Schulen sollen zu Podiumsdiskussionen vor der Wahl auch AfD-Vertreter einladen. Leser diskutieren kontrovers, wie Schulen damit umgehen sollen.
Lesermeinungen„Schulen sollten sich gegen undemokratische Tendenzen der AfD positionieren“

Viele Schulen auch in Köln wollten vor der Bundestagswahl Podiumsdiskussionen anbieten. Sie wurden gezwungen, auch AfD-Vertreter einzuladen (Symbolbild).
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Schulen sollen ein Ort der politischen Meinungsbildung und des Austauschs sei. Im Vorfeld der Bundestagswahl standen auch in Köln einige Podiumsdiskussionen auf dem Programm. Die AfD übte massiv Druck aus, auch ihre Vertreter dorthin entsenden zu können. Unterstützung bekam die Partei, die in Teilen als rechtsextrem eingestuft wird, dabei von der Bezirksregierung als Schulaufsichtsbehörde. Einige Schulen sagten geplante Veranstaltungen daraufhin lieber ganz ab. Wir berichteten hier am 14. Februar und bekamen viele Reaktionen unserer Leserinnen und Leser. Einige Auszüge:
„Es ist gefährlich, die AfD in schulische Podiumsdiskussionen einzuladen“
Laut Artikel „AfD übt Druck auf Kölner Schulen aus“ setzt die Bezirksregierung Köln Schulen unter Druck: Politische Podiumsdiskussionen dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn auch die AfD eingeladen wird. In einer Zeit, in der unsere Demokratie zunehmend gefährdet ist, stellt sich die dringende Frage: Wie ist diese Entscheidung mit dem Lehrauftrag von Schulen zu vereinbaren?
Laut Schulgesetz NRW haben Schulen den Auftrag, Schüler und Schülerinnen zu eigenverantwortlichem Handeln in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen. Wieso also werden Schulen zur Einladung einer vom Verfassungsschutz beobachteten politischen Partei gezwungen, die durch ihre Rhetorik sowie politische Ausrichtung die Grundwerte des demokratischen Rechtsstaates untergräbt? Ist es nicht im Sinne der Gesetzeslage, dass Schulen sich gegen eine Gefährdung unserer Grundwerte stellen dürfen und sollen?
Das Fehlen fundierter Medienkompetenz führt leider dazu, dass sich besonders junge Menschen für Inhalte der sozialen Medien begeistern, ohne Hintergründe und Gefahren zu verstehen, und die AfD erhält verstärkt Zulauf durch Plattformen wie TikTok. Auch Elon Musk, der seine Haltung in der „Welt am Sonntag“ verbreiten durfte und mittlerweile beim AfD-Wahlkampf hilft, feiern viele Heranwachsende mit seinen Tesla-Autos und Raketen als männliches Vorbild. Die extremistischen und demokratiefeindlichen Positionen bleiben unbeleuchtet.
Leider bekommt die AfD deswegen auch bei Schüler-Wahlen bereits viele Stimmen. Auch deswegen ist es gefährlich, die AfD in schulische Podiumsdiskussionen ohne gründliche Vor- und Nachbearbeitung mit simultanem Faktencheck einzuladen und zu suggerieren, dass sie bloß Teil der „politischen Vielfalt“ ist. Natürlich ist es in einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft wichtig, verschiedene Meinungen zuzulassen und kritisch zu hinterfragen. Sollte es in einer Zeit, in der demokratische Prinzipien und Grundrechte zunehmend von verschiedenen politischen Strömungen angegriffen werden, aber nicht gerade die Aufgabe der Schulen sein, sich klar gegen undemokratische Tendenzen zu positionieren? Annika Reuter Alfter
Schulische Neutralitätspflicht ernst nehmen und alle Parteien einladen
Schon während meiner Schulzeit in den sechziger Jahren galt für Schulen der Grundsatz der politischen Neutralität. Schulen sollten junge Menschen zum selbstständigen Denken erziehen und nicht politisch indoktrinieren. In der Bundesrepublik entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über das Verbot einer Partei. Ein Verbotsverfahren gegen die AfD schätze ich zurzeit als ziemlich aussichtslos ein.
Die AfD ist entgegen den Darstellungen im links-grünen Lager genauso eine demokratische Partei wie andere auch. Sie stellt sich in freien, geheimen und gleichen Wahlen und bittet um Zustimmung. Sollten sich die Wahlumfragen als richtig herausstellen, dann wird die AfD als zweitstärkste Kraft in den neuen Deutschen Bundestag einziehen. Die Nichteinladung einer demokratischen Partei zu einem Wahlforum in einer Schule stellt einen schweren Verstoß gegen die politische Neutralitätspflicht einer Schule dar. Hans-Jürgen Beugel Köln
Podiumsdiskussionen in Schulen: AfD-Vertreter sich selbst diskreditieren lassen
Das Vorgehen gegen die AfD ist falsch, aber nicht, weil sie im Recht ist. Indem man ihr die Teilnahme an Podiumsdiskussionen verwehrt, macht man sie zu Märtyrern und ausgegrenzten Opfern. Die AfD soll in den Schulen ruhig auftreten dürfen. Wenn ihre Vertreter nur dummes Zeug erzählen, rumpöbeln, sich selbst diskreditieren, dann vielleicht ausgelacht werden und jeder merkt, dass sie „hohl“ sind, was übrigens auch Schüler schnell feststellen können, verzichten sie von selbst auf weitere Auftritte. Heinz-Jürgen Schulz-Koppe Köln
„Parteien, die in Teilen als gesichert rechtsextrem gelten, sollten in Schulen nicht zu Wort kommen“
Mit Entsetzen habe ich gelesen, mit welch pädagogischer Ignoranz und Inkompetenz sich die Bezirksregierung zum Büttel der AfD macht. Unter dem Deckmantel der Neutralitätspflicht sollen sämtliche Veranstaltungen zur politischen Meinungsbildung, wie Podiumsdiskussionen, nur dann an Schulen stattfinden dürfen, wenn auch eine Beteiligung der AfD möglich sei. Das ist eine pädagogische Bankrotterklärung dieser Bezirksregierung und aller Beteiligten in der Schulaufsicht. Dass einem pädagogisch verantwortlich handelnden Schulleiter deshalb eine Dienstaufsichtsbeschwerde angedroht wird, macht mich sprach- und fassungslos.
