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„The Kasper König Collection“Wie man Meisterwerke als Ramsch verkauft - oder lieber umgekehrt?

Lesezeit 4 Minuten
Kasper König sitzt entspannt auf einem Sessel.

Der verstorbene Kasper König inmitten seiner Sammlung.

Johann und Leo König über die Kunstsammlung ihres Vaters Kasper König, die im Kölner Auktionshaus Van Ham versteigert wird.

Das rote Gemälde des japanischen Konzeptkünstlers On Kawara hängt neben der Spüle über einer provisorischen Anrichte, seitlich von einem Poster bedeckt. Der Schnappschuss aus Kasper Königs Büro ist bezeichnend. Sein Verhältnis zu den Kunstwerken seiner Privatsammlung war entspannt, nahezu intim. Er lebte mit ihnen, ihr finanzieller Wert spielte eine untergeordnete Rolle. Das Foto ist aktuell in einer Vitrine im Kölner Auktionshaus Van Ham zu sehen, wo Königs private Sammlung ausgestellt und versteigert wird. Die von seinen Söhnen Johann und Leo liebevoll mitinszenierte Ausstellung zur Auktion mit dem Titel: „The Kasper König Collection. His private Choice“ rückt dem ehemaligen Direktor des Museums Ludwig und Hochschulprofessor ganz nah.

Seinem Freund, dem Japaner On Kawara, ist dort eine ganze Ecke gewidmet. Sein rotes Werk mit der Aufschrift „May 7, 1967“ stammt aus dessen legendärer „Today-Serie“. Der Künstler versah jeden Tag ein monochromes rotes, schwarzes oder graues Gemälde mit dem jeweiligen Datum, dokumentierte und reflektierte so die verstreichende Lebenszeit. Dazu gehörte jeweils ein exakt passender Karton mit einer aktuellen Tageszeitung darin. Auch sie liegt in der Vitrine im Auktionshaus. Die New York Times vom 7. Mai 1967 zeigt Soldaten in Vietnam.

Mein Vater nahm ein Bild von On Kawara mit ins Krankenhaus, als er wegen seiner Krebserkrankung operiert wurde
Johann König, Galerist

On Kawara blieb Königs Weggefährte. „Mein Vater nahm ein Bild von ihm mit ins Krankenhaus, als er wegen seiner Krebserkrankung operiert wurde“, erzählt Johann König. „So hing das Bild mit einem Wert von mehreren 100 000 Euro im Hospitalzimmer, während die Krankenschwester die Patienten ermahnte, ihre Wertsachen wegzuschließen.“

Seine Kinder wuchsen inmitten der Kunst auf, ohne Berührungsängste. „Ich weiß noch, wie ich nach einem Unfall auf dem West-Sofa lag“, sagt Johann König. Das Möbelstück namens „Prototyp der Auditorium-Diwane“ von Franz West ist ebenfalls Teil der Auktion. Das Kinderleben im Schlepptau eines Kunstfreaks konnte allerdings nervenaufreibend sein. Leo König erinnert sich, wie der Vater die Söhne von Galerie zu Galerie schleppte. Später wurden beide selbst Galeristen, Johann in Berlin, Leo in New York.

Leo König sagte einmal in einem Interview, sein Vater könne Galeristen nicht leiden. Wenn er heute daran erinnert wird, muss er lachen: „Na, ja“, sagt er, „mein Vater hat dem Kunsthandel nie so ganz getraut.“ Und klar, die Söhne hätten hier und da einmal einen Spruch einstecken müssen. Grundsätzlich war Königs Verhältnis zu Galeristen aber von Respekt geprägt: „Ein Sammler fragte Kasper einmal, was sein Highlight auf der Art Cologne gewesen sei“, erzählt Johann König.“ Er antwortete: das Bild von Sigmar Polke. Der Sammler ging hin, wollte es erwerben, und feilschte mit dem Galeristen. Kasper sagte: So geht das nicht und kaufte es für den vollen Preis.“

Sein Herz hing an Köln, seine schönste Zeit war die beim Museum Ludwig
Leo König, Galerist

Polkes Gemälde mit dem ironisch-kritischen Schriftzug „Meisterwerk als Ramsch versteigert“ dürfte den Geschmack des Liebhabers von unkonventioneller und gerne auch humorvoller Kunst getroffen haben. Der amerikanischen und deutschen Pop- und Konzept-Art galt Königs Leidenschaft. Aber auch anderem konnte er nicht widerstehen. „Wir haben damals alle versucht, unseren Vater davon abzuhalten, den Goller zu kaufen, weil er viel zu teuer war“, so Leo König. Kasper habe den vier- oder fünffachen Preis desjenigen bezahlt, auf den es taxiert war. Doch der Vater hatte sich verguckt und pochte auf den Erwerb. So schwebt die „Schwarze Wolke“ von Bruno Goller nun über dem West-Sofa im Ausstellungssaal.

Den Eingangsbereich des Auktionshauses schmückt die „Rote Girlande“ von Thomas Schütte, die Kasper König stets begleitete. Sie hing bereits in seinem Büro, als er in den 80er-Jahren in Köln die Groß-Ausstellung „Westkunst“ organisierte. König wird zur Girlande im Ausstellungskatalog zitiert: „Magisch, wie man mit ganz geringen Mitteln einen Raum total transformieren kann.“ Ebenfalls im Eingangsbereich sind auf einer großen Wand die „Artist’s Scarves“ von Thomas Hirschhorn versammelt, sozusagen Accessoires für Kunstfans, die an Devotionalien des Fußballkultes erinnern, gestrickt, in Farben und Form von Fußballschals. Die Namen bekannter Künstler und Künstlerinnen sind mit Klebeband darauf gepinnt. Bunt, aufmüpfig, humorvoll und unkonventionell kommt das Wollschal-Ensemble daher, passend zu seinem Besitzer, der sich jetzt postum davon trennt.

Eigentlich wollte Kasper König bei der Auktion anwesend sein. Sie war sein letztes Projekt, in Köln, obwohl er mittlerweile in Berlin lebte. „Sein Herz hing an Köln“, sagt Leo König. „Seine schönste Zeit war die beim Museum Ludwig.“ Doch ist er bereits im August dieses Jahres verstorben. Er hatte noch Zeit, mit seinen Söhnen und Renate Goldmann, Direktorin bei Van Ham, das Konzept für die Ausstellung zu besprechen. „Es war sein Wunsch, dass der Sigmar Polke das Titelbild des Katalogs wird“, sagt Goldmann. Und so gleicht Polkes Bildaufschrift einem augenzwinkernden Schlussvermerk: „Meisterwerk als Ramsch versteigert.“


„The Kasper König Collection - His Private Choice”, Auktionshaus Van Ham, Hitzelerstr. 2, Köln. Die Vorbesichtigung läuft noch bis 30. September. Öffnungszeiten: Samstag, 10 bis 16 Uhr, Sonntag, 11 bis 18 Uhr und Montag, 10 bis 18 Uhr. Die Auktion findet am Dienstag, 1. Oktober, ab 18 Uhr, und am Mittwoch, 2. Oktober, ab 14 Uhr statt. Online-Auktion noch bis zum 10. Oktober.