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„Nicht alle Helden tragen Umhänge“Internet feiert Regenbogen-Flitzer – nur vereinzelter Spott

Lesezeit 5 Minuten
Ein Italiener rannte am Montag mit „Pace“-Regenbogenflagge auf das Feld während des Portugal-Uruguay-Spiels. Er trägt ein Superman-T-Shirt, auf dem vorne „Safe Ukraine“ und hinten „Respect for Iranien Woman“ steht.

Ein Italiener rannte am Montag mit „Pace“-Regenbogenflagge auf das Feld während des Portugal-Uruguay-Spiels.

Mario Ferri hat das WM-Spiel Portugal gegen Uruguay mit einer „Pace“-Regenbogenflagge gestürmt. Damit setzte er gleich mehrere Zeichen. Das Internet feiert ihn großteils.

Die WM in Katar wird immer wieder für politische Zeichen genutzt. Beim Spiel Portugal gegen Uruguay am Montagabend, 28. November, hat nun ein Flitzer die Welt-Bühne erobert - auch wenn er größtenteils nicht in den TV-Bildern zu sehen war. Der Mann stürmte in der 52 Minute das Spielfeld.

Er trug ein Superman-T-Shirt mit den Aufschriften „Safe Ukraine“ vorne und „Respect for Iranien Woman“ hinten. Mit sich trug er eine „Pace“-Regenbogenflagge, ein Anti-Kriegs-Symbol, das in den 60er-Jahren in Italien entstanden ist. Viele sehen die Flagge auch als LGBTQ+-Symbol.

Regenbogen-Flitzer Marco Ferri setzt dreifaches Zeichen bei WM-Spiel

Der Flitzer wurde nach 30 Sekunden auf dem Spielfeld von Ordnern gestoppt und vom Spielfeld geführt. Er wurde mittlerweile als Mario Ferri identifiziert. Der Italiener hat selbst bei Clubs in seiner Heimat, in Indien und Jordanien höherklassig Fußball gespielt hat. Demnach ist er bereits mehrfach bei internationalen Wettbewerben wie den Weltmeisterschaften 2010 und 2014, in der Champions League und der italienischen Serie A als Flitzer in Erscheinung getreten.

Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt.
Rúben Neves

Für sein dreifaches politisches Statement wird er nun in den sozialen Medien großteils gefeiert. Er wird von vielen Held genannt. Der Spruch „Not all heroes wear capes“ („Nicht alle Helden tragen Umhänge“), fällt immer wieder. Jetzt erzählt er, dass er nervös war. Er filmte Cristiano Ronaldo beim Gang in die Kabine und stellte das Video online. Wenige Minuten später rannte Ferri mit der Flagge in der Hand aufs Feld, wurde in Gewahrsam genommen - und war im Handumdrehen weltberühmt.

Einige ärgern sich auch über den Italiener und wieder andere machen sich Sorgen. So auch der portugiesische Mittelfeldspieler Rúben Neves: „Ich hoffe, dass dem Jungen nichts passiert“, sagt der 25-Jährige bei einem Interview in der Mixed Zone im Lusail-Stadion. „Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt.“

Flitzer während Portugal-Uruguay-Spiel: Internet feiert die Aktion

Die Botschaft ist deutlich: Für die Ukraine, Frauenrechte im Iran, Frieden und Menschenrechte. „Superman getting in as many messages as possible" („Superman sendet so viele Nachrichten wie möglich“), schreibt ein Twitter-Nutzer, der regelmäßig über die Geschehnisse der WM 2022 twittert. Damit stellt sich der Flitzer sich gegen vieles, das seit am WM-Gastgeberland Katar kritisiert wird. „He got balls I give him that“ („er hat Eier, das muss ich ihm lassen“), schreibt deshalb wohl ein weiterer Twitter-Nutzer am Dienstagabend.

