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Große AnalyseWie sich der Klimawandel auf Köln und NRW auswirkt

Lesezeit 7 Minuten
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Auch in Köln ist der Klimawandel spürbar: Der Rhein mit Niedrigwasser

  1. Die Wissenschaftlicher sind sich einig: Wir Menschen jagen immer mehr Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre und verstärken somit den Treibhauseffekt.
  2. Fünf wesentliche Kategorien sind laut den Experten entscheidend: Strom, Transport, Wohnen, Ernährung und Konsum.
  3. Wo ist der Wandel sichtbar in Köln und NRW? Und was können wir dagegen tun? Die große Analyse zum Klimawandel.

Köln – Es wird heiß. Die Sonne wird brennen, Plätze und Straßen erhitzen. Regen wird kaum Erleichterung bringen, sondern vielmehr plötzlich so stark auf uns niederprasseln, dass unsere Keller volllaufen und unsere Kanalisation überfordert ist. So viel steht fest. Der Klimawandel hat uns in den drei vergangenen Sommern in Deutschland gezeigt, was das neue „normal“ sein wird: lange Hitzeperioden, warme Nächte, kaum Abkühlung – und zwar nicht in entfernten Ländern, sondern auch bei uns in NRW.

Wir Menschen jagen immer mehr Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre und verstärken somit den Treibhauseffekt – wodurch sich unser Klima stetig erwärmt. Da sind sich Wissenschaftler einig. Aber wie zeigt sich der Klimawandel ganz konkret in NRW? Und auf welche Realität müssen wir uns gefasst machen?

2018, 2014, 2019: Das waren die bislang wärmsten Jahre in Deutschland seit dem Jahr 1881. Gefühlt haben wir das vor allem in den Sommermonaten: Die drei heißesten Sommer erlebte NRW 2003, 2018 und 2019. Selbst 2020 hatten wir einen Hitzesommer, wie Nikolaus Froitzheim sagt. Er ist Geologe an der Universität Bonn: „Viele Leute haben diesen Sommer als kühl empfunden, aber das ist eine Täuschung. Wir hatten zwar kaum Hitzespitzen wie 2018 und 2019, aber der Juni, Juli und August waren durchschnittlich 1,7 Grad wärmer als im Durchschnitt.“

Auch mit Klimaschutz wird es wärmer

Je nachdem wie viele Emissionen wir in Zukunft produzieren, wird sich die Temperatur weiter erhöhen. Susanne Pfeifer beschäftigt sich am Climate Service Center Germany des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG/GERICS) mit den Trends für NRW. Sie weiß, welche Szenarien welche Änderungen mit sich bringen können. „Die Projektionen sagen für die Zukunft ein weiteres Ansteigen der Temperatur voraus“, sagt Pfeifer.

Je stärker die Klimaschutz-Anstrengungen, desto geringer der Temperaturanstieg – im besten Fall steigt ihren Berechnungen zufolge die Temperatur in NRW bis Ende des Jahrhunderts um 1,1 Grad, im schlimmsten Fall um bis zu 3,4º C – alles im Vergleich zu den mittleren Temperaturen in den Jahren 1971 bis 2000. Auch die Hitzetage werden laut ihrer Prognose zunehmen: Im schlimmsten Fall um im Schnitt acht Tage, im besten Fall um im Schnitt zwei Tage zum Ende des Jahrhunderts.

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Mit der Hitze kommt die Trockenheit. In Deutschland ist bisher vor allem der Osten von extremer Dürre betroffen gewesen, „aber auch das südliche NRW“, wie Froitzheim sagt. „Viele Felder werden gar nicht mehr abgeerntet, weil alles vertrocknet ist. Es hat einfach nicht genug Wasser gegeben.“ Das spürt auch der Wald. Die kahlen Stellen, an denen tote Bäume gerodet wurden oder die braunen Flecken, an denen vor allem Fichten noch auf ihre Abholung warten, sind nicht zu übersehen. „Die Trockenheit setzt aber allen Baumarten zu“, betont Froitzheim.

Weniger Regenspeicher und konzentrierter Regen

Unterm Strich hat sich der Niederschlag in NRW in den vergangenen Jahren gar nicht so stark verändert. Das Problem: „Die Niederschläge sind nicht mehr so verteilt wie früher, sondern konzentrieren sich als Starkregen-Ereignisse“, erklärt der Geologe. Die Folge: Der Boden kann nicht so viel Wasser auf einmal aufnehmen – es gelangt zu wenig Regen ins Grundwasser.

Und das wird auch in Zukunft so sein. Susanne Pfeifer prognostiziert „stärkere und häufigere Starkniederschläge“. Zudem ist es möglich, dass sich die Niederschläge im Jahresgang verschieben. „Das heißt, es gibt eine Tendenz zu trockeneren Sommern, aber auch zu deutlich nasseren Wintern.“ Und auch dafür sei der Klimawandel verantwortlich. „Die Landwirtschaft stellt das vor neue Herausforderungen“, so Pfeifer.

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Trockene Felder sind global gesehen nicht das einzige Problem. Verheerend seien die Auswirkungen auf die Arktis, sagt Geologe Froitzheim. „In Sibirien hat es auch in diesem Jahr eine lange Hitzewelle gegeben. Infolgedessen taut der Permafrost-Boden auf.“ Der ist eigentlich das ganze Jahr über gefroren.

In ihm eingeschlossen sind neben Tieren, wie beispielsweise Mammuts aus der vergangenen Eiszeit, vor allem Pflanzenreste. Sie haben CO2 gebunden – etwa doppelt so viel wie es in der Atmosphäre gibt. Wenn der Permafrost auftaut, versinken nicht nur die auf ihm gebauten Straßen. Der Boden entlässt auch Kohlendioxid, das unser Klima weiter aufheizt – und dadurch weiteren Permafrost auftaut.

