden über Messengerdienste, E-Mails und Chats sowie über Plattformen wie Tiktok, Jahr für Jahr dramatisch zunehmen. Dort brauche es mehr Kontrolle, aktuelle Pläne der EU-Kommission diesbezüglich lobte sie.
Faeser und Neumann einig: Massenüberwachung nicht die Lösung
Kritik an einer Überwachung sämtlicher digitaler Dienste kam hingegen von Neumann: Eine solche „Massenüberwachung“ von hunderten Millionen Kommunikationen pro Tag sei ineffektiv, zu teuer und würde mit einer sehr hohen Fehlerquoten einhergehen. Zustimmung erhielt er von Faeser, die die Initiative der EU-Kommission zwar unterstütze, die „Verhältnismäßigkeit an dieser Stelle“ aber als „nicht gegeben“ einschätzte.
Sie befürworte es hingegen, IP-Adressen, die konkreten Nutzern zuzuordnenden sind, länger zu speichern, sodass pädophile Täter identifiziert werden könnten.