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Robert Adams in KölnDas göttliche Licht über der Prärie

Lesezeit 4 Minuten
Eine Landschaft mit Bergen und Wolken.

Ausschnitt aus Robert Adams' Fotografie „The Culebra Mountains Near LA Valley, Colorad“ (1972)

Die Zander Galerie zeigt Fotografien von Robert Adams gemeinsam mit Gemälden von Josef Albers. Moderne Ikonen schufen beide.

„Wäre ich ein Fisch, ich spielte mit den kleinsten Wellen, mit der leichtesten Flut. Meine Malerei ist geräuschlos. Ich versuche, die Stille einer Ikone zu schaffen.“ Josef Albers schrieb dies über seine berühmte „Hommage an das Quadrat“, eine zwischen 1950 und 1976 entstandene Serie von mehr als 2000 Gemälden, auf denen er jeweils vier andersfarbige Vierecke ineinander setzte. Mit seinen zarten Farbkontrasten wurde Albers zum Zen-Lehrmeister der abstrakten Malerei (obwohl er sich von der Geometrie präkolumbischer Ruinen inspirieren ließ) – und wie man jetzt in einer großartigen Ausstellung der Kölner Zander Galerie lernen kann, fand er auch im US-amerikanischen Fotografen Robert Adams einen Geistesverwandten.

Auf seinen Bildern, so Adams, gehe es um die Quelle aller Form: das Licht

Dabei scheinen Adams‘ nicht minder berühmte Bilder wenig mit Ikonen gemein zu haben. Sie zeigen einfache Holzkirchen, Menschen auf Parkplätzen, schmucklose Zweckbauten und immer wieder die von Autobahnen zerschnittene und von ausfransenden Städten zersiedelte Landschaft des amerikanischen Westens. Im Grunde dokumentiert der mittlerweile 87-jährige Adams ein fortwährendes Sakrileg: Vermutlich gibt es für ihn nichts Schlimmeres, als die unvollkommenen Werke des Menschen zu fotografieren, die sich ins Bild der Schöpfung schieben.

Vier gelbliche Quadrate auf einem Bild.

Josef Albers „Study for Homage To The Square: Yes-Also“ (1970)

Und was gäbe es Unvollkommeneres als eine Fertigbausiedlung, die sich wie Ausschlag in die Weite der Prärie frisst? Adams blickt auf die Bebauung von einem Berg herab, wie ein um etliche Jahrzehnte zu spät gekommener Pionier, und rahmt die unter ihm liegende Ebene durch einen V-Ausschnitt aus dunklen Tannen. Den stillen Zauber, der trotz allem über der Landschaft liegt, hat Adams selbst am schönsten erklärt: Diese sei „deshalb so überwältigend, weil sie von der Sonne in derartiger Fülle überströmt wird, dass alle Banalität erlischt“.

Auf seinen Bildern, so Adams, gehe es gar nicht um die hässlichen Spuren der Zivilisation, sondern um „die Quelle aller Form: das Licht“. Dieser Halbsatz könnte auch von Josef Albers stammen, der ein Lichtmaler mit eingebautem Prisma war. Wie die Impressionisten wollte er erkunden, wie ein Farbton mit einem anderen reagiert, und schuf dafür die Rahmenbedingungen einer quasi-wissenschaftlichen und doch mit geradezu religiöser Andacht ausgefüllten Versuchsanordnung. Was für Albers das unendliche Spiel der Farbe miteinander war, ist für den Schwarz-Weiß-Fotografen Adams die unberührte Natur: „In der Prärie“, schrieb er, „herrscht manchmal eine Ruhe, die so absolut ist, dass sie uns erlaubt, wieder von Neuem zu beginnen.“ So wird aus Landschaftsfotografie moderne Ikonenmalerei.

Eine kleine Robert-Adams-Retrospektive ist auch die Kölner Ausstellung

Für seine Begegnung zweier Klassiker hat Thomas Zander mal wieder weder Kosten noch Mühen gescheut – dabei liegt der (erfolgreiche) Kraftakt seiner Robert-Frank-Ausstellung gerade erst hinter ihm. Allein von Adams, der dafür berühmt ist, wenige, dafür aber besonders hochwertige Abzüge zu produzieren, sind in Köln rund 70 Fotografien aus den zentralen, vor allem in den 1960er und 1970er Jahren entstandenen Serien zu sehen. Hinzu kommen zwölf Albers-Gemälde, die Gastkurator Heinz Liesbrock als Leihgaben vermitteln konnte. Mit Liesbrock hat Zander eine Koryphäe für beide Künstler engagiert: Bis 2022 war er Direktor des Josef-Albers-Museums in Bottrop, 2013 holte er die maßgebliche Adams-Retrospektive ins Ruhrgebiet.

Eine kleine Adams-Retrospektive ist auch die Kölner Ausstellung. Sie versammelt selten Gesehenes wie die Stillleben aus Manzanita, Bilder aus der Serie „Our Lives and our Children“, für die Adams Passanten in den Betonwüsten von Einkaufszentren porträtierte, und selbstredend Fotografien wie „The Culebra Mountains Near LA Valley“ (1972), mit denen Adams seinem Ideal unberührter Landschaften wenigstens nahekommt. Eine meditative Ruhe liegt über dem Bild, auf dem Wolken genügend Schatten spenden, um in den Graustufen entfernte Verwandte von Albers‘ quadratischen Farbkontrasten erkennen zu können.

Adams' Aufnahmen weißer Holzkirchen waren bei Zander bereits bei einer anderen Gegenüberstellung zu sehen. 2014 stellte er Arbeiten des Fotografen gemeinsam mit Bauskizzen des Kölner Architekten Rudolf Schwarz aus – bei einer Urlaubsreise hatte Adams in dessen Kirchen „leuchtende Räume“ entdeckt, so „friedlich und weiß“, dass ihm das Licht und die Stille dort „wie Sakramente“ erschienen. Friedlich und weiß sind auch die von Adams fotografierten Holzkirchen seiner Heimat, wobei das Licht auf seinen Bildern einen ins Unendliche ausfransenden Raum definiert, der offensichtlich nicht von einem irdischen Baumeister stammt. Wenn es in Adams‘ Linse fällt, gleicht dies einem Gnadenakt.


„Robert Adams & Josef Albers: Die Entdeckung der Form“, Zander Galerie, Schönhauser Str. 8, Köln, Di.-Fr. 11-18 Uhr, Sa. 11-17 Uhr, bis 9. Mai 2025. Eröffnung: Samstag, 22. März, 15-18 Uhr. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in Steidl Verlag.