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Sehnsucht nach DomspitzenFotoausstellung mit Köln-Bildern und der Becher-Schule

Lesezeit 3 Minuten

Aus Jürgen Klaukes Fotoserie Sonntagsneurosen, 1990-92

Köln – Auch Städte verändern ihr Gesicht, waren mal jung oder sahen zumindest anders aus, als wir noch jünger waren. In alten Stadtansichten kann man beinahe blättern wie in Familienalben – sie sind Teil unserer Erinnerungen, und mit jeder Veränderung scheint ein weiteres Stück Heimat verloren zu gehen. Ein stechendes Gefühl beschleicht einen selbst bei den Bildern, die der Fotograf Wilhelm Schürmann Ende der 1980er Jahre in Köln aufnahm. Sie zeigen Eckkneipen, einen Busbahnhof nahe der Altstadt, löchrige oder gestückelte Häuserzeilen, Brachland mitten in der Stadt und immer wieder Baustellen. Schön ist das alles nicht, aber das spielt keine Rolle. Man versteht vor diesen Bildern, dass sich die Stadt an der Veränderung jung erhält, während ihre Bewohner altern und verschwinden.

Sogar in Schürmanns gesucht hässliche Dokumentaraufnahmen schleicht sich irgendwann die Nostalgie, und dafür muss man nicht mal in Köln aufgewachsen sein; es genügt zu wissen, dass Schürmann seine Motive nicht allzu lange suchen musste. Auf einem Stück Brachland, das er 1988 aufnahm, steht heute der Mediapark, der zwar weiterhin so heißt, obwohl sich nur noch wenige Medienunternehmen darin finden. Zu den raren treuen Mietern gehört die Photographische Sammlung, die Schürmanns Bilder für eine Ausstellung mit sicherem Griff aus der vor einigen Jahren aus dem Rheinland nach Karlsruhe ausgewanderten Sammlung von Ute und Eberhard Garnatz fischte. Außerdem kehren maßgebliche Werke von Bernd und Hilla Becher, Candida Höfer, Jürgen Klauke, Benjamin Katz, Sigmar Polke oder auch Anna und Bernhard Blume vorübergehend heim.

Ohne Titel (Bauwagen und Blick auf Kölner Dom), 1988

In den 1980er und 1990er Jahren gehörte das Ehepaar Garnatz zu den Sammlern, denen das Rheinland in der Kunstwelt seinen anhaltend guten Ruf verdankt. Sie kauften vor allem Arbeiten rheinischer Künstler, was provinziell wirken könnte, wäre das Rheinland in dieser Zeit nicht die Heimat der Avantgarde gewesen – gerade auf dem Feld der Fotografie. Die Becher-Schule bildet nicht zufällig einen Schwerpunkt ihrer Sammlung, und schon deswegen muss man es bedauern, dass sie – wie so manche andere – im Süden Deutschland eine ferne Bleibe fand. Ein Hauch Nostalgie liegt nicht nur über den historisch gewordenen Aufnahmen, sondern über der Ausstellung als Ganzes.

„Von Becher bis Blume“, so der Titel der Schau, lässt sich grob in zwei Bereiche einteilen: Bilder mit und ohne Menschen. In die zweite Kategorie fallen insbesondere die Architekturaufnahmen der Becher-Schule, in der es nicht nur den Bechers selbst, sondern auch den Schülern zunächst darum ging, typische Häuserfassaden oder im Verschwinden begriffene Stadtbilder zu bewahren. So streiften Thomas Struth und Tata Ronkholz 1979 gemeinsam durch den Düsseldorfer Rheinhafen, um das Kleinteilige, Improvisierte und Gestückelte der Nachkriegsarchitektur festzuhalten, und entfernten sich dabei bereits vorsichtig vom „idealen Standpunkt“ ihrer Lehrer. Thomas Ruff ging dann mit einer malerisch heruntergekommenen Mietshausfassade den entscheidenden Schritt in Richtung digitale Manipulation.

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Deutlich bevölkerter sind dagegen die späten Museumsbilder Thomas Struths oder die Aufnahmen, in denen sich das Interesse des Ehepaars Garnatz an den älteren Künsten zeigt. Beinahe klassisch wirken im Vergleich die übermalten Selbstporträts Arnulf Rainers, und auch die im Studio inszenierten Fotoserien von Jürgen Klauke oder dem Ehepaar Blume sind Ausdruck einer permanenten künstlerischen Selbstfindung, mit der sich die Sachlichkeit der dokumentarischen Fotografie eigentlich herzlich schlecht verträgt. Als virtuoser Grenzgänger erweist sich auch in dieser Hinsicht Sigmar Polke. Seine fotografischen Experimente mit radioaktivem Gestein oder Meteorspänen sind gleichsam alchemistische Selbstporträts – und vielleicht der beste Grund, die Ausstellung mit nostalgischen Gefühlen zu verlassen.

„Von Becher bis Blume – Photographien aus der Sammlung Garnatz und der Photographischen Sammlung im Dialog“, Photographische Sammlung der SK Stiftung Kultur, Im Mediapark 7, Köln, Do.-Di. 14-19 Uhr, bis 8. August. Der Besuch ist nur nach Anmeldung möglich.