Selbstverständlich gehört es zur politischen Willens- und Meinungsbildung dazu, dass keine einseitige politische Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche an unseren Schulen ausgeübt wird. Aus diesem Grund ist es guter Brauch, im Rahmen einer Podiumsdiskussion die verschiedenen politischen Parteien und Gruppierungen zu Wort kommen zu lassen. Allerdings gilt dies nicht für Parteien, die „in Teilen als gesichert rechtsextrem“ gelten und verfassungsfeindliche und menschenverachtende Inhalte und Thesen vertreten und diese an unsere Kinder und Jugendlichen weitergeben.
Jeder Pädagoge und alle Bürgerinnen und Bürger müssten hier einschreiten und sollten ein solches Unterfangen verurteilen. Solange die AfD nicht Personen konsequent ausschließt, die rechtsextreme, verfassungsfeindliche, völkische und menschenverachtende Thesen, wie die Remigration, vertreten, kann diese Partei kein ernstzunehmender Partner in der öffentlichen Diskussion sein. Die AfD hat deshalb kein Recht, an unseren öffentlichen Schulen im pädagogischen Kontext zu Wort zu kommen. Ralf Diessner Köln
Podiumsdiskussionen in Schulen: Statt die AfD auszusperren, ihre rechtsradikale Politik demaskieren
Absagen von Podiumsdiskussionen stärken nur die AfD. Sinnvoller scheint mir, die AfD aus dem Verborgenen zu holen und die demokratische Auseinandersetzung zu suchen. Schüler und Schülerinnen politisch zu aktivieren ist genau der richtige Weg der Schulen, um Menschen frühzeitig demokratiefähig zu machen. Deshalb begrüße ich das Engagement der Schulen, in Podiumsdiskussionen zukünftige Wähler und Wählerinnen und Politiker gegenüberzustellen. Die AfD erreicht im Gegensatz zu den demokratischen Parteien junge Menschen überproportional durch soziale Medien, weil sich die Informationskultur verändert hat.
Anstatt die AfD auszusperren oder wie in den geschilderten Fällen die Podiumsdiskussionen auszusetzen, sollte jede Schule die Chance wahrnehmen, AfD-Politiker vor einem kritischen Publikum zu Wort kommen zu lassen. Die ZDF-Sendung „Klartext“ am letzten Donnerstag hat gezeigt, wie die rechte Politik von Frau Weidel demaskiert werden kann. Und genau hier besteht die Chance für Schulen, rechtsradikale Politik zu demaskieren. Nur so können von der AfD eingefangene junge Menschen wachgerüttelt werden.
Dazu gehören aber in jedem Fall ein vorbereitender Unterricht zu unserer Demokratiegeschichte sowie die Moderation der Diskussion durch eine faktenbasierte und kritische Begleitung vom Lehrpersonal. Ich sehe das als große Chance, um „Face-to-Face“ die Politiker mit ihren Aussagen und den zu erwartenden Auswirkungen zu konfrontieren. In der zitierten ZDF-Sendung ist das gut gelungen. Uwe Neuser Siegburg
Rechtsextremes Gedankengut gehört nicht in Schulen
Wie schauerlich, wie erschreckend ist es zu sehen, wie die menschenverachtende AfD mithilfe demokratischer Regelungen und Grundgedanken die Demokratie bekämpft und auszuhebeln versucht! Sie fordert ein, was als Grundlagen und Regularien für den Umgang demokratischer Parteien gedacht ist, und hat doch nichts anderes im Sinn, als diese Demokratie zu zerstören. Dem müssen wir uns als Wählende stellen und wir müssen darum kämpfen, dass die Instrumente der Demokratie nicht missbraucht und gegen sie gewendet werden können. Rechtsradikales, erst recht rechtsextremes Gedankengut widerspricht dem Grundgesetz und es kann nicht sein, dass Schulen gezwungen werden, Raum zu dessen Verbreitung zu stellen! Frauke Mahr Köln
Räume für Podiumsdiskussionen außerhalb von Schulen nutzen
Unfassbar. Unsere Jugend muss freiheitlich demokratisch gebildet werden, die AfD liefert täglich das Gegenteil ab. Mein Lösungsvorschlag: Falls es der Bezirksregierung auch nach der Wahl nicht möglich ist, sich für die Demokratie geradezumachen: Liebe Presbyterien und Kirchenvorstände unserer christlichen Kirchen, macht es bitte Pfarrer Meurer nach und beschließt in ökumenischer Einheit, wechselweise den Schulen in eurer Umgebung vor den Kommunalwahlen Räume für Podiumsdiskussionen zur Verfügung zu stellen. Astrid Holst Köln