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Kommentar

Kommentar zu Meseberg
Kanzler Olaf Scholz verkennt den Ernst der Lage

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Lesezeit 2 Minuten
Bundeskanzler Olaf Scholz (r.) und EU-Präsidentin Ursula

Bundeskanzler Olaf Scholz (r.) und EU-Präsidentin Ursula von der Leyen vor dem Schloss Meseberg.

Die Zerstrittenheit der Koalition muss in Schloss Meseberg ein Ende finden

Die Botschaft, die die Bundesregierung mit der Koalitionsklausur vermitteln will, ist klar. Optimistisch, fröhlich und vermutlich am besten Arm in Arm sollen die Minister und Ministerinnen am Montag nach 24 gemeinsamen Stunden im Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg wieder nach Berlin zurückkehren.

Die Kabinettsmitglieder haben die Anordnung von Bundeskanzler Olaf Scholz schon mit der Einladung erhalten. „Zeitenwende und Zuversicht“ steht als einer der Tagesordnungspunkte im Programm. Alliterationen sind deutlich eleganter, als auf den Tisch zu hauen und „Ruhe jetzt“ zu schreien. Und diesen Impuls könnte man als Kanzler haben.

Viel Zank in der Regierung

Gerade ist da in der Koalition schließlich mehr Zank als Zuversicht. Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner schreiben sich öffentlich Briefe, in dem sie ihren Kampf ums Geld um einen Wettbewerb über die ironischste Unverschämtheit ersetzen.

Beim Streit um die Planungsbeschleunigung sitzt die FDP quasi schon in den Asphaltiermaschinen für neue Autobahnen, während die Grünen deren Anlasser mit Kaugummi verkleben. Beide werfen sich gegenseitig vor, das Land zu ruinieren – Differenziertheit Fehlanzeige.

Koalition macht die Opposition also gleich

Und das war noch nicht alles: Und die Finanzierung der Kindergrundsicherung ist offen, der SPD-Verteidigungsminister will mehr Geld für die Bundeswehr – aber irgendwo muss noch ein Goldesel gefunden werden, weil die Liberalen Schulden wie Steuererhöhungen ausgeschlossen haben. Der Verkehrsminister der FDP bremst überraschend eine EU-Vereinbarung zum Verbrennermotor aus – die Grünen sind sauer.

Der Agrarminister der Grünen will Fernsehwerbung für Schokoriegel & Co untersagen – das FDP-Triggerwort „Verbot“ tut seine Wirkung. Außenministerin Annalena Baerbock kämpft mit dem Kanzleramt um Macht und Einfluss in der Nationalen Sicherheitsstrategie.

Die Koalition macht die Opposition also gleich mit. Die Lautstärke führt nicht zu Lösungen, sondern dazu, dass sich alle die Ohren zuhalten. Dem Ernst der Lage wird es auf keinen Fall gerecht.

Ukraine-Krieg verunsichert weiter

Der Ukraine-Krieg dauert an. Er verunsichert, er destabilisiert die politische wie die wirtschaftliche Lage und kostet Menschenleben und unfassbare Summen Geld. 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, weitere Milliarden zur Abwendung einer Energiekrise.

Die Sozialpolitik darf auch künftig nicht hinten runterfallen: Das gilt für den Kampf gegen Kinderarmut wie für die Unterbringung von Flüchtlingen, bei der die Kommunen so vehement auf Hilfe drängen. Dem darf eine Regierung nicht mit Selbstbeschäftigung begegnen.

Der innere Friede muss gewahrt bleiben. Die, die den Hass zum Markenzeichen erkoren haben, stehen ja schon bereit. Der Verunsicherung muss Zuversicht entgegengesetzt werden. Aber die darf nicht nur in einer Überschrift stehen. Und sie darf sich nicht aufs Strahlen fürs Meseberger Gruppenfoto beschränken.