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So war der „Tatort“Ein Kommissar mit Dachschaden ermittelt in der Psychiatrie

Lesezeit 4 Minuten
Franziska Tobler hält der Oberärztin ein Durchsuchungsschreiben hin. Frau Tausendleben scheint empört, bleibt aber ruhig. Friedemann Berg steht an der Tür.

Kommissarin Franziska Tobler (Eva Löbau, 2.v.re.) und ihr Kollege Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) konfrontieren die Oberärztin Gisela Tausendleben (1.v.li) mit ihrer neuen Spur.

Obwohl der Schwarzwald-„Tatort“ in einer psychiatrischen Klinik spielt, liegen die Probleme woanders – unter anderem bei der Klinikleitung und den vielen Handlungssträngen.

Ja, tatsächlich hatte einer der beiden Schwarzwald-Ermittler in diesem „Tatort“ einen Dachschaden. Nämlich Kommissar Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) auf dem Dach seiner Wohnung. Doch der Schaden war schnell vergessen, als der berufliche Alltag ihn und seine Kollegin Franziska Tobler (Eva Löbau) ruft.

Der Fall im Schwarzwald-„Tatort“

Die Gutachterin und Psychiaterin Dr. Lisa Schieblon wird nahe des Schauinsland-Berges südlich von Freiburg tot im Kofferraum ihres Autos gefunden. Die Frau wurde stranguliert. Es finden sich zwar keine Kampfspuren, dafür aber mehrere DNA-Spuren. Unter anderem die von Hansi Pagel (Rüdiger Klink), der vor einigen Jahren wegen Gewalttaten an seiner Familie verurteilt und aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung in eine forensische Klinik überwiesen wurde. Als die Ermittlungen bei Schieblons Ehemann ohne Erfolg bleiben, wenden sich die Kommissare der psychiatrischen Einrichtung zu.

Doch dort weist Pagel bei einem Verhör der beiden Kommissare jede Schuld von sich. Er hätte, so die Ermittler, auch kein wirkliches Motiv, denn Dr. Schieblon hatte vor ihrem Tod an einem Gutachten gearbeitet, das Pagel freigesprochen hätte. Stattdessen geraten neue Verdächtige ins Visier. Pagels Zimmergenosse und Freund Milan Vujicic (Bekim Latifi), der nicht möchte, dass Hansi die Klinik verlässt. Und allen voran Pagels Ex-Frau Andrea (Angelika Richter) und sein Sohn Leo (Anton Dreger), die den Familienvater am liebsten nie wieder sehen möchten und zu allem bereit scheinen.

Die Auflösung im Schwarzwald-„Tatort“

Lange Zeit kommen die Ermittler nicht weiter, weder innerhalb der Klinik noch bei Pagels Familie. Auch Hansi Pagels plötzlicher Zusammenbruch und Beinahe-Tod erschließt sich lange nicht. Die Auflösung des Mordes an Dr. Schieblon kommt dann aber ganz plötzlich:

Zwischen den Unterlagen, die die Polizei bei Dr. Schieblon gefunden hat, findet Kommissarin Tobler ein Schreiben der Universität Düsseldorf sowie eine Telefonnummer. Über die Nummer (Ärztekammer Baden-Württemberg) erfahren die Ermittler, dass die Oberärztin der Klinik, Gisela Tausendleben (Ulrike Arnold), gar keine Approbation als Ärztin besitzt. Sie hat ihre Unterlagen und Vita gefälscht – was skurriler Weise außer dem Klinikleiter Dr. Günnewig (Falilou Seck) scheinbar niemandem aufgefallen ist.

Doch Frau Dr. Schieblon, offenbar sauer darüber, dass die Klinik ihre Diagnose bezüglich Hans Pagel nicht teilte, hat angefangen, zu recherchieren und war auf Frau Tausendlebens fatales Geheimnis gestoßen. Diese hatte daraufhin beschlossen, zu handeln. Zwar macht sie der Polizei glaubhaft, der Klinikleiter hätte die Gutachterin erdrosselt, doch das Publikum erfährt die ganze Wahrheit.