Auch die Sommer-Brände in der Arktis sind laut Froitzheim ein Zeichen des Klimawandels: „Nördlich des nördlichen Polarkreises wurden durch die Brände in diesem Sommer rund 250 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt – das entspricht einem Drittel des CO2-Verbrauchs in Deutschland in einem Jahr.“ Die trockene Vegetation in der Tundra ist Zunder für die Flammen, der Torf im Boden fängt dann ebenfalls Feuer. Auch die Brände in Australien und in Kalifornien sind Zeugnisse des Klimawandels oder wie es Froitzheim ausdrückt: „Das sind Rückkopplungen. Emissionen, die wir Menschen nicht direkt tätigen, aber durch unsere Handlungen angestoßen haben. Irgendwann haben wir keine Kontrolle mehr.“

Keine Reflexion mehr

Nicht zu übersehen ist das an den Polkappen. Das Meereis schmilzt. Das führt laut Froitzheim zu einem „geringeren Reflexionsvermögen der Erde“. Helle Flächen wie Eis und Schnee reflektieren das Sonnenlicht besser als dunkle Flächen wie das Meer. Der Planet heizt sich weiter auf. Da in unserem Ökosystem alles mit allem zusammenhängt, verändert das wärmere Klima auch die Luftströmung: Meteorologen sagen: Den Jetstream.

Grafik Jahresmittelwerte Klima NRW

Die Jahresmittelwerte der Temperatur in NRW

Das Starkwindband entsteht durch das Temperaturgefälle zwischen kalten Polkappen und heißem Äquator. Experten vermuten, dass der Antrieb des Jetstreams durch den Klimawandel schwächer wird – an den Polen steigen die Temperaturen nämlich stärker als am Äquator. Der Jetstream macht deshalb große Bögen nach Norden und Süden, anstatt wie bisher von West nach Ost zu wehen. Das hat für uns zur Folge, dass Großwetterlagen – wie Hitzewellen - länger an einem Ort verweilen.

Null Emissionen bis 2050

Weltweit ist die Durchschnittstemperatur bereits um rund ein Grad Celsius gestiegen – im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900. So heißt es im Bericht des Weltklimarats. Rund die Hälfte des Anstiegs erfolgte in den vergangenen 30 Jahren. Wissenschaftler fordern, die Erderhitzung auf maximal 1,5º C zu begrenzen. In den kommenden 20 Jahren, so heißt es im Bericht des Weltklimarats, müssen dafür die Nettoemissionen von CO2 auf Null gesenkt werden.

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: Wir können etwas ändern. Wir wissen auch wie. „Wir müssen die Treibhausgase reduzieren“, sagt Niklas Höhne vom NewClimate Institute. Das Forschungsinstitut mit Sitz in Köln entwickelt politische Ansätze, wie der Klimawandel gestoppt werden kann. „Wir müssen bis 2050 die Treibhausgas-Emissionen auf Null senken.“ Wie das gehen kann, haben wir uns für verschiedene Bereiche angesehen.

Die fünf wichtigsten Kategorien zum Klimawandel

Strom: „Grundsätzlich müssen wir aus Kohle, Öl und Gas aussteigen“, so der Klimaschutz-Forscher. „Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist eines der wichtigsten Dinge, die wir machen können.“ Vor allem in Städten könnten Dachflächen mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. „Wenn wir weg wollen von Diesel und Benzin, brauchen wir die E-Mobilität – und dafür grünen Strom, auch in der Industrie“, so Höhne.

Transport: Mehr E-Busse, mehr Fahrräder, weniger Autos auf den Straßen – „das ist gut fürs Klima, aber auch für die Städte an sich“, sagt Höhne. Der Einzelhandel stelle sich zunächst oft gegen autofreie Innenstädte. Beobachtungen, wie etwa in Stockholm, zeigten aber, dass autofreie Konzepte aufgehen: „Der Lieferverkehr kommt besser durch, die Kunden sind entspannter.“ Wer doch auf ein Auto zurückgreifen muss, sollte sich auf E-Mobilität einstellen. Deren Bilanz sei besser als bei Verbrennern. Höhne ist hoffnungsvoll, dass für die bestehenden Emissionen noch Alternativen gefunden werden. Eine gute Idee sei auch Wasserstoff, gewonnen aus „überschüssigem Ökostrom“.

Wohnen: Rund ein Viertel der CO2-Emissionen in Deutschland gehen auf das Konto unserer Heizungen und unseres Stromverbrauchs, so der Höhne. Die Lösung: „Dämmen, gute Fenster, effizientere Heizsysteme. Eigentlich müsste jedes neue Haus ab 2021 ein Null-Emissionshaus sein.“

Ernährung: „Ein Drittel der weltweiten Treibhausgase entsteht bei der Lebensmittelproduktion – da liegt enormes Einsparpotenzial“, sagt Höhne. Die Regel lautet: regionaler, saisonaler und weniger Fleisch, „dann ist viel gewonnen“.

Konsum: „Persönliche Emissionen hängen stark vom persönlichen Konsum ab. Sie machen etwa 40 Prozent des persönlichen CO2-Fußabdrucks aus“, sagt Niklas Höhne. Das bedeutet wiederum: Weniger Konsum, weniger Emissionen. Höhnes Tipps: „Langlebige Produkte kaufen, öfter reparieren als neu kaufen, ausleihen und teilen anstatt besitzen.“