Hürth – Jetzt ist es passiert. Die Corona-Pandemie hat den Fans des Trash-TV ihr Jahres-Highlight zerstört. Eigentlich entführt RTL Mitte Januar die Zuschauer von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" ins sommerliche Australien. Dschungel, Hitze, exotische Tiere, der Schauplatz trägt maßgeblich dazu bei, dass Millionen Deutsche dem trüben Winter in der Heimat zwei Wochen lang entfliehen. Das weiß auch RTL. Und tut erst gar nicht so, als ließe sich die corona-bedingte Verlegung der Sendung nach Hürth irgendwie schönreden.
Im Gegenteil: Der Kontrast wird so deutlich gemacht, wie es nur irgendwie geht. "Stattdessen sind wir da, wo sie uns schon immer vermutet haben: im malerischen Hürth", heißt es aus dem Off. "Zwischen Chemiepark, Wurstfabrik und zerbrochenen Träumen" entstehe nun die härteste Show Deutschlands. Dazu werden Bilder der trostlosesten Ecken, die in Hürth zu finden waren, gezeigt. Nie sah die Stadt im Rhein-Erft-Kreis hässlicher aus.
Nur eine Qualifikationsrunde
Und auch die Moderatoren Daniel Hartwich und Sonja Zietlow betonen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass das hier eben nicht die richtige Dschungelshow sei, sondern eine Qualifikationsrunde für die Rückkehr nach Australien im Jahr 2022. Das Problem ist nur: Das trägt keine Show. Ein bisschen Grünzeug und ein paar Tiere ersetzen eben nicht den Dschungel.
Es gibt zwölf Kandidaten, die noch unbekannter sind als viele, die man sonst im Dschungel sieht. Gehen Sie mal die Liste durch und schauen Sie, wer Ihnen auch nur entfernt bekannt vorkommt: Model Zoe Saip (21), Prince Charming-Kandidat Sam Dylan (29), Schauspielerin Bea Fiedler (63), Reality-Star Christina Dimitriou (29), Society-Lady Djamila Rowe (53), Sängerin Lydia Kelovitz (30), Prinzessin Xenia von Sachsen (34), Bachelorette-Kandidat Filip Pavlovic (26), Reality-Urgestein Frank Fussbroich (52), Prince Charming-Gewinner Lars Tönsfeuerborn (30), Influencer Mike Heiter (28) und Bachelor Oliver Sanne (34). Und? Eben. Das sind nicht mal C-Promis.
Warum tut man sich das an?
Auch das weiß RTL. Nicht ganz zu unrecht betonen Zietlow und Hartwich, dass oft gerade die im Dschungelcamp überzeugten, die man vorher nicht so recht kannte: Sarah Dingens zum Beispiel. Oder Larissa Marolt. Aber fragte man sich schon bei der "richtigen" Ausgabe von "Ich bin ein Star", warum Menschen sich das antun, wird es bei dieser abgespeckten Version, die als Hauptgewinn 50.000 Euro und ein Ticket nach Australien verspricht, fast schon tragisch.
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Menschen wie Frank Fussbroich dabei zuzusehen, wie sie alles tun für ein paar Minuten Aufmerksamkeit, lässt nicht mal mehr Schadenfreude aufkommen, sondern nur noch Mitleid. Und das macht keinen Spaß.
Das Konzept wird nicht klar
Zudem wird das Konzept der Show überhaupt nicht klar. Es gibt zwölf Kandidaten, in Show eins sieht man aber nur drei. Die wohnen in einem Tiny House im Studio. Und müssen eine "Dschungelprüfungtauglichkeitsprüfung" absolvieren. Mike Heiter, Zoe Saip und Frank Fussbroich stehen in Tanks, in die Wasser und Tiere eingelassen werden, und müssen Schlüssel aus einem Labyrinth befreien.
Auch hier kommt keine richtige Freude auf. Mike Heiter macht es gut und wird zum Erklärbär, Zoe Saip schreit hysterisch, Frank Fussbroich lässt alles in stoischer Ruhe über sich ergehen.
Ein bisschen Nostalgie
Zwischendurch zeigt RTL die besten Szenen aus alten Staffeln und hat ehemalige Kandidaten zu Gast - was es nicht besser macht. Denn so wirkt das Spektakel in Hürth nur umso trauriger.
Irgendwann erfährt man, dass zwei der drei Kandidaten ins Halbfinale kommen, wo sie dann wohl auf die anderen Gewinner der Vorrunde treffen. Aber beim Dschungelcamp geht es ja immer auch die Dynamik in der ganzen Gruppe. Und die wird hier nie zusammenkommen.
Twitter zeigte sich zu Beginn wenig begeistert. Die Enttäuschung bei vielen Fans war groß. Die Quoten hingegen waren sehr gut. 25,3 Prozent der 14- bis 59-Jährigen (3,08 Mio.) schalteten ein. Im Schnitt sahen 4,18 Millionen Zuschauer ab 3 Jahre zu. In der Spitze waren sogar bis zu 5 Millionen Zuschauer dabei. Aber ob das so bleibt, ist nach diesem Auftakt äußerst fraglich.