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Statement der ChefredaktionWie wir über Krieg und Karneval berichten

Lesezeit 3 Minuten
dumont

Verlagsgebäude in Köln-Niehl.

Der Krieg ist zurück in Europa. Einschlagende Raketen, Explosionen, vorrückende Panzer – Menschen, die sterben. Wir haben uns daran gewöhnt, dass so etwas nur noch fern unserer Heimat geschieht.

Doch der Angriff des russischen Militärs auf die Ukraine, den Präsident Wladimir Putin befohlen hat, findet vor unserer Haustür statt. Kiew ist Luftlinie keine 2000 Kilometer entfernt.

In den vergangenen Tagen und Wochen wurden wir Zeugen einer beispiellosen politischen Eskalation. „Gibt es Krieg?“, haben sich viele angesichts der immer auswegloseren Situation zwischen Russland und dem Westen gefragt. Aber so richtig daran geglaubt haben viele nicht.

Deswegen ging – neben der Krisendiplomatie auf höchster Ebene – alles seinen normalen Gang. Zumal das Fest des Rheinlands vor der Tür stand: Karneval. Für viele war es in der Region das wichtigste Thema der vergangenen Tage: Wie kann ich unter den Bedingungen der Corona-Pandemie sicher feiern?

Gegen die friedliche Weltordnung der vergangenen 30 Jahre

Doch der heutige Tag markiert das Datum, an dem die friedliche Weltordnung der vergangenen 30 Jahre Makulatur geworden ist. Es wird heute und in den nächsten Tagen kein anderes Thema geben, das die globalen Nachrichten mehr beschäftigt und das die Menschen auf unserem Planeten in Atem hält.

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands beginnt genau an dem Tag, an dem das Rheinland normalerweise kollektiv zu feiern beginnt. Die Menschen, die sich jetzt verkleiden und den Straßenkarneval eröffnen, wurden von den furchtbaren Nachrichten aus dem Osten überrascht.

Doch ist karnevalistisches Treiben jetzt moralisch überhaupt noch zulässig? Diese Frage muss jeder und jede für sich persönlich beantworten. Es ist nicht verwerflich, wenn Menschen in diesen Tagen feiern.

Festkomitee muss beratschlagen

Aber gleichzeitig fällt es schwer sich vorzustellen, dass Persiflagewagen und schunkelnde Jecken bei offiziellen Veranstaltungen das öffentliche Bild beherrschen. So leid es einem für die Feierenden tut: Die Absage des Rosenmontagsfests durch das Festkomitee war deshalb alternativlos.

Der Karneval wird in der Berichterstattung von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Express“ am Donnerstag und in den folgenden Tagen eine Rolle spielen. Es ist unsere Aufgabe, abzubilden, was in der Welt und in der Region geschieht. Der Angriff auf die Ukraine ist das Ereignis, das nachrichtlich alle anderen bei weitem überstrahlt. Wir werden ihm größtmöglichen Raum in unserer Berichterstattung geben.

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Auch der Karneval ist eine Realität, die wir digital wie print abbilden müssen. Unsere Berichte werden jedoch zurückhaltender und weniger umfangreich sein als unter den Bedingungen einer friedlichen Welt. Es ist heute ein Tag, an dem einem das Lachen vergeht.

Im Karneval feiern wir nicht nur die Liebe, wir feiern auch das Leben und die Freiheit. Wir wünschen allen auf dieser Welt, dass ihnen diese Freiheit garantiert wird. Das kölsche Herz schlägt für die Menschen in der Ukraine.

Die Chefredaktionen von „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Express“