Hansi Pagel wiederum war in diesem Fall unschuldig. Die Oberärztin hatte lediglich versucht, ihm die Tat anzuhängen, weil sie wusste, dass er kurz zuvor unerlaubterweise allein mit der Gutachterin in Freiburg war. Was für den zuständigen Pfleger Matthias (Christoph Glaubecker) übrigens keinerlei Konsequenzen hatte. Eine merkwürdige Einstellung, die die Klinik da vertritt.

Und der Drache?

Vom Fall einmal abgesehen: Der heimliche und gleichzeitige irritierende Star dieses Krimis ist ganz bestimmt Milan Vujicic. Nicht nur, da er Kommissarin Tobler am Ende einer Befragung unverblümt sagt, dass sie „sehr schön“ sei. Auch, weil er an vielen Stellen unbeholfen wirkt. Und ihn ein echsenartiger „Drache“ verfolgt. Nicht ohne Grund bekommt Vujicic neben dem Kriminalfall und der zerrütteten Familie Pagel die meiste Aufmerksamkeit. Wobei es vielleicht gut ist, dass wir nicht erfahren, weshalb Vujicic in der forensischen Psychiatrie gelandet ist.

Fazit zum Schwarzwald-„Tatort“: Zu viel des Guten

„Letzter Ausflug Schauinsland“, der neueste „Tatort“ aus dem Schwarzwald unter der Regie von Stefan Krohmer (Drehbuch: Stefanie Veith), liefert definitiv viele spannende Ideen und mit einer psychiatrischen Klinik ein vielversprechendes Terrain für die Ermittlungen in einem Mordfall. Doch der Krimi kann die vielen Möglichkeiten nicht sonderlich gelungen umsetzen. Das ist wirklich schade, werden doch insbesondere die Klinikinsassen absolut nicht pietätlos erzählt. Auch die zerrüttete Familie ist sehr überzeugend dargestellt.

Es sind schlichtweg die viele Handlungsstränge und Ebenen, auf denen dieser Krimi operiert, die ihm das Leben schwer machen. Die Geschichte um Pagels vermeintlichen Selbstmord hätte es nicht gebraucht. Hier wäre ein stärkerer Fokus auf die Dynamik zwischen Mutter Andrea, Sohn Leo und Tochter Isabelle Pagel (Lara Koller) viel interessanter gewesen.

Auch die beiden Ermittler Tobler und Berg hätten mehr in den Fokus rücken können – zumal Kommissar Berg sich in Gegenwart Hansi Pagels selbst fast verliert und danach von seinem psychisch kranken Bruder erzählt. So bleiben die beiden Ermittler leider nüchtern im Hintergrund und können nur beim gemeinsamen Reparieren des kaputten Daches eine persönlichere Note zeigen.

Außerdem ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet der Klinikleiter einer psychiatrischen Einrichtung mit einer Drogensucht kämpft und sich dann auch noch von der Oberärztin erpressen lässt, ihr bei der Ermordung der verhassten Gutachterin zu helfen.

Dass am Ende Hansi Pagel zu seiner Familie zurückkehrt, mag auf den ersten Blick versöhnlich wirken, ist aber irgendwie nicht nachvollziehbar, wenn man bedenkt, wie sehr der Familienvater im anfänglichen Verhör mit den Kommissaren über die Ex-Frau geschimpft hat und sich Mutter und Sohn über den gewalttätigen Vater äußerten. Ebenso unbefriedigend ist, dass die Oberärztin am Ende unbescholten davon kommt.

Wenigstens Vujicics Drache scheint am Ende ein nettes Plätzchen gefunden zu haben. Und Kommissar Bergs Dach ist wieder heil. Immerhin etwas.