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„Metropol“ am Schauspiel KölnSo unterhaltsam kann der Große Terror sein

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Szene aus „Metropol“ 

Köln – Es war doch nur ein Grammophon, das Charlotte einem Bekannten geliehen hat. Der jedoch, erfährt sie während eines Schwarzmeerurlaubs, hat sich gerade in einem Schauprozess als des Verrats am russischen Volk schuldig bekannt und ist auch bereits erschossen worden.

Zurück in Moskau erhalten Charlotte und ihr Mann Wilhelm prompt den Befehl, sich im Hotel Metropol einzuquartieren, direkt gegenüber des Bolschoi-Theaters. Der Jugendstil-Palast beherbergt Ehrengäste der Partei – Wand an Wand mit Charlotte wohnt der Schriftsteller Lion Feuchtwanger – aber auch viele Exilanten, die in Ungnade des Regimes gefallen sind und hier auf ihren Prozess warten.

Regie: Armin Petras

Bühne: Olaf Altmann

Kostüme: Cinzia Fossati

Musik: Sven Kaiser

Mit: Yvon Jansen, Ronald Kukulies, Nikolaus Benda, Sabine Waibel, Benjamin Höppner, Lola Klamroth, Simon Schwan

Termine: 14.10.; 13., 28. 11., Depot 2, 160 Min., eine Pause

Eben diese Situation nimmt Olaf Altmanns Bühnenbild auf, ein mit Stühlen und Tischen gemustertes Quadrat. Die Figuren müssen sich mühevoll durch diesen Kafka-Wartesaal lavieren, das geht unmöglich ohne anzustoßen, Freiräume gibt es nicht mehr, nur Enge.

Eugen Ruge erzählt in „Metropol“ die Geschichte seiner Großeltern, überzeugte Kommunisten, die vor den Säuberungsaktionen der Nazis in die Sowjetunion geflohen waren, direkt in die Würgearme von Stalins Großen Terror. Etwa anderthalb Millionen Menschen wurden damals verhaftet und rund die Hälfte von ihnen erschossen.

Viel geraucht und getrunken

Regisseur Armin Petras hat Ruges Roman nun für die Bühne bearbeitet. Statt ihn in indirekter Rede nachzuerzählen, löst Petras die Handlung in einzelne kurze Spielszenen auf, klaustrophobische Familiendramen im Zimmer 479 des Metropol oder im Wohnheim der Komintern, aufgeblasene Oper im Bolschoi, der Kampf ums tägliche Dasein in den Endlosschlangen vor den Läden. Es wird viel geraucht und getrunken, man ist nervös.

Zwischen den Szenen leuchten eine kleine Hammer-und-Sichel-Flagge und ein Stalin-Porträt in der Dunkelheit und Sven Kaiser spielt dazu Schostakowitsch, Parteihymnen und stalinistische Kinderlieder in misstönender Übersteuerung. Derart aufgesplittet verliert der Stoff zwar ein wenig von seiner paranoiden Schärfe – gewinnt dafür aber an Unmittelbarkeit. Zumal er mit Yvon Jansen die Idealbesetzung für Charlotte gefunden hat, eine reine Utopistin, die sich selbst in dunkelsten Zeiten weigert, die Hoffnung aufzugeben. Nervös ist sie schon, aber sie freut sich über den Luxus des Hotels, in dem es manchmal sogar warmes Wasser gibt.

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Während Roland Kukulies’ Wilhelm schon bald in tiefe – völlig berechtigte – Depressionen versinkt, rennt sie leuchtenden Auges in Eiseskälte Kartoffeln und pappbesohlten Winterschuhen hinterher und glaubt so fest an ihre Rehabilitation wie an das kommende sozialistische Paradies.

Ihr abgeklärtes Gegenbild ist Hilde Tal (Sabine Waibel), die erste Frau ihres Mannes, die zusammen mit ihrem zweiten Mann Julius (Benjamin Höppner) beim Nachrichtendienst arbeitet und Charlotte wohl denunziert hat. Für die hundertprozentige Stalinistin ist der Weg zum Paradies zwangsläufig mit Leichen gepflastert, doch auch sie wird vom Terror eingeholt und endet mit einer Kugel im Kopf. Waibel beim allmählichen Zerbröckeln der harten Schale zuzuschauen, ist jedenfalls großes Theater.

Wassili Wassiljewitsch Ulrich, den Vollstrecker dieser Todesurteile spielt Nikolaus Benda in Fatsuit und hitleresker Gummimaske – ein Apparatschik. Die Männer, die er verfolgt und deren Frauen er mit falschen Versprechungen Sex abpresst, sind Überzeugungstäter. Sie glauben an eine bessere Zukunft. Er nicht. Eine bittere Wahrheit, die Petras mit hohem Unterhaltungswert serviert.