Berlin – Am Donnerstag stimmt der Bundestag über die Corona-Impfpflicht in Deutschland ab. Nach einem langen Prozess und dem Scheitern der Impfpflicht ab 18 Jahren haben sich Abgeordnete von FDP, Grünen und SPD auf einen Kompromissvorschlag geeinigt, über den im Parlament am Donnerstagmorgen abgestimmt werden soll. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Corona-Impfpflicht im Überblick:
Was bedeutet die Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren?
Grundsätzlich wären bei einem positiven Ergebnis alle deutschen Bürgerinnen und Bürger ab dem Alter von 60 Jahren dazu verpflichtet, dauerhaft ihren Impfnachweis mit sich zu führen. Das kann in Form des gelben Impfpasses oder über einen digitalen Nachweis auf dem Smartphone geschehen.
Zunächst sollen dabei alle noch ungeimpften Menschen aus der entsprechenden Altersgruppe ein Beratungsangebot bekommen. Damit könnte sofort gestartet werden, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese, der den Kompromiss-Entwurf mit aushandelte. „Ab Oktober muss dann die Impfpflicht erfüllt sein“, so Wiese weiter.
Gleichzeitig sieht der Entwurf eine Möglichkeit vor, die Impfpflicht im Juni auszusetzen, sollte die Impfrate bis dahin „ausreichend gesteigert“ sein.
Welche Strafen drohen bei einem fehlenden Nachweis der Corona-Impfung?
Konkret sind die Ausarbeitungen in dieser Hinsicht noch nicht, bei einem fehlenden Nachweis im Rahmen einer Kontrolle durch Polizei oder Ordnungsamt müssen Betroffene aber mit Verwarnungs- und sogar Bußgeldern rechnen. Über die Höhe soll zeitnah entschieden werden, es dürfte aber einen Unterschied zwischen einer grundsätzlich fehlenden Impfung oder einem vor Ort fehlenden Nachweis geben.
Wer steckt hinter dem Gesetzesentwurf?
Die Gruppe um den SPD-Abgeordneten Wiese und den Grünen-Politiker Joscha Dahmen, die zunächst eine Impfpflicht ab 18 Jahren gefordert hatte, hatte sich mit der um den FDP-Politiker Andrew Ullmann zusammengeschlossen. Ullmanns Gruppe hatte eine Impfpflicht ab 50 Jahren mit einem zwingenden Beratungsangebot für alle Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren gefordert. Der nun vorliegende Vorschlag ist ein Kompromiss, den offiziell 282 Parlamentarier offen unterstützen.
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„Uns eint das Ziel einer guten Vorsorge durch eine möglichst hohe Grundimmunität aller Erwachsenen für den Herbst, denn so können wir eine Überforderung des Gesundheitssystems verhindern“, erklärte Wiese.
Kann der Gesetzesentwurf in den kommenden Monaten nochmal verändert werden?
Zunächst einmal wird im Bundestag über die Impfpflicht ab 60 Jahren abgestimmt, die Verantwortlichen hinter dem Gesetzesentwurf lassen sich aber eine Hintertür offen: „Im Herbst soll der Bundestag vor dem Hintergrund der dann vorherrschenden Erkenntnisse und potenzieller Virusvarianten entscheiden, ob zusätzlich die Aktivierung einer Impfnachweispflicht für Altersgruppen ab 18 Jahren greifen soll.“
Diese Formulierung lässt dem Gesetzgeber reichlich Spielraum. So könnte, je nach Lage der Corona-Pandemie, im Herbst eine tiefgreifende Impfpflicht ab 18 Jahren eingeführt werden, allerdings ist es auch denkbar, dass angesichts der Formulierung „Altersgruppen“ auch eine andere Grenze, beispielsweise 40 Jahre gewählt wird.
In jedem Fall bräuchte es zu diesem Zeitpunkt aber erneut eine einfache Mehrheit im deutschen Bundestag, um eine Senkung eines Alters für die Impfpflicht durchzusetzen.
Wie wahrscheinlich ist eine Corona-Impfpflicht ab 60 Jahren?
Die Situation ist schwer einzuschätzen, da der Entwurf nicht aus den Reihen der Bundesregierung, sondern aus der der Abgeordneten kommt. Es ist also nicht zu erwarten, dass alle 416 Abgeordneten der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP für den Entwurf stimmen werden. Damit das Gesetz umgesetzt werden kann, bräuchte es mindestens 369 Stimmen
Vor allem aus der FDP gab es immer wieder Stimmen, die sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen haben, daher hoffen die Verantwortlichen hinter dem Gesetzesentwurf auch auf Unterstützung aus der CDU/CSU. Ob Abgeordnete der Union für den Vorschlag stimmen werden, ist nicht klar vorherzusagen. Zuletzt hatten sich die Unionspolitiker aber skeptisch gegenüber des Antrags geäußert.
Sollte die Abstimmung am Donnerstag scheitern, wäre wohl auch eine Corona-Impfpflicht in Deutschland gescheitert.