Monheim Triennale mit Robert LandfermannAlles ist im Fluss
Monheim – Es gibt viele gute Gründe, Robert Landfermann zu feiern. Ende April erhielt er den Deutschen Jazzpreis in der Kategorie „Bass“, einen Monat später wurde er 40 Jahre alt, da hatte er gerade seinen Vertrag als Professor für Bass an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz unterschrieben. Was nicht nur ein Glücksfall für die Hochschule ist, sondern für die Jazzstadt Köln insgesamt.
Tatsächlich ist Robert Landfermann einer der europaweit wichtigsten und innovativsten Improvisatoren sowohl im modernen Jazz als auch in der experimentellen Avantgarde. Im Rahmen der Monheim Triennale (22.-26.6.) präsentiert er nun sein besetzungsmäßig bislang größtes Werk „Rhenus“. „Ich habe mir dafür Musizierende ausgesucht“, sagt Landfermann, „mit denen ich ohnehin viel spiele, allerdings jeweils ganz unterschiedliche Musik. Wie auf einer klanglichen Farbpalette unterstützen sie nun gemeinsam sehr verschiedene Aspekte von mir.“
Die Monheim Triennale
Die Monheim Triennale (22.-26.6.) ist ein neues Musikfestival, auf dem stilübergreifend wegweisende künstlerische Positionen der Aktuellen Musik hörbar werden und miteinander in Verbindung treten. Künstler*innen aus aller Welt wurden zur Entwicklung exklusiver „Signature“-Projekte eingeladen, u.a. auch Robert Landfermanns, dessen Komposition „Rhenus“ am 24.6. aufgeführt wird.
Die weiteren „Signature“-Projekte in Monheim:22.6. Marcus Schmickler „Entwurf einer Rheinlandschaft“23.6. Greg Fox „Quadrinity+“ / Marcus Schmickler „Lehn/Schmickler meet Corsano“ / Farida Amadou meets Camae Ayewa aka „Moor Mother“ /Stian Westerhus Trio24.6. Ava Mendoza meets SUE-C / Phillip Sollmann X Oren Ambarchi X Konrad Sprenger / Sofia Jernberg „Hymns and Laments“ / Sam Amidon Band & Very Special Guest Marc Ribot / Colin Stetson „EX EYE“ with Bríghde Chaimbeul25.6. Kris Davis „Emergence Quartet“ / Park Jiha „The Gleam“ / Jennifer Walshe’s „Bizarre Supergroup“ with Matmos and Wobbly / Ingrid Laubrock „Dreamt Twice, Twice Dreamt“ / Colin Stetson + /Hibo Elmi aka Hibotep with Nihiloxica: „Ruhan“
Neben den „Signature”-Projekten geben alle Beteiligten weitere Konzerte in unterschiedlichen Besetzungen. Alle Infos unter
Dabei bezieht sich der Titel „Rhenus“ weniger auf den antiken Namen des Rheins, auch wenn Landfermann dies durch seine Geburt im rheinnahen Oberwinter sowie seine berufliche Verortung in Köln durchaus mitgedacht haben dürfte.
Nichts ist statisch
Entscheidender ist, dass sich in die Ausdruckstiefe des Projekts viele seiner musikalischen Wesenszüge eingeschrieben haben. Nichts daran ist statisch, alles ist im Fluss, verändert und entwickelt sich. Landfermann: „Mir wurde klar, dass ich die Bandbreite, die ich musikalisch abdecken will, nur bei bestimmten Leuten finde: die lyrische Ausdruckskraft des Saxofons bei Sebastian Gille, das Kammermusikalische bei der Harfenistin Katrin Pechlof, die Energie bei den Schlagzeugern Christian Lillinger und Jonas Burgwinkel, die sowohl das Harmonische als auch das Freie abbilden und virtuos mit Geräuschen sowie rhythmischen Changes improvisieren.“
Landfermann spielte mit Stars wie John Scofield, Lee Konitz, Yo-Yo Ma, Joachim Kühn, Django Bates, Ralph Towner, Chris Potter, Tomasz Stanko und Barre Philips, vor allem aber ist er seit 15 Jahren Mitglied des Pablo Held Trios, in dem die Instrumentalisten Held, Landfermann und Burgwinkel stets gleichberechtigt miteinander kommunizieren. Gerade dieses mitreißende Interagieren, das einander Zuhören sowie das spontane Antworten, ist prägend für Landfermanns Musikverständnis.
