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„Tanz der Vampire“ in KölnBombastische Rockballaden aus der Gruft der Achtziger

Lesezeit 4 Minuten

Auf dem Friedhof, da gibt's koa Sünd: Das Ensemble von "Tanz der Vampire"

Köln – Lieder, in denen Knoblauch eine wichtige Rolle spielt, hört man sonst ja auch eher selten. Im Musical Dome konnte man am Samstagabend jedoch bestaunen, wie der Knolle gleich ein ganzer Song gewidmet wurde. „Knoblauch, Knoblauch ist unsere Leidenschaft. Knoblauch, Knoblauch gibt Leib und Seele Kraft”, klang es da mit Inbrunst von der Bühne.

„Tanz der Vampire” feierte seine Premiere in Köln - und in dieser Welt kann Knoblauch natürlich besonders hilfreich sein.

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Das deutschsprachige Musical feierte vor fast genau 20 Jahren seine Uraufführung, nach Köln hatte es bisher den Weg noch nicht gefunden. Die Geschichte lehnt sich an Roman Polanskis „Tanz der Vampire”, eine Parodie des Vampirfilm-Genres von 1967, an: Der kauzige, optisch an Albert Einstein erinnernde Professor Abronsius (Victor Petersen) ist mit seinem jungen, naiven Assistenten Alfred (Tom van der Ven) in Transsilvanien unterwegs, um die Existenz von Vampiren zu beweisen.

In einem Gasthaus verliebt sich Alfred in Sarah (Maureen Mac Gillavry), die schöne Tochter des Wirts. Doch auf diese hat auch Graf von Krolock (David Arnsperger) ein Auge geworfen. Der Obervampir will die junge Frau in sein Schloss locken, um sie beim Mitternachtsball zu beißen. Alfred will das natürlich verhindern.

Beeindruckendes Bühnenbild

Das Bühnenbild, die Ausstattung und die Maske von „Tanz der Vampire” sind beeindruckend. Ein zweigeschossiges, fahr- und drehbares Wirtshaus, eine sechs Meter hohe Wendeltreppe, ein kippbarer Friedhof mit Särgen. Flüssigstickstoff, Schnee und Nebelmaschinen, Videoprojektionen und Stroboskoplicht erschaffen einen visuellen Rausch. Wer sich von einem Musical in eine andere Welt entführen lassen will, ist hier genau richtig.

Und doch weist die Opulenz der äußeren Gestaltung auf ein grundsätzliches Problem dieses Musicals hin. Hier gibt es immer nur mitten rein, alles ist laut (manchmal zu laut), alles ist bunt, alles wird dem Publikum quasi mit dem Holzhammer eingebläut. Das gilt auch für die Musik. Jim Steinman, der Erfolge feierte mit Songs für Sänger wie Meat Loaf, hat sich dafür alter Kompositionen bedient. Und die waren eigentlich schon zum Zeitpunkt der Entstehung des Musicals von gestern. So klingt es mit seinen bombastischen Rockballaden wie aus den 80ern geholt.

Orchester spielt sich die Seele aus dem Leib

Man erwartet beinahe minütlich, dass gleich Meat Loaf im Rüschenhemd durch die Kulissen wandelt oder Bonnie Tyler von Wind umweht und bläulich angestrahlt im Gegenlicht die Arme in die Höhe reißt. Wobei man festhalten muss, dass ihr „Total Eclipse of the Heart”, das im Musical als „Totale Finsternis” das immer wieder zitierte Hauptstück ist, zu den Höhepunkten des Abends zählt.

Und dem 12-köpfigen Orchester kann man ohnehin kaum einen Vorwurf machen. Es spielt sich die Seele aus dem Leib. Leider sind die Texte von Michael Kunze mitunter nach dem „Reim dich oder ich fress dich”-Prinzip gestaltet. Da hilft dann gegen Neurosen nur Stoßen und Alfred wünscht sich, im Keller wäre es etwas heller.

Faszination Vampirgeschichten

Doch bei aller Kritik gibt es starke Momente, die sich nach dem zähen ersten Akt alle im zweiten Teil der rund dreistündigen Produktion finden. Und sie alle haben mit David Arnsperger als Vampirgraf zu tun. Er ist den anderen Darsteller nicht nur stimmlich überlegen, bei ihm blitzt immer wieder auf, warum Vampirgeschichten Menschen bis heute faszinieren: die Sehnsucht danach, der Zeit trotzen zu können, die Jugend zu bewahren, die Endlichkeit alles Guten und Schönen, die Erotik des Bösen. Zudem sind die Tanzszenen des zweiten Akts großartig choreografiert und dargestellt.

Zurück bleibt der Eindruck, dass dieses Musical aus der Zeit gefallen ist, zumal die Filme, die Polanski parodierte, niemand mehr kennt. Vampirfilme funktionieren heute anders. Das Publikum im Musical Dome war trotzdem begeistert, und bereits vor der Premiere wurde das Gastspiel um drei Monate verlängert; 100.000 Tickets sind zudem bereits verkauft. Diese Vampire sind eben einfach nicht totzukriegen.

„Tanz der Vampire” gastiert noch bis 29. September im Muscial Dome Köln. Tickets kosten zwischen 31,50 Euro und 116,50 Euro.