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31 Jahre untergetauchtTotgeglaubte Petra P. bricht ihr Schweigen – und spricht erstmals über Motiv

Lesezeit 3 Minuten
Petra P. im Interview mit dem Fernsehmagazin„ Life - Menschen, Momente, Geschichten“.

Petra P. im Interview mit dem Fernsehmagazin„ Life - Menschen, Momente, Geschichten“.

Die Polizei suchte sie jahrzentelang, sogar Aktenzeichen XY berichtete über den Fall Petra P. Nur durch einen Zufall tauchte sie wieder auf.

Mehr als drei Jahrzehnte lang war sie wie vom Erdboden verschluckt. Im Jahr 1984 verschwindet Petra P. in Braunschweig spurlos, jahrelang ermittelt die Polizei in alle Richtungen, auch Aktenzeichen XY berichtet. Dann gesteht sogar ein Mann einen Mord an der Frau. Doch es folgt die überraschende Wende: 31 Jahre später taucht Petra P. in Düsseldorf plötzlich wieder auf der Bildfläche auf – lebendig und frei.

Der Fall Petra P.: Junge Frau verschwindet plötzlich spurlos

Entdeckt wird sie, weil Unbekannte in die Wohnung der Frau, die sich mehr als drei Jahrzehnte „Frau Schneider“ nannte, einbrechen. Die Vermieter melden die Tat, vor Ort treffen die Beamten eine ziemlich konsternierte 55-Jährige an, die kaum Interesse an der Aufklärung des Einbruchs zeigt. Ihr Verhalten macht die Polizisten misstrauisch. Als sie das Einbruchsopfer nach deren Personalien fragen, fliegt der Schwindel auf. Die Ermittler stellen fest, dass sie in all der Zeit nicht etwa Opfer eines Verbrechens geworden war, sondern ihr Verschwinden eigenständig geplant hatte.

International berichten Medien über den überraschend gelösten „Cold Case“, der im eigentlichen Sinne nie einer war. So richtig fassen kann den Fall kaum niemand, die Ermittler am allerwenigsten. Der inzwischen pensionierte Kommissar Holger Kunkel, der im Fall Petra P. ermittelt hatte, erklärte, er „hätte 100.000 Euro darauf gewettet“, dass P. tot sei. „Nach 41 Jahren als Polizist hatte ich so etwas noch nie gehört. Jetzt verstehe ich, wie Terroristen 30 Jahre untertauchen können.“

Petra P. bricht ihr Schweigen und erklärt ihr Leben unter falschem Namen

Knapp neun Jahre ist es inzwischen her, dass Petra P. aufgeflogen ist. Öffentlich über ihr Verschwinden gesprochen hat sie seitdem nicht – bis jetzt. In der RTL-Sendung „Life - Menschen, Momente, Geschichten“ hat die lange als tot gegoltene Frau ein ausführliches Interview gegeben.

„Ich wäre viel lieber Susanne Schneider geblieben“, sagt Petra P. dem Kölner Sender. Unter diesem Namen arbeitete sie in verschiedenen Nebenjobs und zahlte ihre Miete immer bar. Weder ein Auto noch Urlaube ließen sie auffällig erscheinen. Dass die Polizei jahrelang intensiv nach ihr suchte, will sie nicht mitbekommen haben.

Sie habe einfach unbemerkt aus ihrem bisherigen Leben verschwinden wollen. Dazu hob sie 3000 Mark von ihrem Konto ab und packte nur wenige Sachen ein. „Ich habe meinem Zimmernachbarn damals die Schlüssel gegeben. Ich wollte die nicht mitnehmen. Ich wollte keine Probleme machen, wenn die Schlüssel fehlen“, erzählt sie. „Für mich ist das alles keine Sensation.“

Petra P. erklärt Motiv hinter Petras mysteriösem Verschwinden

Petra P. spricht auch über ihr Motiv und beantwortet die wohl entscheidende Frage: Warum tauchte sie unter? „Ich weiß es nicht, ich denke, dass ich schizophren geworden bin“, sagt eine emotionale Petra P. bei RTL. „Ich bin in meinen ersten fünf Lebensjahren extrem sexuell missbraucht worden.“ Den traumatischen Missbrauch habe sie lange „massiv verdrängt“ und nie richtig aufgearbeitet. Deswegen habe sie ihr altes Leben hinter sich lassen und „endlich Susanne“ sein wollen.

Die Enttarnung sei demnach auch eine Befreiung gewesen, sagt Petra P., die sich inzwischen den eigenen Angaben nach in psychologischer Behandlung befindet. Neben der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit ermöglicht ihr die Enttarnung auch, Dinge zu erledigen, die ihr früher zu risikoreich erschienen.

„Ich freue mich über meine Zähne und dass ich zum Arzt gehen kann, wenn ich krank bin“, sagt die Frau, die drei Jahrzehntelang keinen Arzt aufgesucht hatte, nicht in den Urlaub gefahren war und nur Schwarzarbeit verrichten konnte. Nochmal über ihren Fall wolle sie in Zukunft nicht sprechen, kündigt Petra P. an. (pst)