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Vergleichbar, stilistisch gleichwohl völlig anders findet es sich auch im Trio Grünen mit Pianist Achim Kaufmann und Schlagzeuger Christian Lillinger sowie im Ensemble Emißatett der Cellistin Elisabeth Coudoux. Kaum ein Jazz-Bassist arbeitet so virtuos streichend mit dem Bogen wie Landfermann, wovon die Zwiesprache mit Elisabeth Coudoux‘ Cello ebenso zeugt wie die ähnlich freien Klanggebilde mit Frank Gratkowski, Philip Zoubek und Dominik Mahning oder die aktuelle Zusammenarbeit mit Pianist Elias Stemeseder und Schlagzeuger Leif Berger.
Nicht minder fesseln die feinen Interaktionen von Katrin Pechlofs Harfe und Landfermanns sonorem Pizzicato-Spiel. Dritter im Bunde dieses Trios ist Saxofonist Christian Weidner, der anlässlich des anstehenden Monheim-Konzerts schrieb: „Das komponierte Material Landfermanns reicht von hochkomplexen Strukturen und Texturskizzen bis zu inniger Melodie. In dieser vielfarbigen Klangwelt werden er und sein Ensemble bestens aufgehoben sein – und in ihr und über sie hinaus improvisatorisch auf Reisen gehen.“
Rückkehr nach Köln ist emotional
Durch die Kölner Professur sieht Landfermann sein musikalisches Wirken kaum bis gar nicht eingeschränkt. Schon seit langem bringt er Musik und Lehre zusammen, unterrichtete an der Folkwang Universität der Künste, hat seit 2019 eine Professur an der Musikhochschule Mannheim, die er nun abgibt.
Die Rückkehr an die Kölner Hochschule, wo er von 2002 bis 2009 bei Dieter Manderscheid studierte, ist für ihn „emotional wahnsinnig aufgeladen“: „Als ich an die Hochschule kam, ist einfach alles explodiert, die ganze Welt hat sich für mich geöffnet. Jetzt kann ich etwas davon zurückgeben.“
Von seinen Lehrern Gunnar Plümer in Essen und Dieter Manderscheid in Köln habe er bereits viel übers Unterrichten erfahren. „Die größte Herausforderung ist, richtig einzuschätzen, wie und wann man jemandem am besten hilft. Man muss die Leute dahingehend begleiten, dass sie nicht nur etwas nachspielen wollen, das wäre eher nur das Handwerk, aber es ist ja eine künstlerische Ausbildung. Erst wenn sie das Gespielte zu ihrem Eigenen machen und daraus etwas Neues kreieren, ist der Prozess abgeschlossen.“
Nichts ist jemals abgeschlossen
Wobei nie etwas abgeschlossen ist, erst recht nicht für Robert Landfermann, der jede Form von Stillstand meidet und das „Rhenus“-Projekt eher als weiteren Kreativschritt sieht. Insgesamt habe der Bass in den letzten 20, 30 Jahren eine ungeheure Entwicklung durchlaufen: „Da herrschte lange Zeit die Haltung ‚Du bist groß und stark, nimm dir doch mal den Bass da in der Ecke und spiele einfach was‘.
Seitdem hat sich viel getan, und ich merke da durchaus etwas Köln-Spezifisches, vornehmlich geprägt durch Dieter Manderscheid. Ich selbst hatte immer viel Freude an den Extended Techniques der Neuen Musik, woraus ständig Formen der Mischung und Durchdringung entstehen und so etwas Neues entsteht.“