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Leserbriefe zum Friedensmanifest:„Wunschdenken statt Realitätssinn“

Lesezeit 6 Minuten
Politikerin Sahra Wagenknecht (Die Linke, l) und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer stehen im Rheinauhafen einander gegenüber und sprechen miteinander.

Sahra Wagenknecht (Die Linke, li.) und Alice Schwarzer warnen im „Manifest für Frieden“ vor einer „Rutschbahn Richtung Weltkrieg“.

Das „Manifest für Frieden“ wird von Lesern als naiv und Russland-freundlich kritisiert, spiegelt aber auch die Furcht vor einer militärischen Eskalation.

„Rutschbahn Richtung Weltkrieg“ – Alice Schwarzer, Sahra Wagenknecht und 67 weitere Personen fordern in der Petition „Manifest für Frieden“ das Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine (11.2.)

Ukraine-Krieg: Weiteres Blutvergießen zu vermeiden, hat Priorität

Dank an Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht, die im gemeinsamen „Manifest für Frieden“ vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs warnen und Bundeskanzler Olaf Scholz auffordern, sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen zu setzen. Die beiden Rufer in der Wüste haben allen Mut gefasst und das Wort „Friedensverhandlung“ öffentlich ausgesprochen.

In der Tat, es gehört in dieser Zeit eine Menge Mut dazu, „Frieden“ oder gar „Friedensverhandlung“ zu sagen. Schon wird laut vor „Unterwerfungsverhandlungen“ gewarnt. Vielmehr sollen immer mehr tödliche Waffen geliefert werden. Mit welchem Ziel eigentlich? Ist es die Utopie eines Sieges der Ukraine über Russland? Aufwachen, Augen öffnen: diesen Sieg wird es selbst mit immer schwereren Waffen nicht geben.

Was bleibt? Tausende Tote, völlig zerstörte Städte, verzweifelte Überlebende. Ist es das, was mehr als die Hälfte unserer Mitbürger wünscht, die schon den Gedanken an „keine Waffenlieferungen“ und „Friedensverhandlung“ verteufeln? Verhandeln heißt, Kompromisse zu schließen. Auch wenn jeder Verhandlungspartner Teile seiner Position aufgeben muss, so werden am Ende nur Sieger stehen, die stolz darauf sein dürfen, weiteres Blutvergießen verhindert zu haben. Bernd Tillmann-Gehrken Köln

„Manifest“: Verhandlungen sinnlos, wenn Putin nicht verhandeln will

Es macht schon traurig, wenn Opfer und Täter vertauscht werden: Der Satz im Manifest „Selenskyj macht aus seinem Ziel kein Geheimnis“ klingt, als wäre Selenskyj der Aggressor. Ganz merkwürdig finde ich die Formulierung „um Russland auf ganzer Linie zu besiegen“. Ist es nicht eher umgekehrt? Russland will die Ukraine besiegen und vernichten.

Und haben die Damen Schwarzer und Wagenknecht vergessen, dass die Krim nicht zu Russland gehört, und die Ukraine, nachdem Putin jegliche Gesprächsbereitschaft abgelehnt hat, jetzt – und das zu Recht – sagt, wir erobern unsere Territorien wieder zurück? Der Ukraine bleibt auch gar nichts anderes übrig, wenn sie nicht untergehen will. Sollte Putin siegen, wird er mit den Menschen so umgehen wie mit allen seinen Kritikern. Er wird sie foltern, wegsperren oder ermorden lassen.

Dass Sahra Wagenknecht ihre Russland-Freundlichkeit und das gleichzeitige USA-Bashing nie abgelegt hat, ist hinreichend bekannt; sie tourt ja mit ihrer Meinung seit Jahren durch sämtliche Talkshows. Von Frau Schwarzer allerdings bin ich maßlos enttäuscht: Sie verlangt Verhandlungen mit Putin und weiß genau, dass Putin nicht verhandeln will. Somit schiebt sie die Schuld für die Fortführung des Kriegs ganz geschickt dem Westen, der USA und der Nato zu. Michaele Scholz Köln

„Friedensmanifest“: Naive Aktion

Ich bin der Auffassung, dass die Aktion von Schwarzer und Wagenknecht bestenfalls als naiv zu bezeichnen ist. So wird es keinen Frieden geben, sondern die Begehrlichkeiten des Herrn Putin und der ihn unterstützenden Clique werden nur angefacht. Rudolf E. Gaul Köln

Ukraine-Krieg: „Haben wir Diplomatie verlernt?“

Ich vermisse seit langem Diskussionen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs auf diplomatischem Weg. Stattdessen wird immer nur von mehr und mehr Waffen gesprochen. Haben wir Diplomatie verlernt? Können wir von der Ukraine keine diplomatischen Bemühungen erwarten? Waffen bringen keinen Frieden. Das sollte auch ein ukrainischer Präsident wissen! Stattdessen lehnt er jegliche Bereitschaft zur Diplomatie ab, bei gleichzeitiger Forderung nach immer stärkeren Waffensystemen.

