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Streaming-TippMit der neuen Staffel von „Black Mirror“ übt Netflix ein wenig Selbstkritik

Lesezeit 4 Minuten
Salma Hayek schaut sehr entschlossen.

Salma Hayek spielt in der ersten Folge der neuen Staffel von Black Mirror sich selbst.

Vor allem die ersten beiden Folgen der sechsten Staffel sind spannende Beiträge, was nicht von allen fünf Folgen behauptet werden kann.

Für viele Zuschauerinnen und Zuschauer gehört die Serie „Black Mirror“ zur DNA von Netflix. Kurz nachdem der Streaming-Dienst 2014 in Deutschland verfügbar war, wanderte die Serie vom britischen Sender Channel 4 zum US-Streamer. Die sechste Staffel ist mittlerweile abrufbar, insgesamt gibt es 27 Folgen und einen interaktiven Film. Wie gewohnt sind auch die neuen Episoden in sich abgeschlossen und können von jedem ohne Probleme angeschaut werden, auch von solchen Zuschauerinnen und Zuschauern, die noch nie eine „Black Mirror“-Folge zuvor gesehen haben.

Die Anthologie-Serie beschäftigt sich oft mit Zukunftsvisionen und thematisiert dabei den Einfluss von Technik und Medien auf unsere Gesellschaft. Es war von daher nur eine Frage der Zeit, bis auch das Serien-Streaming selbst zu einem Thema wird, mit dem sich „Black Mirror“ befasst. Diese Zeit ist nun gekommen.

Eine Frau sitzt frustriert auf einer Couch.

Joan (Annie Murphy) kann nicht fassen, dass sie ihr eigenes Leben auf dem heimischen Fernseher verfolgen kann.

In Folge eins, „Joan Is Awful“, geht eine junge Frau ihrem Alltag nach. Sie fährt laut rappend zur Musik ihres Autoradios zur Arbeit. Als Mittelsfrau zwischen der Geschäftsführung und der Belegschaft muss sie eine Angestellte feuern. Anschließend trifft sie in einer Bar ihren Ex-Freund und gibt ihm einen innigen Kuss. Später am Abend sitzt Joan (Annie Murphy) mit ihrem aktuellen Freund auf der Couch und schaltet eine neue Serie ein: „Joan Is Awful“. Schnell merken die beiden, dass das, was sie da sehen, eine exakte Spiegelung des Tages ist, den Joan soeben erlebt hat. Inklusive Rap und innigem Kuss mit dem Ex. Gespielt wird TV-Joan von niemand geringerem als Salma Hayek. Am Ende des plötzlich sehr ungemütlichen Fernsehabends ist der Freund natürlich schwer eifersüchtig und verlässt die gemeinsame Wohnung. Joan ist alleine, verwirrt und sitzt mit sehr vielen Fragen alleine auf der Couch.

Es ist eindeutig Netflix selbst gemeint

Diese verrückte Ausgangslage wird am Ende so plausibel aufgelöst, dass sich „Joan Is Awful“ zu einer der besten Folgen in der „Black Mirror“-Historie entwickelt. Die Ansätze, Kritikpunkte und verschrobenen Ideen hätten vermutlich auch einen abendfüllenden Spielfilm gerechtfertigt. Der Streaming-Dienst, um den es in der Folge geht, trägt übrigens einen fiktiven Namen. Es ist aber eindeutig Netflix selbst gemeint. Sogar die ikonischen, dumpfen Töne, die Nutzerinnen und Nutzer immer zu hören bekommen, wenn sie die App öffnen, wurden übernommen. Das ist willkommene Selbstkritik auf der einen Seite, allerdings auch ein klarer Hinweis an Abonnierende, dass der Streaming-Dienst uns aufgrund unsere Sehgewohnheiten eventuell besser kennt, als wir uns selbst. Zudem hat er uns auch rechtlich in der Hand. Eine Interpretation dahingehend, dass Netflix den Zuschauerinnen und Zuschauern mit der Folge den ausgestreckten Mittelfinger zeigt, wäre also auch zulässig.

Zwei junge Menschen stehen auf einer Wiese in einem Hinterhof

Pia und ihr Freund Davis wollen in einer schottischen Kleinstadt eine True-Crime-Serie drehen.

Auch die zweite Folge beschäftigt sich mit einem Streaming-Thema. Dokumentationen über reale Kriminalfilme, also True-Crime-Serien, sind mittlerweile bei fast allen Portalen in großer Anzahl zu finden. Auch bei Netflix. In der ersten Folge der neuen „Black Mirror“-Staffel bleibt das Pärchen auf der Couch sogar kurz bei einer Serie mit dem Titel „Loch Henry“ hängen, ehe es sich doch für das verhängnisvolle „Joan Is Awful“ entscheidet.

Verschlafenes Städtchen in Schottland als Schauplatz

„Loch Henry“ heißt die zweite Folge der neuen Staffel. Ein junges Paar reist für eine Naturdokumentation in ein verschlafenes Städtchen in Schottland. Pia ist Amerikanerin, während Davis aus diesem kleinen Nest in Schottland stammt. Schnell findet die junge Frau heraus, dass die Familiengeschichte ihres Freundes wesentlich spannender ist als die geplante Naturdokumentation. Vor vielen Jahren sind Menschen in dem schottischen Städtchen verschwunden oder auf mysteriöse Weise zu Tode gekommen. Eine perfekte Ausgangslage für eine True-Crime-Serie also.

Ein Mann geht durch eine Tür in einem Raumschiff.

Aaron Paul ist als Astronaut Teil einer klassischen Dreiecksgeschichte.

Es sind die ersten beiden Episoden, die vermutlich die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer ansprechen werden. Die restlichen drei Folgen spielen alle in der Vergangenheit. „Beyond The Sea“ mit Aaron Paul und Josh Hartnett entpuppt sich als klassische Dreiecks-Beziehungs-Geschichte. In dem schwächsten Beitrag „Maze Day“ muss ein Starlet aufdringliche Paparazzi abwehren und „Dämon 79“ ist eine klassische Horrorgeschichte, in der vor allem Anjana Vasan überzeugen kann.

Wer übrigens die beste Folge von „Black Mirror“ sehen will, dem sei das mehrfach ausgezeichnete „San Junipero“ empfohlen. Die vierte Episode der dritten Staffel ist ein kleines Meisterwerk.