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Kommentar

Compact-Urteil
Für Medienverbote gibt es hohe Hürden – das ist erfreulich

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15.08.2024, Berlin: Jürgen Elsässer, «Compact»-Chefredakteur, gibt eine Pressekonferenz zur Aufhebung des Verbots der Zeitschrift ·Compact· durch das Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesverwaltungsgericht hatte das Verbot des rechtsextremen «Compact»-Magazins am Mittwoch im Eilverfahren vorläufig aufgehoben. Damit kann das Blatt unter bestimmten Auflagen vorerst wieder erscheinen. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen. Die Bundesinnenministerin hatte «Compact» am 16. Juli verboten. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Jürgen Elsässer, „Compact“-Chefredakteur, gibt eine Pressekonferenz zur Aufhebung des Verbots der Zeitschrift durch das Bundesverwaltungsgericht. D

Die Richter haben bei ihrer Prüfung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ernst genommen und der Pressefreiheit großes Gewicht zugemessen.

Das rechtsextremistische Magazin „Compact“ kann vorläufig wieder erscheinen. Mit dieser Entscheidung zeigt das Bundesverwaltungsgericht, dass für Medienverbote besonders hohe Hürden gelten, und das ist – bei aller Ablehnung der Inhalte von „Compact“ – erfreulich.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte den Verlag, in dem „Compact“ erscheint, im Juli verboten, weil sich das Magazin gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte. Die Berufung auf das Vereinsgesetz für das Verbot eines Mediums fanden schon damals viele seltsam: Wird hier nicht die Pressefreiheit unterlaufen?, fragten sich nicht zuletzt Bürgerrechtler.

Diese Sorge teilt das Bundesverwaltungsgericht offenbar nicht: Ein Verlag sei eine Organisation und könne daher nach dem Vereinsgesetz verboten werden. Mit dieser Argumentation war zu rechnen, denn das Gericht hat in ähnlichen Fällen auch früher schon so entschieden.

Die Richter haben bei ihrer Prüfung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ernst genommen und der Pressefreiheit großes Gewicht zugemessen. Dreh- und Angelpunkt für die Rechtmäßigkeit des Verbots ist die Frage, ob die teilweise menschenverachtenden Äußerungen in dem Magazin für die Publikation „prägend“ sind. Wenn etwa behauptet wird, die Masseneinwanderung verwandele Deutschland in eine „große Vergewaltigungszone“, verletzt diese Pauschalverhetzung natürlich die Menschenwürde aller Einwanderer. Da Gericht wird aber in der Hauptverhandlung zu prüfen haben, ob solche Formulierungen bei „Compact“ die Regel sind oder die Ausnahme.

Den Leipziger Richtern hat vermutlich zu denken gegeben, dass in der Verbotsverfügung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gegen den „Compact“-Verlag viel aus Äußerungen von Chefredakteur Jürgen Elsäßer auf Veranstaltungen zitiert wurde. So habe Elsäßer gesagt, das Ziel von „Compact“ sei „der Sturz des Regimes“. Das Gericht hält daher zum Beispiel konkrete Versammlungsverbote für ein milderes geeignetes Mittel als ein generelles Verbot des Verlags und damit des Magazins.

Dieses Herangehen – punktuelle Eingriffe statt genereller Verbote – ist zu begrüßen. Und es spricht manches dafür, dass dieser Gedanke auch in der Hauptsache-Entscheidung in einigen Monaten zum Tragen kommen wird. Hier deutet sich eine Schlappe der Innenministerin an, die nicht zum ersten Mal den Schutz von Grundrechten vernachlässigt hat. Allerdings hängt vieles auch von „Compact“ selbst ab. Wenn die Extremisten um Elsäßer nun erst recht hetzen und sich weiter radikalisieren, kann am Ende doch ein Verbot von Verlag und Magazin stehen. Dann haben sie es aber auch nicht anders verdient.

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