U-RoyDer erste Rapper stirbt mit 78 Jahren
Kingston – Ewart Beckford war nicht der erste Discjockey aus Jamaika, der seine verhallten Ansagen zwischen zwei Vinylsingles zu einer eigenen Kunstform ausbaute. Aber er war – unter dem Namen U-Roy – der Erste, dessen idiosynkratisch-verspieltes Gebrabbel Anfang der 1970er Jahre den Atlantik überquerte. Mit weitreichenden Folgen.
Zuerst waren es nur kurze Zwischenrufe, dann redete der Mann am Mikrofon einfach weiter, während der nächste Track längst lief. Die Tanzenden hatten keineswegs das Gefühl, das ihnen hier jemand in die Musik herein quatschte, im Gegenteil: Wenn U-Roy seinen Senf zu einer Platte dazugab, war das, als verwandele er den Song in eine persönliche Botschaft an alle Anwesenden.
Schließlich erstellten Kingstons Top-Produzenten – unter anderem King Tubby, Lee „Scratch“ Perry, Bunny Lee und vor allem Duke Reid – Versionen von ihren größten Hits, die nur von Schlagzeug und Bass unterbrochenen Freiraum für U-Roys erstaunliche Plappereien ließen.
„Toasten“, nennt man diesen Sprechgesang, den U-Roy populär gemacht hat, im Reggae und in der späteren Dancehall-Musik, an deren Anfang der „Originator“ mit dem unschlagbaren Timing stand.
Sein Einfluss reichte aber weit über die Karibikinsel und den Reggae hinaus bis in die New Yorker Bronx, wo der in Jamaika geborene DJ Kool Herc die besten Tanzplatten gleich zweimal kaufte, um ihre so genannten Breaks, also die von Schlagzeug und Bass bestimmten Instrumentalpassagen, auf seinen Partys zu einer Endlosschleife zusammenzumischen.
So wurde der HipHop geboren und so wurde U-Roy zum wenigstens inoffiziellen Vorläufer aller Rapper.
Mitte der 1970er wurde Ewart Beckford, inzwischen bekennender Rastafari, dann endlich auch selbst zu einer Größe im angloamerikanischen Musikgeschäft, als das englische Plattenlabel Virgin seine Alben „Dread in a Babylon“ und „Natty Rebel“ herausbrachte.
Am Mittwoch starb Ewart Beckford im Alter von 78 Jahren nach einer Operation in einem Krankenhaus der jamaikanischen Hauptstadt Kingston.
„Wake the town and tell the people!“, zitierte Jamaikas Premierminister Andrew Holness auf Twitter einen frühen Hit von U-Roy und schrieb: „Jamaika hat einen Riesen in der Musikindustrie verloren.“ Und der jamaikanische Popstar Shaggy ergänzte auf Instagram: „Heute haben wir einen unserer Helden verloren!“