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Ausstellung in KölnWie die Ainu im Norden Japans um ihre Anerkennung kämpfen

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Tanzende Ainu-Frauen

Köln – Es ist nur ein kleines Stück Bambusrohr mit einer kurzen Schnur, doch Kanako Uzawa entlockt ihm ganz erstaunliche Töne. Gar nicht so unähnlich denen eines Vocoders, also jener elektronischen Stimmverfremdungsmaschine, die in der westlichen Popmusik Zukunftsklänge suggeriert. Die Zupfmaultrommel, „Mukkuri“ genannt, verweist jedoch auf eine fast verschüttete Vergangenheit, auf die Ahnen der Künstlerin und Forscherin Kanako Uzawa, die Ainu.

Die lebten ursprünglich als Jäger-Sammler-Gemeinschaften auf den Inseln Hokkaido und Sachalin im Norden Japans, beziehungsweise im Osten der Russischen Föderation, zu der Sachalin seit 1952 gehört. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die Japaner mit der aggressiven Kolonisierung der indigenen Ainu-Gruppen, zerstörten deren Lebensgrundlagen.

Zwangsarbeit statt Jagd

Aus Jägern und Sammlern wurden Zwangsarbeiter; viele Ainu wurden umgesiedelt, ihre Rituale, Kleidungen und Tätowierungen verboten, die Kinder mussten japanische Schulen besuchen und verlernten ihre Muttersprache und ihre Kultur. Erst seit Mai 2019 sind die Ainu als Minderheit offiziell anerkannt.

Im Herbst desselben Jahres wurde eine japanische Delegation im Rautenstrauch-Joest-Museum vorstellig. Sie wollten die Ainu-Sammlungen europäischer Institutionen dokumentieren. Immerhin 203 Ainu-Objekte und 80 historische Fotografien befinden sich im Besitz des Kölner Museums.

Eine Seele in Allem

Der Besuch aus Japan zeitigte die Idee zur kleinen, aber augenöffnenden Ausstellung, die jetzt im RJM eröffnet wurde: „Eine Seele in Allem – Begegnungen mit Ainu aus dem Norden Japans“. Begegnung, das ist ein großes Wort, aber hier fand sie wirklich auf Augenhöhe statt. Die von Annabelle Springer und Walter Bruno Brix kuratierte Schau ist in Kooperation mit dem National Ainu Museum „Upopoy“ auf Hokkaido und mit Vertretern und Vertreterinnen der Ainu entstanden.

So werden hier etwa Forderungen nach der Repatriierung sterblicher Überreste dokumentiert, die Ethnologen aus Gräbern der Ainu gestohlen hatten. In deutschen Museen sollen sich einige Skelette befinden, bislang wurde erst eines aus Berlin nach Japan zurückgeführt.

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Auch hat man darauf verzichtet, Studiobilder zu zeigen, in denen westliche Fotografen Ainu als „edle Wilde“ inszenierten. Stattdessen gibt es neue Fotos zu sehen, in denen sich junge Ainu für die Porträtfotografin Laura Liverani in Szene setzen. Und neben dem spektakulär bestickten „Attush“-Obergewand aus Ulmenbast (19. Jahrhundert) werden die Versuche heutiger Aktivistinnen dokumentiert, die Handwerkstechniken ihrer Vorfahren wiederzubeleben.

Es wird also nicht allein der Stand ethnographischer Erkenntnisse zu Glaubenswelt und Bräuchen der Ainu vermittelt, sondern auch das im Wandel begriffene Selbstbild der Erben dieser zwangsassimilierten, unterdrückten und rassistisch verfolgten Gruppen.

Tänze als Weltkulturerbe

Die jungen Ainu, sagt Kanako Uzawa, müssen ihre Identität erst wieder entdecken. Sie selbst ist zwar in der Ainu-Gemeinschaft von Nibutani auf Hokkaido aufgewachsen, doch ihr Vater ist Japaner, und die Sprache ihrer Vorfahren spricht sie nicht. Denn die existiert nur noch als Zweitsprache, die man in Abendkursen erlernen kann. Es gibt auch einen Youtube-Kanal, der Ainu lehrt.

Uzawa interpretiert auf Videos traditionelle Ainu-Tänze neu – welche die Unesco seit 2009 zum immateriellen Weltkulturerbe zählt. Allerdings tut sie das vor ungewöhnlicher Kulisse. Das den Ainu nicht unähnliche Schicksal der Volksgruppe der Samen führte die junge Doktorandin nach Skandinavien, bis heute lebt sie im Norden Norwegens und betreibt von hier aus die Webseite „www.ainutoday.com“. „Unsere kollektive Identität“, sagt Utawa, „existiert unabhängig von dem Ort, an dem wir uns befinden.“

„Eine Seele in Allem – Begegnungen mit Ainu aus dem Norden Japans“ ist bis zum 20. Februar im Rautenstrauch-Joest-Museum zu sehen. Der Eintritt ist kostenlos