Wenn ein Klassiker zum Punk wirdWarum Patti Smith den Beethovenpreis bekommt
Als Patti Smith vor rund zehn Jahren ein Konzert auf dem Bonner Museumsplatz spielte, widmete sie das letzte Stück ihres Sets überraschenderweise Ludwig van Beethoven. Das war „Gloria“, der Song der Smith in sechs ekstatischen Minuten von der Lower-East-Side-Poetin zur internationalen Punkrock-Ikone katapultierte. Der Song, den sie mit der höhnischen Bemerkung begann, dass Jesus für irgendjemandes Sünden gestorben sein mag, aber nicht für ihre.
Am Dienstag gab die Bonner Beethoven Academy pünktlich zum 250. Geburtstag des Komponisten bekannt, dass Patti Smith die Preisträgerin des 6. Internationalen Beethovenpreises ist. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird der Künstlerin voraussichtlich im Juni nächsten Jahres überreicht, wenn sie ein Gastspiel auf der Insel Grafenwerth in Bad Honnef geben wird. Es ist keine rein künstlerische Auszeichnung, sondern lohnt den Einsatz für „Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion“.
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Auf diesem Gebiet kann Smith etliche Verdienste nachweisen, Aktivismus war von Anfang an Teil ihres künstlerischen Programms. Auch dass die Sängerin erklärter Beethoven-Fan ist (nicht zuletzt war der Bonner der erklärte Lieblingskomponist ihres früh gestorbenen Ehemanns Fred „Sonic“ Smith), hat sicher geholfen.
Das Beethovenpreis-würdigste an Patti Smith mag jedoch die seltsame Wesensverwandtschaft zwischen Klassikgenie und Selfmade-Rockerin sein: Beide vereinen jeweils ein so stürmisches wie bilderstürmerisches Temperament mit großen, humanistischen Visionen von Brüderlichkeit und Solidarität.
Einmal hatte die heute 73-Jährige sogar geplant, Beethovens Oper „Fidelio“ zu verfilmen, wie sie vor ein paar Jahren in einem Interview bekannte: „Ich weiß noch, wie die erste Einstellung aussehen sollte: Ich bin Leonore/Fidelio, mit hüftlangem Haar. Dann nehme ich eine Schere und schneide es ab.“