Für NASA-StudieKölner Autor liegt 60 Tage schräg – und schreibt ein Buch darüber
Köln – Dennis Freischlad wohnt in Köln-Nippes – eigentlich. Denn seit 20 Jahren ist er meistens irgendwo in der Welt unterwegs: Indien ist seine zweite Heimat, Griechenland die dritte. Und er hat Reise-Literatur unter anderem über Kuba, Indonesien und Amerika veröffentlicht.
Es scheint absurd, dass ein Mensch, der es so liebt, unterwegs zu sein, sich freiwillig drei Monate in einer Mischung aus Krankenzimmer und Raumstation isolieren lässt. Zumal er davon 60 Tage liegend verbringen musste, den Kopf konstant in Schräglage nach unten: Beim Essen, Schlafen, Duschen und sogar auf der Bettpfanne.
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Doch genau das hat der 42-Jährige getan: Für eine Schwerelosigkeitsstudie von NASA und ESA im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Porz-Wahn. Und er hat ein Buch darüber geschrieben.
Zwölf Männer und Frauen wurden für die Studie aus 1100 Bewerbungen ausgewählt. Aber was haben 60 Tage Schräglage mit Raumfahrt zu tun? Die Schräglage, schreibt Denis Freischlad, „ist und bleibt die einzige Art, Schwerelosigkeit zu simulieren, während man sich noch im Gravitationsfeld der Erde befindet. Durch die monatelange Flüssigkeitsverschiebung Richtung Kopf und Torso befindet sich der Körper im gleichen Zustand wie auf einem Flug durchs All, wo sich, durch das Fehlen der Schwerkraft, das körpereigene Wasser, das Blut oder die Lymphe vermehrt in den oberen Extremitäten verteilen.“
Jenseits dieser körperlichen Strapazen sei das Ganze für ihn aber eigentlich auch eine Art Reise gewesen, erzählt er – während unseres Telefonats ist er gerade in Sri Lanka. Denn die Studie diente unter anderem dazu, eine Reise zum Mars zu simulieren. „Ohne die gute Bezahlung hätte das sicher niemand von uns gemacht.“
Aber seine Motivation war noch eine andere: „Der Reiz, Teil von so einem großen und spannenden Projekt zu sein. Es wurden Daten gesammelt, um bald die erste Reise zum Mars möglich zu machen. Ich konnte also wirklich etwas zur Raumfahrt beitragen, Teil davon sein – selbst, wenn man dabei nur auf der Erde bleibt.“
Am wichtigsten war ihm aber, dass er seinen Horizont als Reiseschriftsteller in ferne Galaxien erweitern konnte: „Für mich war das hervorragend, diese Möglichkeit zu haben, wenn auch nur fiktiv, aber trotzdem irgendwie die Erde zu verlassen und zum Mars zu reisen.“
Lesung in Köln
Am Freitag, 29. April, liest Dennis Freischlad um 21 Uhr im Kölner King Georg am Ebertplatz (Sudermanstraße 2) aus „60 Tage liegen – Meine Reise zum Mars“ (rororo, 352 Seiten, 16 Euro). https://kinggeorg.de
Und so ist sein Buch auch eine Mischung geworden aus dem Tagebuch eines Studienteilnehmers und Gedanken eines Reisenden über die Raumfahrt. In „60 Tage liegen“ erzählt Dennis Freischlad von einem Alltag, der alles andere als alltäglich ist. Tag und Nacht sind minuziös durchgetaktet, alles wird untersucht, dokumentiert, kontrolliert.
Das durchzuhalten, war nicht einfach – trotzdem kommt unter den Studienteilnehmern mitunter auch so etwas sie Klassenfahrt-Stimmung auf. Freundschaften werden geschlossen und auch verlieben kann man sich mit dem Kopf nach unten.
Die Einzigartigkeit der Erde
Man weiß nicht, was man hat, bis es weg ist – dieser Spruch trifft auch auf die Erde zu: „Das ist auch ein Paradox, dass diese Reise zum Mars oder dieses Fern-Sein von der Erde, einem die Wunder und die Einzigartigkeit der Erde nochmal näher bringt“, sagt Dennis Freischlad. Als er nach drei Monaten das DLR wieder verließ, habe er zum erstem Mal „diese grandiose Gewalt der Natur und diesen Drang zum Leben, der in allem steckt“ gespürt. „Und man staunt darüber, dass sowas überhaupt in einem ansonsten sehr leeren und schwarzen Universum vorkommen kann.“
Das Grundgefühl begleite ihn schon sein ganzes Leben – die Studie hat es nur noch verstärkt: „Wie absolut wunderbar und einzigartig alles ist. Das Staunen über die Welt und auch immer wieder die Lust zu Reisen – es ist einfach ein großartiges Abenteuer am Leben zu sein.“ Trotzdem wäre Dennis Freischlad sofort bereit, die Erde hinter sich zu lassen: „Ich würde auf jeden Fall ins All fliegen – ohne zu zögern!“