Müssen EU und Nato das bedingungslos hinnehmen und seine Forderungen erfüllen? Können wir nicht auch Bedingungen für diplomatische Verhandlungsversuche stellen? Haben wir nicht gelernt, wie geschickte Propaganda zu immer weiterer Eskalation führen kann? Der Besuch Selenskyjs im EU-Parlament, seine Kriegsrhetorik, die Kritiklosigkeit der Ratsmitglieder und das Beklatschen seiner Person und seiner Reden sind höchst riskant. Nicht die EU ist Kriegspartei, sondern die Ukraine. Ich bin Herrn Scholz für seine Zurückhaltung sehr dankbar. Sylvia Winkler vom Hövel Bergisch Gladbach

„Friedensmanifest“: Wunschdenken statt Realitätssinn

Auch ich bin im Herzen Pazifistin. Auch ich wünsche mir: „Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin“. Auch ich wünsche mir, Milliarden Euro würden nicht in die Rüstungsindustrie, sondern in den Klimaschutz und in humanitäre Hilfe gesteckt. Das aber verhindert Putin mit seinem mörderischen Angriff auf die Ukraine. Wie wäre es, wenn Frau Schwarzer und Frau Wagenknecht sich an die Spitze eines Friedensmarsches Richtung Moskau setzen, anstatt schon wieder nur aus der bequemen Wohlfühlzone zu agieren? Ich würde mich gern einreihen. Birgit Willems Engelskirchen

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, spricht bei einem EU-Gipfel im Europäischen Rat in Brüssel. Selenskyjs ist im Profil zu sehen, vor ihm ein Mikrofon, hinter ihm eine blau ausgeleuchtete Wand.

Beim EU-Gipfel in Brüssel forderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut mehr Tempo bei der Militärhilfe für sein Land.

Ukraine-Krieg: Es geht um Freiheit und Überleben eines Volkes

Würde man die Ukraine nicht mit Waffen unterstützen, wäre das Land wohl bald von russischen Truppen besetzt. Was es für die Bevölkerung bedeutet, wenn Soldaten und Wagner-Söldner ukrainische Städte erobern, bedarf angesichts des bisherigen brutalen Vorgehens gegen die Zivilbevölkerung, gegen Krankenhäuser und Energieeinrichtungen keiner großen Fantasie. Würden wir es wirklich ertragen, hier tatenlos zuzusehen?

Liebe Frau Schwarzer, Sie haben so lange mutig gegen Ungleichbehandlung und Unterdrückung gekämpft – wo ist dieser Mut, wenn es jetzt um die Freiheit und das Überleben eines Volkes geht? Wir sollten der Ukraine überlassen, ob sie sich wehrt, und so lange sie das möchte, sollten wir sie unterstützen. Entspricht es nicht auch Ihren moralischen Vorstellungen, einem Überfallenen, dessen Leben und Existenz bedroht sind, zu helfen? Dr. Karl Maier Köln

„Friedensmanifest“ missachtet das Recht auf Selbstverteidigung

Auch ich bin für Frieden, insbesondere mitten in Europa. Das zitierte Manifest würde ich aber nie unterschreiben. Es wird völlig ausgeblendet, dass der Aggressor Putin die Ukraine völkerrechtswidrig brutal angegriffen hat. Das auch von der Sowjetunion unterzeichnete Abkommen, das die Grenzen der Ukraine garantiert, interessiert die Verfasserinnen nicht. Kein Wort zu den nachgewiesenen Kriegsverbrechen von Teilen der russischen Armee.

Kein Wort zu den Vergewaltigungen ukrainischer Frauen, Verschleppung von Kindern und Zwangsumsiedlungen in Teile der russischen Föderation. Ist den Verfasserinnen die UN-Charta nicht bekannt, in der das Recht auf Selbstverteidigung fixiert ist? Dort ist auch zu lesen, dass Staaten einen angegriffenen Staat in seiner Selbstverteidigung unterstützen dürfen. Dafür reichen aber 5000 Helme nicht aus. Albrecht Aurand Köln

Warum schreiben Schwarzer und Wagenknecht nicht direkt an Putin?

Die Sorgen sind berechtigt, aber warum schreiben die beiden sprachgewandten und einflussreichen Frauen Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer nicht einen Brief an Kreml-Chef Wladimir Putin, in dem sie ihn auffordern, die aggressiven Kampfhandlungen in seinem Nachbarland endlich und sofort einzustellen, weil sie geeignet sind, einen dritten Weltkrieg heraufzubeschwören? Wie weit soll die von ihm initiierte Eskalation der Gewalt denn noch gehen? Über entsprechende Kanäle und Verbindungen werden die beiden engagierten und hochkarätigen Frauen ja mit Sicherheit verfügen.Gerhard Rubensdörffer Leverkusen

Ukraine-Krieg: „Nationalstolz und Heimat sind nicht verhandelbar“

Einen Aggressor wie Putin als Verhandlungspartner vorzuschlagen, ist schlicht unglaublich. Wie kann man einem Volk zumuten, um des Friedens willen seine Nationalität aufzugeben? Nationalstolz und Heimat sind nicht verhandelbar. Anstatt mit allen Mittel und Kräften dem angegriffenen Volk zu helfen, unterstützen sie den Aggressor mit Propaganda. Warum? Aus Profilsucht? Ich bin einfach nur entsetzt.Ingrid Ufer Niederkassel

Friedensengagement nicht behindern

Mein Vorschlag an die intellektuellen Briefautoren, insbesondere an die Damen Schwarzer und Wagenknecht: Fahrt nach Moskau! Redet mit dem Kriegsverbrecher. Beendet die völkerrechtswidrige, barbarische russische Invasion. Rettet nicht nur Mütter und Kinder in der Ukraine. Glück auf! Michael Arntz Köln