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„Musik ist ein Lebensmittel“So tickt der neue Manager des WDR-Sinfonieorchesters

Lesezeit 3 Minuten

Sebastian König

Köln – „Meine Aufgabe besteht darin, Programm zu machen und zu ermöglichen, viele Wünsche und Stränge zusammenzuführen, und bei allen technischen Dingen immer eine kreative Ader zu haben, Impulse zu setzen und eine konkrete Vorstellung zu haben, wie das in die richtigen Formen gegossen werden kann“, sagt Sebastian König, der neue Manager des WDR Sinfonieorchesters.

Der 45-Jährige stammt aus Hannover, ist passionierter Chorsänger und studierter Rechtswissenschaftler. Als neuer Manager des WDR Sinfonieorchesters verantwortet er Programm, Vermarktung, Vertrieb, Personalplanung, Rechts- und Vertragswesen des Orchesters. Zuvor arbeitete er in der Geschäftsführung der Berliner Staatsoper und Neuköllner Oper sowie seit 2007 als Manager des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin.

„Kunst ist eigentlich nicht demokratisch, aber sie entsteht am besten, wenn viele Leute ihr Bestes geben können, um die Potenziale des Klangkörpers voll auszuschöpfen“, sagt König. In der Diskussion über künftige Programme steht Sebastian König mit dem Chefdirigenten Cristian Măcelaru und dem WDR-Sinfonieorchester in einem ständigen „Geben und Nehmen“. Im Prozess mit Dirigent und Orchester will er Impulse setzen und Ideen einbringen: „Programmatisch möchte ich ein bisschen anspruchsvoller werden, öfter überraschen, gewagtere Programme machen.“ Der Zuhörer solle neue Impulse aus dem Konzert mitnehmen, zuweilen auch durch neuere Werke: „Kunst tut gut daran, nicht nur zu reproduzieren, sondern auch zu produzieren. Musik sollte etwas über das Heute, das Hier und Jetzt sagen. Das kann mal eher andeutend und assoziativ sein, oder mal ganz konkret, wenn etwa eine Komponistin sagt, dieses Stück ist mein Statement zur Einsamkeit in Corona-Zeiten oder zur Umweltkatastrophe.“

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Der neue Orchestermanager ist kein Freund einseitiger Programme: Hier nur neue Musik, dort nur Klassik, da „Musik der Zeit“, da Aboprogramm. Zwar hat auch das seine Berechtigung. Doch König möchte von diesem Spartendenken etwas wegkommen: „Es geht darum, Inhalte zu vermitteln, Geschichten zu erzählen, vielleicht auch über eine ganze Saison eine thematische Klammer zu setzen. Die Konstellationen machen es spannend.“

Neben Bindung von Publikum ist die Ansprache neuer Kreise wichtig. Das Rundfunkorchester fängt bei „Konzerten mit der Maus“ für Sechsjährige an und mit „WDR@Philharmonie“ geht es für Jugendliche weiter. „Ab dem jungen Erwachsenenalter“, so König, „ist es aber sehr schwierig, die Leute für unsere Kunst zu begeistern. Da müssen wir noch geeignete Vermittlungsformen finden, auch digitale und interaktive Projekte. Wenn uns die Corona-Pandemie eines gelehrt hat, dann dass digital noch wahnsinnig viel geht.“

Die Digitalisierung nutzen

Der Orchestermanager hat damit nicht nur junges Publikum im Blick. Denn auch ältere Menschen sehen sich heute selbstverständlich im Internet Videos von Konzerten an. Weitere Ideen gehen in die Richtung, mit dem WDR-Orchester auch mal an andere Orte zu gehen oder mit DJs und Elektronik zu arbeiten. Aktuell muss König wegen Corona ohnehin viel umplanen.

Weil der internationale Tourneebetrieb nicht mehr läuft, reist das WDR-Orchester kurzfristig mit einem Beethoven-Programm zu Gastspielen nach Stuttgart, Mannheim und Freiburg. Und auch mittelfristig sieht der Orchestermanager Veränderungen des Konzertlebens: „Es wird ein bisschen lokaler, weil der internationale Touring-Jetset aus Amerika und innerhalb Europas ausgebremst ist. Auch Friday for Futures stellen das in Frage. Was aber bleibt und was wir als Rundfunkorchester immer wieder mit unserem Publikum erleben: Musik ist ein Lebensmittel.“