„Endlich mal was Positives über die WM. Ganz viel Liebe und Respekt für diesen Flitzer“, twittert ein weiterer Nutzer. Ein anderer meint, es wäre zu blöd, dass man dem Mann kein Bier kaufen könne. „Regenbogenfahne, ‚Save Ukraine‘, Superman-Kostüm - wenn die FIFA wirklich den Friedensnobelpreis haben möchte, sollte sie diesen Flitzer nicht bestrafen, sondern sich von ihm beraten lassen“, schreibt Deutschlandfunk-Journalist Maximilian Rieger.

„Todeswunsch“: Rúben Neves und Internet machen sich um Italiener Sorgen

Einige Twitter- und Intagram-User machen sich deshalb auch Sorgen um den Flitzer: „I hope he’s ok.“ („Ich hoffe, er ist okay“), twittert eine Person. „Rest in Peace“ („Ruhe in Frieden“), schreiben einige Menschen unter Nachrichten-Posts, teilweise mit Lachsmileys dazu. „This guy have a real death wish“ („Dieser Typ hat einen echten Todeswunsch“), schreibt ein Nutzer in die Instagram-Caption von einem Bild des Flitzers.

Twitter-Nutzer erwarten rechtliche Konsequenzen für Regenbogen-Flitzer

Einige Personen regen sich wiederum auch auf Social Media über die Aktion auf. Unnötig und respektlos sei sie. „Kein Respekt gegenüber Gastgeber, was für ein Benehmen“, twittert ein Nutzer. Einige kommentieren Übergebungs- oder Clown-Emojis unter Posts. Ein Twitter-Nutzer schreibt: „Bruder glaubt, dass eine schriftliche Botschaft die Probleme der Welt lösen kann.“ Er vergleicht es mit Mädchen, die ihr Profilbild Schwarz einstellen und ergänzt: „Jetzt wird er rechtliche Probleme für nichts haben.“

Am Dienstag, 29. November, folgt dann die Entwarnung: Nach kurzem Arrest wurde Ferri auf freien Fuß gesetzt und muss nach Angaben des italienischen Außenministeriums auch keine Konsequenzen fürchten. Kurz danach meldet er sich auf Instagram: „I'm Back“ („Ich bin zurück“), schreibt er und verkündet auf italienisch, dass es sein letzter Lauf aufs Spielfeld gewesen sein. Der Italiener ist als "Der Falke bekannt", weil er bereits mehrfach auf Spielfelder flitzte. Auch bei der WM 2014 in Brasilien rannte er während der Achtelfinalpartie zwischen Belgien und den USA auf den Rasen, auf seinem Superman-Shirt stand „Rettet die Kinder der Favelas“.

Die Regeln zu brechen, wenn es für einen guten Zweck getan wird, ist NIEMALS EIN VERBRECHEN
Marco Ferri, Regenbogen-Flitzer

„Ich wollte WICHTIGE Botschaften für mich aussenden“, schreibt er weiter unter seinem Post und begründet alle drei Zeichen, die er setzen wollte. Zuletzt bedankt er sich, bei allen für die Liebe, die ihm zugesendet wurde und betont: „Die Regeln zu brechen, wenn es für einen guten Zweck getan wird, ist NIEMALS EIN VERBRECHEN“

Der italienische Flitzer folgt mit seiner Aktion einer Reihe an Zeichen, die während der WM in Katar gesetzt wurden. Immer wieder sind Fans mit Regenbogen zu sehen. Die iranische Mannschaft schwieg während der Nationalhymne, um gegen ihr Regime zu protestieren. Die DFB-Elf hielt sich vor dem ersten Spiel den Mund beim Gruppenfoto zu, um ein Zeichen gegen das "One Love"-Armbinden-Verbot der FIFA zu setzen.

LGBTQ+ ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer. Jeder Buchstabe steht für die eigene Geschlechtsidentität oder die sexuelle Orientierung, das Pluszeichen schließt alle nicht genannten Labels. (mit dpa,sid)